Nick Stone - 06 - Feind ohne Namen
mehr Nutten unterwegs zu sein, aber ansonsten waren die Personen der Handlung weitgehend unverändert. Die Kamera war nun quer über die Straße auf die Polizeistation gerichtet.
Vielleicht brauchten ihre verspiegelten Scheiben nachts mehr Schutz als einfache Bürger.
An dem Übergang, der uns zum Schiffsbug brachte,
zog Suzy eine Kollektion von Ward-Schlüsseln aus der Hüfttasche ihrer Jeans. Wir fielen hier nicht weiter auf: Dies war ein Stadtviertel mit billigen Hotels, in dem Tag und Nacht Rucksacktouristen und Londonbesucher mit wenig Geld zu sehen waren. Wir überquerten die Straße Arm in Arm und hielten auf Jim’s Burger Shop zu.
Ich sah sie an und lächelte. »Kann’s losgehen?«
Suzy erwiderte mein Lächeln. »Klar doch!« Sie sah an mir vorbei zur Überwachungskamera vor dem Bahnhof.
»Sie ist weiter auf die andere Straßenseite gerichtet.«
Auf der Gray’s Inn Road gingen wir nach links. Als wir das Ziel erreichten, stellte ich meine Tasche ab, postierte mich mit dem Rücken zur Tür und breitete die Arme aus. Sie lächelte, und ihre Tasche gesellte sich zu meiner, als sie in meine Umarmung glitt. »Etwas weiter nach links.« Ich bewegte mich entsprechend und spürte das Vorhängeschloss unter dem linken Schulterblatt, als ich meine Hände durch ihr nasses Haar gleiten ließ und sie bewundernd anstarrte, während sie hinter meinem Rücken nach dem Schlüssel auf dem Türrahmen tastete und die richtige Position suchte, um das Schloss öffnen zu können. »So ist’s gut, genau so, rühr dich nicht mehr von der Stelle.«
Wummernder Bassbeat kam die Straße herauf, als
zwei von der Power aus ihren Lautsprechern pulsierende Autos heranröhrten. Sie ließen ihre Motoren aufheulen und fuhren keine zwanzig Meter von uns entfernt bei Rot über die Ampel am Schiffsbug. Suzy hielt jetzt den Schlüssel, den sie vom Türrahmen geholt hatte, in der Hand. Wenig später hörte ich das Vorhängeschloss
aufschnappen und spürte ihren Atem an meiner linken Halsseite. »Langsam.«
Suzys Kopf bewegte sich etwas näher an meinen
heran, während ich die Fenster über den Läden auf der anderen Straßenseite absuchte. »Die Tür gibt nach.« Sie drehte den Kopf etwas zur Seite, um nach der
Überwachungskamera vor dem Bahnhof zu sehen. Ich
nickte lächelnd.
Ich nahm die rechte Hand von ihrem Rücken und
steckte sie zwischen uns. Falls jemand vorbeikam, würde er glauben, ich wollte Suzy befummeln. Sie zog den Bauch ein, damit ich unter mein Sweatshirt greifen konnte.
»Warte, warte.« Vom Schiffsheck her näherten sich uns auf unserer Straßenseite zwei Gestalten.
Meine Hand blieb zwischen uns, umfasste jetzt den Pistolengriff. Die Näherkommenden waren nur zwei
Jugendliche, anscheinend von auswärts. Sie sahen, wo meine Hand war, und dachten offenbar, ich hätte heute Nacht Glück. Sie bedachten mich im Vorbeigehen mit breitem Grinsen und einem »Weiter so, Alter!«, bevor Suzy mich wieder nachdrücklich küsste. Diesmal
schmeckte ihr Nikotinkaugummi ein wenig besser. Ich drückte sie mit dem linken Arm etwas fester an mich.
Vielleicht war dies das letzte Mal in meinem Leben, dass ich eine Frau küssen konnte.
Die beiden verschwanden in Richtung Bahnhof, und
ich sah mich noch mal um, während ich mit der linken Hand die Tür in Position zu halten begann. »Fertig?«
Suzy spuckte ihren Kaugummi aus, dann nickte sie, und ich hielt die Browning fester umklammert. Ich holte tief Luft. »Okay, Achtung, fertig, los!«
Sie wich einen halben Schritt zurück, damit ich mehr Platz hatte; ich zog die Pistole und schob den Hammer mit dem Daumen zurück.
Zwischen Tür und Rahmen gähnte jetzt ein ungefähr dreißig Zentimeter breiter Spalt. Ich hielt die Pistole weiter an mich gepresst, als ich mich seitlich bewegte, die Tür etwas weiter aufdrückte und in einen schmalen Korridor hindurchschlüpfte. Drinnen war es stockfinster.
Sobald ich über die Schwelle war und auf hartem Beton stand, brachte ich die Waffe in Anschlag, beugte mich dabei nach vorn, um ein kleineres Ziel zu bieten, und nahm mit dem rechten Zeigefinger den ersten
Druckpunkt.
Ein schmaler Streifen Straßenlicht wies mir den Weg zu einer mit Linoleum belegten Treppe, die nur ungefähr fünf Meter entfernt war. Ich trat einen Schritt von der Tür weg, um Suzy hereinzulassen, hatte die Browning weiter schussbereit und hielt ihren Griff mit beiden Händen umklammert.
Ich zielte mit der Pistole die Treppe hinauf, während ich die Füße
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