Nick Stone 06 - Feind ohne Namen
hier
zu sein.«
Ich betätigte den elektrischen Türöffner, als Suzy aus dem Schlafzimmer kam, die Tür hinter sich schloss und dann rasch Küche und Wohnzimmer kontrollierte, damit nicht zufällig eine MP5 auf dem Teetablett liegen geblieben war.
Ich setzte den Wasserkessel auf, dann öffnete ich die Wohnungstür. Ein Blick ins Treppenhaus zeigte mir einen ordentlich gescheitelten blonden Haarschopf, der die Treppe heraufstieg. Als er näher kam, sah ich, dass sein Besitzer Anfang dreißig, groß und hager und sehr gepflegt war. Das war eigentlich nur logisch: Hatte man den ganzen Tag von fleischfressenden Käfern und ähnlichem Scheiß umgeben gearbeitet, hatte man anschließend bestimmt das Bedürfnis, sich gründlich zu schrubben.
Als er den obersten Treppenabsatz erreichte, trat ich von der Tür zurück, um ihn einzulassen. Simon war ein Zweimetermann: Ich hatte seinen Hals vor Augen. Er hielt eine zerschlissene Umhängetasche aus Segeltuch umklammert, die noch aus seiner Studienzeit stammen musste. Er hätte Captain des Baseballteams seiner Universität sein können, war dazu aber bestimmt zu höflich gewesen.
»Hallo, Kumpel.«
Er zögerte vor der Tür, hielt die Hand halb ausgestreckt, wusste nicht recht, was er tun sollte. Wir schüttelten uns die Hand, lächelten einander zu. Er war frisch rasiert und hatte auf den Wangen kreisrunde rote Flecken, die man sonst nur bei Zirkusclowns sieht. Das mochte vom Treppensteigen kommen, aber vielleicht war er auch nur aufgeregt. Er kam mir sofort wie einer dieser Leute vor, die von Natur aus zu jedermann nett und freundlich sind.
Ich deutete nach rechts, und er folgte mir ins Wohnzimmer. Dort bot ich ihm das Sofa an. »Ich bin gerade dabei, Tee zu machen - wollen Sie auch einen?«
Suzy kam herein und streckte ihm mit einem freundlichen »Hallo!« die Rechte hin. Er saß schon halb, war aber immer noch so groß wie sie, als ihre Hand in seiner verschwand. »Keinen für mich, danke. Ich bleibe nicht lange; unten wartet ein Wagen auf mich. Um halb fünf soll ich den nächsten Vortrag halten.«
Sie lächelte weiter, während sie kurz zu mir hinübersah. Um halb fünf würde er keinen weiteren Vortrag halten, sondern in Isolierhaft wandern, bis dieses Unternehmen beendet war. »Sie wollen nichts von seinem Tee? Kluge Entscheidung - ich wette, das meiste Zeug in Ihrem Labor schmeckt besser.«
Ein verdammt schwacher Witz, aber er lachte trotzdem und schien noch immer nicht recht zu wissen, ob er wieder aufstehen oder sich hinsetzen sollte. Suzy machte ihm ein Zeichen, er solle sich endlich setzen. »Simon, nicht wahr?«
»Ja, Simon, Simon Ma-«
Sie hob die Hand. »Simon tut’s völlig. Nun, Simon, was haben Sie heute für uns?«
19
»Darf ich?« Seine Tasche schwebte über dem Couchtisch, während er auf Erlaubnis wartete.
»Natürlich.« Suzy tat ihr Bestes, damit er sich wohl fühlte, aber seine Haltung - der Hintern im Sofa versunken und die Knie fast unter dem Kinn - wirkte alles andere als bequem.
Er legte die Tasche ab und zog seinen Mantel aus, unter dem eine kastanienbraune Wolljacke über einem braun karierten Hemd zum Vorschein kam. Er wirkte weiter nervös; vielleicht sah dies alles nicht nach einem normalen Vortrag aus, und er machte sich Sorgen, ob wir ihn anschließend würden umlegen müssen.
Nachdem er die Schlösser seiner Tasche geöffnet hatte, zog er einen kleinen Stapel Farbfotos heraus und legte sie auf den Couchtisch. Er räusperte sich.
»Simon, rasch eine Frage, bevor Sie anfangen?« Ich wollte immer gern wissen, wer mir einen Vortrag hielt. Ungenügende Informationen sind manchmal schlimmer als überhaupt keine. »Können Sie uns sagen, wo Sie herkommen?«
Suzys Kaugeräusche füllten die sekundenlange Pause, während er überlegte, ob er das sagen durfte.
»Natürlich. Ich bin Arzt und habe früher in Namibia gearbeitet, bevor ich einen Ruf an die School of Hygiene and Tropical Medicine hier in London erhalten habe. Seit den Anschlägen mit Milzbranderregern in den USA bin ich technischer Berater des Außenministeriums für biologische Stoffe Schrägstrich Waffen - ich halte Vorträge vor Botschaftspersonal, solches Zeug.«
Suzy unterbrach ihn lächelnd. »Was haben Sie darüber erfahren, weshalb Sie heute hier sind, Simon?«
»Ich weiß nur, dass ich Sie über die Lungenpest und ihr Potenzial als Waffe informieren soll.«
Sie nickte dankend, und ich signalisierte, dass ich keine weiteren Fragen hatte. Er griff nach den
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