Nick Stone 06 - Feind ohne Namen
der Haustür vorbei waren, begann ich zu zählen. Eins, zwei, drei - bei jedem Haus, das wir passierten, drückte ich einen Finger in meine Handfläche -, acht, neun zehn, und dann fing ich wieder von vorn an. Elf, zwölf .
Wir erreichten die Kreuzung mit der Walker Street, gingen nach rechts und überquerten fast augenblicklich die kleine Fußgängerbrücke. Der Bach einen Meter unter uns war schlammig und voller regenbogenfarbener Ölspuren. Jenseits der Brücke bogen wir wieder rechts ab und folgten einem ausgetretenen Trampelpfad. Ich legte einen Arm um Suzy und lächelte. »Ich habe siebzehn. Du?«
»Genau.«
»Scheint leer zu stehen.«
»Ja ... Halt die Klappe.« Sie zählte erneut, und ich machte mit. Eins, zwei, drei .
Der Bach war ungefähr zwei Meter breit, und sein jenseitiges Steilufer verlief entlang der rückwärtigen Gärten der Häuser an der Sir Lewis Street und ließ kaum genug Platz für den Trampelpfad, dem wir folgten. Recht beliebt war dieser Weg offenbar bei Leuten, die aus den Häusern kamen, um ihren Müll in den Bach zu werfen. Überall häuften sich leere Zigarettenschachteln, Kippen, Bierdosen und sonstige Abfälle. Hier sah es wirklich aus wie auf einer Müllkippe.
Das unbebaute Gelände zwischen uns und der Hauptverkehrsstraße sollte anscheinend bebaut werden. Um Unbefugte von der Baustelle fern zu halten, war ein weiß gestrichener Spanplattenzaun aufgestellt worden, der jedoch schon mit Graffiti beschmiert und größtenteils umgeworfen war.
Neun, zehn, elf . Die Fassade eines Hauses brauchte keinerlei Ähnlichkeit mit seiner Rückseite zu haben: Sie konnte gepflegt wirken und grün gestrichen sein, während die rosa gestrichene Rückseite vernachlässigt war. Vor allem Reihenhäuser können in dieser Beziehung ein Alptraum sein. Manche hatten auch nach hinten hinaus Aluminiumfenster, während andere noch ihre Schiebefenster mit Holzrahmen hatten.
Zwölf, dreizehn, vierzehn . Wir gelangten auf Höhe einer braunen Holztür an, die in eine abbröckelnde Klinkerwand eingelassen war; im ersten Stock über ihr hing keine Wäsche, weil es dort keine Leine gab. Hinter den schmutzigen Fensterscheiben waren schmuddelige Gardinen zu sehen.
Suzy nickte fast unmerklich hinüber. »Das Haus ohne Wäsche, das mit den braunen Fensterrahmen und der braunen Tür. Das ist meine Nummer siebzehn.«
»Meine auch.« Wir gingen weiter. Hier gab es kein
Licht, keine angelaufenen oder offenen Fenster, keine am Bachufer verstreuten frischen Müllsäcke.
Die Tür schien ein einfaches Schloss zu haben, aber sie konnte ebenso wie die Haustür von innen mit Riegeln gesichert sein. Die Gartenmauer war leicht zu überklettern; damit würde es keine Probleme geben. Ich sah über die unbebaute Fläche hinaus und versuchte, einen Orientierungspunkt im Hafen zu finden. Nachts würde wieder alles völlig anders aussehen. »Das Haus steht genau in der Flucht der Q8-Tanks.«
Wir gingen auf dem Trampelpfad weiter; unsere Erkundung war jetzt beendet, ob uns das passte oder nicht. Ein Einheimischer kam uns auf einem neuen, glänzenden Mountainbike entgegen. Wir schwatzten locker weiter, bis wir ihn und das Zielobjekt weit hinter uns gelassen hatten und uns wieder zwischen Bungalows und Häusern befanden.
In meinem Kopf schwirrten hundert Eindrücke durcheinander, als Suzy meine Hand ergriff und wir schweigend weitergingen. Der wichtigste Faktor war immer der Feind, in diesem Fall das Active Service Unit. Denkbar war, dass seine Mitglieder sich im Haus verborgen hielten; Unsichtbarkeit war vorläufig ihre beste Waffe.
Welche Ziele und Absichten hatten sie? Wir wussten, was sie vorhatten, aber wir hatten keine Ahnung von ihrer Ausbildung, ihrer Führung, ihrer Kampfmoral. Diese Leute waren keine Soldaten; die dritte Welle, zu der sie gehörten, zeichnete sich vor allem durch Intelligenz aus. Trotzdem fragten wir uns, gegen was für
Leute wir hier antraten. Wir wussten nicht einmal, ob sie bewaffnet waren. Der Informant hatte nur gesagt, sie seien Fundamentalisten, die eifriger ins Paradies strebten, als wir King’s Lynn verlassen wollten. Aber was hieß das? Würden sie kämpfen? Hoffentlich nicht.
Am zweitwichtigsten war die Frage, wie wir hineingelangen sollten. Bei Weiß einzudringen würde ein Alptraum sein, denn außer den geschlossenen Fenstern gab es nur die Dachflächenfenster und die vordere und hintere Tür. Selbst wenn ein Dachfenster offen gestanden hätte, wäre es unerreichbar gewesen, sodass nur
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