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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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Buch nach ihm geworfen haben.
    Auf einmal lag er auf dem Rücken. Ihm war schwindelig und die Ohren klingelten ihm. Boden und Wände der Privatbibliothek waren über und über mit Satzfragmenten bedeckt, die wirbelnd und sich windend in die Luft stiegen.
    Jenseits des Durcheinanders sah er Noras Tagebuch auf ein FleckchenDunkel zutreiben, das der Treppenlauf sein musste. Der unmenschliche Schrei verklang allmählich.
    Nach und nach wurde ihm klar, was er dort sah: Der Mörder floh mit Noras Tagebuch.
    Rings um Shannon barsten die Sätze. Mit jeder kleinen Explosion ergoss sich ein Wortschwall durch den Raum. Die scharfen Worte hinterließen einen brennenden Schmerz in Leib und Seele.
    Verzweifelt suchte Shannon mit den Händen den Boden ab, um einen Anhaltspunkt zu bekommen, warum der Mörder geflohen war. Er stieß auf etwas Längliches, das teilweise in Stoff gehüllt war. Er hob das seltsame Etwas auf und stürmte aus der Bibliothek.
    Hinter ihm rissen die einstürzenden Sätze die restlichen Zauberbücher auf. Bald schon würde auch ihr Inhalt eins sein mit dem wachsenden Textsturm. Shannon zog die getarnte Tür hinter sich zu.
    Der Gang wurde schwarz. Prasselnd und zischelnd lösten sich die Bücher hinter dem Tarntext auf.
    Doch Shannon war nun in Sicherheit. Das Sprachchaos in der Bibliohek würde sich in Wohlgefallen auflösen.
    Etwas Feuchtes und Heißes rann ihm übers Gesicht. Blut.
    Immer noch hielt er das rätselhafte in Stoff gekleidete Ding in den Händen. Vielleicht könnte Azure für ihn einen Blick darauf werfen.
    Plötzlich packte ihn die Furcht. Was hatte der Mörder mit seinem Schutzgeist angestellt?
    »Azure!«, rief er mit heiserer Stimme. »Azure!« Blind und mit ausgestreckten Armen lief er los. Er stieß mit der Hand gegen eine Wand und stürzte beinahe. Hinter ihm ertönte ein zaghaftes Pfeifen.
    Shannon wirbelte herum und sah zu seiner großen Erleichterung einen spiralförmigen Zensorzauber in Numinus dort liegen, wo er das Fensterbrett vermutete. Der Mörder hatte seinen Vogel mit Magie gefesselt, aber nicht umgebracht. Der Schurke musste gewusst haben, dass er nie auf Shannons Mithilfe hätte zählen können, wenn er Azure etwas zu Leide getan hätte.
    Shannon beeilte sich, den gefesselten Vogel aufzuheben.
    Vor Angst hackte Azure ihm so kräftig in den kleinen Finger, dass es blutete. Doch Shannon hätte es auch nicht gekümmert, wenn sieihm den Finger entzwei gebissen hätte. Beruhigend redete er auf die Vogeldame ein, während er ihr den Fesselzauber vom Kopf wickelte.
    Sobald ihr Geist befreit war, schickte sie ihm eine verängstigte Textflut: Eine weißgekleidete Gestalt tauchte im Treppenlauf auf, und von außen drang ein glühender Numinuszauber herein und legte sich um ihren Geist.
    Es kam ihm seltsam vor, dass der Mörder den Zensorzauber außerhalb des Turmes geschrieben hatte, doch dann fiel ihm wieder ein, dass das Wesen ja behauptet hatte, innerhalb der Mauern von Starhaven keinen Zauber schreiben zu können.
    »Verdammt, was für ein Wesen kann das bloß sein?«, zischte er und klemmte sich Azure unter den Arm, als wäre sie ein Laib Brot.
    In der linken Hand hielt er noch immer das merkwürdige stoffbekleidete Ding, das er in der Bibliothek aufgelesen hatte.
    Zittrig und mit Hilfe von Azures Augenlicht hastete er den Gimhurst-Turm herunter. Als er endlich die bewohnten Viertel erreichte, ging sein Atem stoßweise.
    Zweimal scheuchte er räudige Katzen auf, doch er verlangsamte seine Schritte nicht, bevor er die mit Fackeln erleuchteten Gehwege erreicht hatte. Erst dann nahm er sich die Zeit, um sich aus Azures Augen zu begutachten.
    Die Satzfetzen hatten Löcher in seine Kleider gebrannt, Gesicht und Hände waren mit blutigen Schnitten übersäht. Noch erschreckender hingegen war die klaffende Wunde, die sich schräg über seine linke Braue zog. Was auch immer für eine Klinge ihm diese Verletzung beigebracht haben mochte, sie hatte auch zwei seiner silbernen Filzlocken gekappt.
    Nachdem Shannon eiligst einige Gebäude durchquert hatte und über den Grand Courtyard gelaufen war, erreichte er den Erasmusturm. Zum Glück war kein anderer Zauberer zugegen, der ihn die Stufen zu seinem Studierzimmer hochlaufen sah.
    Immer noch keuchend setzte er Azure auf seine Stuhllehne und legte den rätselhaften Gegenstand auf seinen Schreibtisch. Obgleich ihm Azure nach wie vor angsterfüllte Erinnerung schickte, beruhigte sie sich allmählich wieder.
    Shannon zauberte ein paar

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