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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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glaubte, was sie sagte. Jetzt hatte sich jedoch Verzweiflung in ihre Stimme geschlichen, und von ihren Augen ging ein beinahe wahnsinniges Leuchten aus.
    Ihm war diese Art der Leidenschaft bekannt – er hatte sie aufblühen und verwelken gesehen, in jedem jungen Kakographen, der in den Speicherturm gekommen war. Wie diese Kinder musste Deidre sich an diese eine Hoffnung klammern.
    »Ich bitte um Entschuldigung, Druidin«, sagte er und sah ihr in die Augen, »aber ich kann Euch nicht so blindlings vertrauen. Ich werde mich mit Magister Shannon beraten.«
    Abermals erlosch der fiebrige Glanz auf ihrem Gesicht, und übrig blieb nur ein halbherziges Lächeln. »Und ich hatte befürchtet, das Keloid zeichne dich als Dickkopf aus, der schwer zu lenken ist. Vollkommen falsch. Du entziehst dich auf eine Weise der Kontrolle, die noch weit schlimmer ist.«
    Nicodemus wandte sich zum Fensterbrett um. »Auf welche denn?«
    »Du hast Angst. Bist unsicher und abhängig von deinem Meister wie ein kleines Kind.«
    Er schloss die Augen. Ihre Worte waren ein Schlag ins Gesicht, doch er blieb ruhig. Im Ertragen brutaler Ehrlichkeit war er geübt.
    »Deidre, ich weiß nicht, wie alt Ihr seid.« Er hob den Kopf ein wenig, um die Sonnenstrahlen auf dem Gesicht zu spüren. »Trotz Eures Aussehens müsst Ihr um Jahrzehnte älter sein als ich. Zweifellos bin ich im Vergleich zu Euch noch ein Kind. Ich habe Euer Spiel noch nicht einmal durchschaut. Aber zumindest habe ich erkannt, dass Ihr eine Spielerin seid, und das würde aus mir einen Spielstein machen.«
    Deidre antwortete ihm in einem strengen, vorwurfsvollen Ton. »Ich habe mich in große Gefahr begeben, indem ich dich vor deinem Fluch gewarnt habe.«
    Nicodemus atmete tief durch. Immer noch versuchte sie die Oberhand zu gewinnen, ihn auf ihre Seite zu ziehen. Mit wackligen Knien ging er zu seinem Stuhl zurück. »Deidre, ich bin ein Kakograph, ein Versager, ein Kindskopf von Lehrling. Ich schmiede weder Pläne noch Intrigen. Doch wenn mich 25 Jahre Zurückgebliebensein etwas gelehrt haben, dann wie man Arglist und Aufrichtigkeit, eine Maske und ein wahres Gesicht voneinander unterscheidet.«
    Die Druidin sah ihn an. »Und wie man gekonnt spricht.«
    »Schmeichelei.« Er schloss die Lider und presste vier zitternde Finger gegen die Stirn. »Der Magister ist das Sein und Ihr der Schein. Ich werde ihn einweihen.«
    Kopfschüttelnd sagte sie: »Dann hör mir zu, Spielstein Nicodemus. Es wird der Tag kommen, an dem du dich nicht mehr hinter deiner Kakographie verstecken kannst. Schon bald wirst auch du eine Maske tragen und mein Spiel spielen müssen – oder sterben.«
    Er schwieg.
    »Bevor du Shannon alles erzählst«, sagte die Druidin kühl, »bedenke, dass er womöglich wissentlich oder unwissentlich unserem Feind dient.«
    Nicodemus begann zu protestieren, doch die Druidin hob beschwichtigend die Hand. »Vielleicht tut er es auch nicht. Aber Menschen sind geschwätzig. Wenn du Shannon erzählst, was du von mir erfahren hast, setzt du damit eventuell Gerüchte in die Welt. ImMoment weiß dein Aufseher noch nicht, dass du von ihm erfahren hast. Indem du Shannon informierst, machst du ihn womöglich darauf aufmerksam. Entfachst womöglich einen blutigen Kampf, bevor Kyran und ich bereit sind, dich zu verteidigen.«
    Nicodemus runzelte die Stirn. »Wenn Shannon ein Dämonenanbeter wäre, hätte er mich nie im Leben mit Euch alleine gelassen.«
    Deidre legte den Kopf schief. »Du hast ihn gern.«
    Nicodemus blinzelte sie verwundert an.
    Da war es wieder, dieses ärgerliche, zart angedeutete Lächeln. »Spielstein Nicodemus, hüte dich vor Shannon. Schließlich ist auch er nur ein Mensch. Sollte er dein Aufseher sein, so ist er vielleicht nur unvorsichtig. Mich hier mit dir alleine zu lassen war dann schlicht und ergreifend ein Versehen.« Sie zögerte. »Fragst du dich nicht, woher diese seltsamen Schnitte in seinem Gesicht stammen?«
    Gerade wollte Nicodemus den Mund aufmachen, um den alten Mann zu verteidigen, da war vor der Tür schon gedämpftes Stimmengewirr zu vernehmen.
    »Sie kommen zurück.« Deidre beugte sich zu ihm und ergriff seine Hand. »Eine Sache darfst du nie vergessen, Nicodemus: Die Zauberer sind mehr als sie vorgeben. Shannon ist mehr, als er vorgibt. Wir müssen dich zum Schrein meiner Göttin in Gray’s Crossing bringen, da wirst du in Sicherheit sein. Bis dahin, nimm das.«
    Aus den Falten ihres Gewandes zog sie eine kleine Kugel aus poliertem Holz und legte sie

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