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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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schickte.
    »Wovon ist die Rede, Magister?«
    »Von einem gewaltigen Wesen, das den Neosolaren Palast verwüstet und die Stadt in Brand gesteckt hat. Es heißt, der Zauber habe die Gestalt eines …« Shannon schüttelte den Kopf, als könne er selbst nicht recht glauben, was er gleich sagen würde. »Die Gestalt eines roten Drachens.«
     
    »Fühlst du dich nicht gut?«, fragte Shannon.
    Nicodemus hatte die Hand auf den Mund gepresst und antwortete kaum hörbar: »Magister, letzte Nacht habe ich geträumt, ich wäre ein Drache, der eine Stadt angreift. Ich wusste nicht, welche Stadt es war … aber ganz bestimmt war es eine Stadt im Norden …«
    Shannon hüstelte. »Nicodemus, du bist ja ganz bleich. Hast du ausreichend geschlafen?«
    »Nein, aber …«
    »Du bist erschöpft, und diese Nachrichten haben dir einen gehörigen Schrecken eingejagt.«
    »Magister, ich habe geträumt, ich hätte mich in einen Dra -«
    »Nicodemus! Es ist nur zu verständlich, dass dir alles wie ein Albtraum vorkommt. Aber es war nur ein schlechter Traum, nichts, was eine ernsthafte« – nun senkte er die Stimme bedeutungsvoll – »Untersuchung anregen sollte.«
    Als ihm der Sinn dieser Worte klar wurde, schreckte Nicodemus abermals zusammen. Ein flüchtiger Blick in den Gang verriet ihm, dass Amadi Okeke sie noch immer beobachtete. »Magister, verzeiht mir. Aber ich hatte letzte Nacht einen Albtraum und habe nicht genügend geschlafen. Und diese Nachrichten … es ist alles so verwirrend.«
    »Das ist doch nur allzu verständlich«, sagte Shannon und legte seinem Schüler die Hand auf die Schulter. Azure gab ein schrilles Krächzen von sich. »Verdammt, nicht schon wieder«, klagte Shannon lauthals. »Nicodemus, bitte hilf mir doch mit Azure.«
    Kaum hatte er begonnen, den Vogel zu kraulen, raunte der alte Zauberer auch schon: »Erzähl es mir kurz.« So knapp wie möglich beschrieb Nicodemus ihm den Albtraum. Als er geendet hatte, murmelte Shannon: »In deinem Traum, bist du da je zwei Personen zugleich gewesen?«
    »Ja!«, flüsterte er. »Jedes Mal, kurz bevor der Drache angegriffen hat, war ich nicht nur der Drache, sondern auch ein alter Fischer, die Frau eines Soldaten und ein Bettlermädchen, das den Drachen angesehen hat. Aber das Bettlermädchen hat den Drachen nicht richtig sehen können, es hat nur zu einem schwarzen Klotz am Himmel gestarrt.«
    Shannon verzog das Gesicht. »Du hast Vierfachgedanken gehabt.«
    Nicodemus sah den alten Mann an, um sicherzustellen, dass er es auch ernst meinte. »Ich dachte, Zauberschreiber könnten vierfache Kognition nur erlangen, wenn man mächtige Texte um ihren Geist beschwört.«
    »Der Mörder hat behauptet, er könne Träume manipulieren. Ich habe es für Prahlerei gehalten, doch nun entsinne ich mich historischer Texte, in denen archaische Zauber beschrieben werden, die den schlafenden Geist mit Vierfachgedanken verseuchen können.«
    »Wenn mir dieser Traum geschickt worden ist, kann ich also den Drachen nicht veranlasst haben, die Stadt anzugreifen?«
    »Richtig«, sagte Shannon mit einem leichten Kopfnicken. »Vierfachgedanken ändern die Wahrnehmung, nicht die Welt. Es ist überaus wichtig, dass du weißt, dass dich keine Schuld trifft.«
    Nicodemus atmete erleichtert auf. »Aber warum sollte mir jemand solch einen Traum schicken?«
    »Ich weiß es nicht. Doch es bedeutet, dass es eine Verbindung zwischen dem Mörder und diesem Drachen gibt. Verdammt, was ist, wenn dieses Wesen auch den anderen Jungen vom Speicherturm Träume sendet? Wie kann ich sie davor beschützen? Trotzdem wirst du niemandem davon erzählen. Wir werden uns im Compluvium weiter darüber unterhalten.« Er klopfte Nicodemus ermunternd auf die Schulter.
    Azure stellte ihr donnerndes Gekrächze ein. Nicodemus strich sich nervös den Ärmel glatt, als ihm ein Gedanke kam. »Eure Angehörigen, Magister. Sind sie vom Feuer in Trillinon betroffen?«
    Shannon lächelte. »Ein alter Freund hat mir eine Nachricht zukommen lassen. Meine Familie ist in Sicherheit. Ich danke dir für deine Anteilnahme. Jetzt wurden alle Dekane und Zauberer in den Krisenrat berufen, was sehr ärgerlich ist, da der Unterricht weitergehen muss. Mein Junge, ich muss dich um einen Gefallen bitten.«
    Nicodemus machte große Augen. »Ihr wollt, dass ich unterrichte? Magister, das wünsche ich mir … und ich habe auch geübt … aber unter diesen Umständen weiß ich nicht, ob ich mein Bestes geben kann.«
    Shannon nickte. »Ich weiß, wie lange

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