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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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stecken.
    Das Wesen versuchte sich zu befreien. Im ersten Schreck lockerte Deidre den Griff, und der Stab entglitt ihr. Nun stürzte sich ihr Widersacher erneut auf sie und stieß mit dem Schwert nach ihr.
    Tänzelnd wich Deidre aus, blieb aber mit dem Absatz an der Stufe hängen und fiel rückwärts die Treppen hinunter. Da. Das Wesen hob das Schwert über den Kopf, die Stange immer noch im Arm.
    Ton! Das verdammte Ding war aus Ton!
    Das Langschwert sauste nieder. Deidre rollte sich nach links und hörte, wie die Waffe krachend gegen die nächste Stufe schlug. Als sie die Augen öffnete, raste die Klinge erneut auf sie zu.
    Mit beiden Händen riss sie die noch verbliebene Stange hoch. Unter ohrenbetäubendem Geklirr traf Metall auf Metall. Deidre trat nach dem Wesen, rammte ihm ihre Hacke ins Knie. Jedes Gelenk aus Knochen wäre geborsten, aber das Fleisch des Wesens gab nach.
    Es ging mit einem schrillen Schrei zu Boden, doch Deidre spürte, dass sie keinen nachhaltigen Schaden angerichtet hatte.
    Irgendwie musste das Wesen wissen, dass sie weder über Magie noch ein Schwert verfügte. Stumpfe Waffen konnten diesem Wesen aus Ton nichts anhaben, ganz gleich wie kraftvoll sie auch geführt wurden. Nur wenn sie den echten Körper des Verfassers fände, könnte sie das Wesen töten.
    Ihr blieb keine Zeit mehr für einen neuerlichen Angriff, sie rappelte sich stattdessen auf und rannte die Treppen hoch.
     
    »Tot?«, sagte Nicodemus. »Magister, warum solltet Ihr tot sein?«
    »Komm mit mir auf die Spindle-Brücke«, sagte Shannon matt. Mit laut klappernden Stiefelabsätzen liefen sie nebeneinander über dieBrücke. Unter ihnen lag der Bergwald, vor ihnen der blanke Fels. Im Gehen erzählte Shannon alles, was er über Nora Finns Mord wusste, seine Begegnung mit dem nicht menschlichen Mörder, Amadis Verdacht, die Gegenprophezeiung und den Tod von Eric und Adan.
    »Gütiger Himmel!«, rief Nicodemus entsetzt aus und blieb stehen. »Der kleine Eric Everson mit dem langen braunen Haar, der ist tot? Und Adan auch?«
    Er hatte keinen der Jungen besonders gut gekannt, dennoch war ihr Tod ein Schock.
    »Magister! Während meines Mittagsschlafs habe ich von einem Ungeheuer geträumt, das einen Neophyten im Tal angriff.« Er beschrieb das fahle Ungeheuer und auch die Höhle mit den eigenartigen Schildkröten.
    Shannon antwortete nicht sofort. Ein kalter Windstoß fuhr unter Nicodemus’ Kleider, fauchte durch sein Haar. Sie waren in der Mitte der Brücke angekommen.
    »Dieser jüngste Albtraum – als du gleichzeitig du selbst und die Gestalt auf dem Tisch gewesen bist – hört sich auch nach Vierfachgedanken an. Was weißt du über die verschiedenen Kognitionsstufen?«
    »Nur, dass Menschen dreifache Kognition besitzen«, antwortete Nicodemus. »Und dass Geschöpfe einfache oder zweifache Kognition haben können, was der dreifachen ähnlich ist, nur dass das, was sie denken wollen oder erinnern können, beschränkt ist.«
    »Und vierfache?«, fragte Shannon.
    Nicodemus zögerte. »… sind Gedanken, die, wenn der Geist nicht in einen Zaubertext gehüllt ist, undenkbar sind.«
    »Sehr richtig, aber weißt du auch, was das bedeutet?«
    »Keinen Schimmer«, gab Nicodemus lachend zu. »Ein undenkbarer Gedanke klingt wie stummer Lärm oder erhellende Dunkelheit.«
    Shannon schmunzelte. »Aber du hast bereits undenkbare Gedanken gedacht. In deinen Albträumen hast du zugleich als du und als andere Wesen gedacht. Dieses Phänomen, das wir Bewusstseinsteilung nennen, ist die einfachste Form vierfachen Denkens. Auf dergrundlegendsten Ebene involviert die vierfache Kognition das Denken mit mindestens zwei Geistern – deinem eigenen und einem magischen.«
    »Also hat der Mörder meinen schlafenden Geist verzaubert, so dass ich mit diesem Zauber denken konnte?«
    »Ja, aber womöglich war es nicht der Mörder, der ihn gewirkt hat«, gab Shannon zu bedenken. »Nach dem, was ich von dem Mörder erfahren habe, ist es wahrscheinlich, dass er die Träume von Adan und Eric manipuliert hat und sie so aus Starhaven herauslockte. Aber deine Albträume scheinen mehr Warnung denn Lockmittel. Der Traum von dem Tal muss das Schicksal des armen Erics gewesen sein. Der Feind würde dich doch nicht wissen lassen wollen, wo und wie er die Kakographen angreift.«
    »Aber wer sonst sollte mir diese Träume schicken?«
    »Das wissen wir nicht«, sagte Shannon und kratzte sich am Bart. »Aber wir sollten uns fragen, in welchem Zusammenhang die Albträume

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