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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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die Tiefe, unten im Schatten lag das Impluvium: ein Sammelbecken für Regenwasser, das Starhavens Aquädukte mit Wasser versorgte. Unter der Wasseroberfläche waren riesige Ventile und Schleusen verborgen. Ringsum bewegten sich, wie Nicodemus erst irrtümlich annahm, graue Fische mit hervortretenden Augen. Doch dann erkannte er, dass es Wasserspeier waren, die die Ventile bedienten.
    Hinter dem Impluvium erstreckten sich über eine Meile beckenähnliche Dächer, Giebel und Dachrinnen, die das Regenwasser in das Sammelbecken leiteten. Dieser Teil des Südostens, der aus vielen dichtgedrängten Gebäuden bestand, wurde das Compluvium genannt. Und überall, ob kauernd, gekrümmt oder kriechend, fanden sich die Gullyspeier. Diese Geschöpfe waren unentwegt damit beschäftigt, Blätter aus den Aquädukten zu fischen, Vögel zu verscheuchen oder durchlässige Dächer zu flicken.
    »Wahnsinn«, sagte Nicodemus halblaut.
    »All diese Wasserspeier werden von einer Bruderschaft kontrolliert, der ich einst angehörte«, erklärte Shannon und eilte zu einer gewundenen Treppe am Ende der Mauer. »Solltest du oder der Speicherturm je in Gefahr sein, musst du alle männlichen Kakographen hierherbringen. Dieser Kampfspeier vom Sataal-Plateau wird deinen Befehlen gehorchen. Du musst die Jungen zum Compluvium bringen und sie hier verstecken. Dieser Ort ist riesig, und die Wasserspeier kennen viele geheime Winkel.«
    Nicodemus schluckte schwer. »Wovor in Gefahr? Dem Mörder? Den Wächtern?«
    »Ich sage es dir gleich«, schnaufte Shannon. »Lass uns erst mal klarstellen, was genau du tun sollst.« Sie erreichten die Wendeltreppe und liefen so schnell es ging die schmalen Stufen hinab. Azure musste unentwegt ihr Köpfchen auf- und abbewegen, um den Weg einzusehen.
    Unten angekommen, standen sie vor einem Tunnel, der mit einem Tor verschlossen war. Nicodemus hatte keine Ahnung, wohin er führte.
    Mit ein paar Numinuswörtern öffnete Shannon das Tor und stieß es weit auf. »Wenn ihr selbst im Compluvium nicht sicher seid, danngeleite die Jungen hier hindurch.« Azure pfiff nervös, als sie den Tunnel betraten. »Pass auf deinen Kopf auf.«
    Der Tunnel war lang und dunkel. Gemeinsam wateten Meister und Lehrling durch das knöcheltiefe Wasser zum nächsten Tor. Shannon knackte das Schloss und lotste Nicodemus auf einen kurzen Pfad mit Blick auf die steilen Felswände des Pinnacle-Gebirges.
    Sie hatten die östlichsten Festungsmauern erreicht.
    Unermüdlich hastete Shannon voran, bis sie die Spindle-Brücke erreichten. Neben der Brücke machte Shannon vor einem weiteren Wasserspeier Halt und drehte sich zu Nicodemus um. »Du bringst die Jungen zu diesem Geschöpf. Es herrscht über ein Netzwerk von Geschöpfen und Zaubern, das wir die Narrenleiter nennen. Abgesehen von den Eingangstoren ist das der einzige Weg aus Starhaven heraus. Notfalls könnt ihr in den Wald fliehen, und von da aus kannst du die Kakographen nach Gray’s Crossing führen.« Er zog einen Beutel aus seinem Gewand und warf ihn Nicodemus zu.
    Es klimperte, als er ihn auffing. »Magister!«, rief er aus, während er hineinsah. »Das Gold reicht ja, um den gesamten Ort aufzukaufen.«
    »Ich hoffe, es ist genug, um für die Flucht und euren Schutz zu bezahlen.«
    »Aber sollte ich bei Gefahr nicht einfach zu Euch kommen?«
    »Vielleicht bleibt dir nicht mehr genügend Zeit dafür.« Er schloss die Augen und rieb sie. »Außerdem, wenn du wirklich in Gefahr bist, dann, weil ich tot bin.«
     
    Die Klinge, die vor Deidres Kehle aufblitzte, war mit Rost gespickt.
    Elegant machte sie einen Satz zurück und fand auf den schmalen Stufen sofort wieder Halt. Immer noch war das Gesicht ihres Widersachers von der derben Kapuze verhüllt. Sie wunderte sich, wie das Wesen wohl sah. Ebenso wunderte sie sich, warum es einen Angriff innerhalb der Mauern von Starhaven gewagt hatte, wo es doch hier keine Magie einsetzen konnte.
    Mit einem Schlag näherte sich das Wesen. Deidre parierte mit rechts, doch die Wucht des Schlages riss ihr fast die Stange aus der Hand. Das Wesen besaß eine Kraft, die sich mit ihrer messen konnte.Blitzschnell brachte sie die linke Stange hoch und ließ sie auf ihren Gegner niederfahren.
    Gerade noch rechtzeitig hob das Wesen seinen Arm schützend über den Kopf.
    Die Wucht, mit der der Stahl auf den Arm schmetterte, hätte wohl genügt, einen Felsen zu spalten. Doch es zersplitterten keine Knochen. Die Stange versank eine Handbreit im Arm und … blieb dort

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