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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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Wasserspeier und hielt Wache.
    Sein muskelbepackter Körper war durchaus menschenähnlich, nur dass ihm unter den normalen Armen noch zwei weitere sprossen. Die steinernen Flügel, die aus seinem Rücken hervortraten, hätten die eines Vogels sein können, bloß dass sie sich dank zweier zusätzlicher Gelenke wie Farnspitzen einrollen ließen. Mit seinen Steinaugen, die in einem riesigen Habichtschädel saßen, starrte er sie wütend an.
    Shannon dozierte wieder. »Wer schon einmal mit einem Kampfwasserspeier zu tun gehabt hat, wird sich entsinnen, dass sie wertvoll, gefährlich und überaus reizbar sind. Geht beim Einspeisen der Passwörter also behutsam vor.« Der alte Mann zog eine Schriftrolle aus dem Ärmel und begann Numinusabsätze davon abzulösen.
    Nicodemus sah genau hin, wie Shannon jedem Wächter einen Satz Passwörter aushändigte. Die Nordländer hingegen waren ausschließlich mit dem riesigen Wasserspeier befasst und warfen sich vielsagende Blicke zu.
    Auf einmal bemerkte Nicodemus, dass Shannon es zuließ, dass sich die goldenen Worte zusammenfalteten und schichtweise übereinanderlegten. In dieser Form blieb das Idiom an sich zwar stabil, aber die Faltsätze standen unter hoher Spannung. Das konnte dazu führen, dass sich die Runen umgruppierten oder zerfielen.
    Und tatsächlich knallten zwei Faltsätze auseinander, als Shannon der Wächterin die Passwörter überreichte.
    Nicodemus konnte sich nun nicht länger zurückhalten: »Magister, ihr Text ist …«
    »Sei ganz unbesorgt, mein Junge. Ich geleite dich höchstpersönlich durch. Entschuldigt mich bitte, Zauberschreiber. Mein Lehrling beherrscht Numinus noch nicht.«
    Abermals schnappte er sich Nicodemus und zerrte ihn zu dem riesigen Wasserspeier. Nicodemus war etwas mulmig zumute, doch da ließ ihn der alte Zauberer auch schon los und hielt dem Geschöpf zwei Passworttexte hin.
    Der Wasserspeier streckte seine vier Arme aus. Mit jedem Händepaar ergriff er einen der Absätze und legte sie zusammen. Korrekt verfasst, würde sich der Zauber von selbst in die vorgeschriebene Form falten.
    Als der habichtgesichtige Wasserspeier beide Absätze zu winzigen Sternen gefalzt hatte, sprang er zwitschernd beiseite.
    Shannon schob Nicodemus die Treppe hinauf.
    Hinter ihnen streckten zwei Wächter ihre Passwörter den zahlreichen Armen des Wasserspeiers entgegen.
    »Mach dich auf alles gefasst«, murmelte Shannon. Verwundert drehte sich Nicodemus um, und just in diesem Augenblick stieß der Kampfspeier einen schrillen Schrei aus. Polternd schlugen zwei wuchtige Steinarme gegen die Mauer. Ein Flügel wurde entrollt und versperrte den Durchgang.
    Die entsetzten Ausrufe der Wächter drangen herüber.
    »Magister«, schimpfte Shannon, »Ihr habt die Passwörter fragmentieren lassen. Wie konntet Ihr nur so nachlässig sein? Was ist mit den anderen beiden Absätzen?
    Eine kleinlaute weibliche Stimme vermeldete, dass auch diese aufgelöst seien.
    »Wunderbar«, bellte Shannon. »Ich kann im Rücken dieses Kampfspeiers keinen Numinuszauber verüben, ohne ihn zu reizen.«
    Eine männliche Stimme sagte voller Verdruss: »Magister, wir haben den Befehl, Euch nicht aus den Augen zu lassen.«
    Shannon lachte. »Na, das habt ihr ja geschickt angestellt. Jetzt müssen Nicodemus und ich auf den Schutz verzichten, der uns zugesagt worden ist. Flammender Himmel! Ich habe gute Lust, mich darüber bei Amadi zu beschweren.«
    Die Wächter schwiegen.
    Shannon gab ihnen Anweisungen hinunterzueilen und die Treppen des Intanturms wieder hinauf zu steigen. Von dort aus könnten sie zur Spindle-Brücke gelangen. Er selbst und Nicodemus würden auf der Brücke auf sie warten. »Seid in einer Stunde zurück, und Amadi wird nie etwas davon erfahren«, sagte er und begann die Stufen zur Mauerkrone hinauf zu steigen.
    Die Wächter machten sich in entgegengesetzte Richtung auf, und Nicodemus lief schleunigst dem alten Zauberer hinterher.
    »Endlich können wir uns einmal ungestört unterhalten«, sagte Shannon zufrieden. »Selbst der getarnte Wächter, der dir gefolgt ist, kommt an diesem Untier da unten nicht vorbei.«
    Auf Nicodemus’ glatter Stirn schwoll eine Falte. »Magister, waren die Passwörter falsch geschrieben?«
    »Nicht im Mindesten«, antwortete Shannon und drehte sich weit genug herum, um Nicodemus zuzuzwinkern. »Sie hätten nicht richtiger geschrieben sein können.«
     
    Deidre lachte über das, was sie durch die Fenstergitter im Itan-Turm sehen konnte.
    Zusammen mit

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