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Nicodemus

Nicodemus

Titel: Nicodemus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Charlton
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aufschlug, blitzte es ringsum schwach purpurn. Der Traseuszauber legte noch an Geschwindigkeit zu, und der Zaubermeister stieß einen Freudenschrei aus.
    Doch dann hakte es im Text.
    Sätze versteiften sich. Zeilen verhedderten und rissen. Wortströme gerieten außer Kontrolle und formierten sich in der unteren Hemisphäre zu einem linguistischen Orkan. Die Wortstürme wüteten lautstark, steife Sätze barsten mit einem vernehmlichen Donnern. Der purpurne Schimmer um den Index erlosch.
    »Der Text löst sich auf!«, rief Shannon den Wächtern zu. »Schließt die Kammer!«
    Großer Überzeugungskünste bedurfte es nicht, denn schon im nächsten Augenblick flog die Tür zu.
    Shannon zog eine Schriftrolle aus seiner Geldkatze hervor und löste einen Numinussatz vom Pergament. »Was auch geschieht, bleib innerhalb dieses Textes«, wies der Zauberer Nicodemus an und beschwor einen runden, goldenen Schild um ihn herum. Dann setzte er ihm noch Azure auf die Schulter.
    Als die Tür zufiel, hallte ihr metallisches Klirren in der Kammer nach. Dann war erst einmal alles still, bis mehrere Traseuszeilen mit ohrenbetäubendem Lärm zersprangen. Ein gefiederter Numinusgeysir am oberen Pol spie, und der Zauber verschrumpelte wie ein Winterapfel.
    Mit einem Rückhandschlag seiner Magnuspeitsche riss Shannon eine mannsgroße Öffnung in den Zauber. »Timothy!«, rief er. »Komm da sofort heraus.«
    Das musste man Smallwood nicht zweimal sagen; er schnappte sich den Index und stürzte ins Freie.«
    Gemeinsam wichen die beiden Linguisten zurück und umgaben auch sich selbst mit dem gleichen schützenden Numinusschild wie Nicodemus.
    Vor ihren Augen fiel der Traseusglobus in sich zusammen. Satzfetzen flogen umher und prallten mit Wucht gegen den durchsichtigen Schutzschild. Schweigend betrachteten die drei Männer das heillose Chaos. Allesamt waren sie erschöpft.
    Bedauerlicherweise war ihr Schutzzauber nicht viel größer als ein Besenschrank, so dass sie unangenehm dicht beieinander standen.
    »Nicodemus«, fragte Shannon und schloss die Knöpfe an seinen Ärmeln, »was hast du gesehen, als der Zauber wirkte?«
    »Purpurnes Leuchten um den Index.«
    Shannon nickte. »Das ging mir genauso. Was hast du gesehen, Timothy?«
    »Gesehen habe ich nichts«, sagte der blassgesichtige Zauberer, während er sich auf einem Hocker zusammenkauerte, der in dem begrenzten Raum des Schutzzaubers mit eingeschlossen war. Nicodemus und Shannon starrten beide auf den Index, den Smallwood im Schoß hielt.
    Es war kalt, und so schlüpfte Nicodemus wieder in die Ärmel zurück.
    Mit ein bisschen Mühe gelang es Shannon, sich halb umzudrehen. Vorgeblich sah er dem Zerfall zu, doch als er Nicodemus auf die Schulter klopfte, ließ er verstohlen einen Satz in einfacher Sprache in die Brust seines Schülers gleiten.
    Übersetzt hieß die Zeile: »Mss Index vn Smllwd bekommen, solange Kammer zu ist. Ideen?«
    Bislang hatte Nicodemus dem Zauber eher gedankenverloren beim Auflösen zugesehen. Die Botschaft brachte ihn auf eine verrückte Idee.
    Er reichte Shannon seine Antwort: »Habt I noch einen Schild? Wie düsen?«
    Shannon nickte.
    »Macht ihn breit.«  
    Shannon tat so, als müsste er husten. »Wann?«, schnaufte er zwischen zwei Hustern.
    Überschwänglich schlug Nicodemus seinem Mentor auf den Rücken, dann packte er des Zaubermeisters Gewand und riss mit einem heftigen Ruck daran. Kurz bevor der alte Mann zur Seite fiel, schickte ihm Nicodemus die Antwort in die Brust: »Jetzt!«

Kapitel 21
    Mit einem Aufschrei stürzte Shannon zu Boden und versetzte Nicodemus einen Stoß, so dass dieser Richtung Smallwood kippte. Um nicht auf dem Zauberer zu landen, schleuderte Nicodemus den linken Arm gegen den Numinusschild. Trotzdem prallte er mit der Hüfte in Smallwoods Gesicht, der daraufhin rücklings gegen den Schild flog. Wie Nicodemus gehofft hatte, glitt ihm der Index aus den Händen.
    Alle schrieen durcheinander. Der runde Schild drohte ins Rollen zu geraten und sie wie Käfer in einer Büchse durchzuschütteln. Um sein Gleichgewicht wieder zu erlangen, lehnte sich Shannon gegen die gegenüberliegende Wand. Und schneller als es Nicodemus dem alten Mann zugetraut hätte, beugte er sich herab und hob den Index auf.
    Erleichtert atmete Nicodemus auf. Doch der schwierigste Teil kam erst: Er musste Shannon ein paar ungestörte Augenblicke mit dem Index verschaffen, damit er Nachforschungen über ihren Feind anstellen konnte.
    Seit seinem ersten Tag in Starhaven

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