Nie genug (German Edition)
Tatsache, dass ich meinen Ausweis brauche, beunruhigt mich etwas.“
„Wir fahren ans Meer. In knapp drei Stunden müssten wir es bis nach Schoorl schaffen.“
„Wir fahren nach Holland?“ Ich sehe ihn ungläubig an. Das ist ganz schön weit für einen Tagesausflug.
„Wenn du dabei bist, ja. Aber du musst dir wirklich noch mehr anziehen. Ich hab dir eine Motorradjacke und einen Helm mitgebracht, aber du brauchst auf jeden Fall noch einen dicken Pullover über dem Shirt und am besten zwei Hosen übereinander. Es soll zwar trocken bleiben, aber trotzdem ist der Fahrtwind sehr kalt.“
Super. Dann sehe ich noch mehr aus wie ein Michelin-Männchen.
Nachdem ich meine anfängliche Angst überwunden hatte, war es ein aufregendes Erlebnis, mit Sam auf dem Motorrad zu fahren. Ich weiß nicht, wie er das durchhält, aber Sam ist die ganzen zweieinhalb Stunden durchgefahren. Obwohl mir auf den letzten hundert Kilometern mächtig das Hinterteil wehgetan hat, habe ich die Zähne zusammengebissen. Die Quittung dafür bekomme ich jetzt.
Sam fährt auf einen Parkplatz, direkt hinter den Dünen und wartet darauf, dass ich absteige. Das Problem ist, ich kann nicht. So sehr ich mich auch anstrenge, ich bin nicht in der Lage, ein Bein anzuheben. Ich habe kein Gefühl in den Oberschenkeln und meine Füße kribbeln.
Sam zieht seinen Helm ab und dreht sich zu mir um.
„Was ist los?“, höre ich ihn, gedämpft durch meinen Helm, fragen.
„Meine Beine sind eingeschlafen und verkrampft.“ Mir schießt das Blut in die Wangen. „Ich kann nicht aufstehen“, bemerke ich beschämt.
Sam lacht und dreht sich kopfschüttelnd um. Umständlich steigt er vor mir ab und stellt das Motorrad auf den Seitenständer. Da ich mich jetzt nicht mehr an ihm festhalten kann, klammere ich mich an die Sitzbank. Sam greift unter mein Kinn und öffnet den Helm. Vorsichtig zieht er ihn mir vom Kopf und hängt ihn an den Lenker.
„Ich hab dir gesagt, du sollst dich melden, wenn du eine Pause brauchst“, sagt er lachend und greift unter meine Arme. Wie ein kleines Kind hebt er mich von der Maschine und stellt mich auf die Füße. Peinlich berührt nestele ich an der Jacke rum, um sie ausziehen.
„Bist du okay?“, fragt Sam.
„Beschämt. Aber sonst ist alles in bester Ordnung.“ Es wird wohl zur Gewohnheit, dass ich mich in seiner Gegenwart blamiere.
„Emma?“ Er stellt sich vor mich und packt mich an den Schultern. Ich sehe zu ihm auf, obwohl ich seinem Blick eigentlich lieber ausweichen möchte..
„Mach dich locker.“ Er schiebt meine Hände beiseite und öffnet für mich die Jacke. „Wir suchen uns jetzt ein Café, wo wir frühstücken können, und dann machen wir uns einen guten Tag am Strand. Auf der Rückfahrt machen wir mindestens zwei Pausen. Du hast noch nie auf einem Motorrad gesessen und trotzdem so lange ausgehalten. Es ist meine Schuld. Ich hätte das wissen müssen.“
Ich schaue auf seine Hände, die sich unter der offenen Jacke auf meine Hüften gelegt haben.
Sam greift unter mein Kinn und zwingt mich, ihn anzusehen.
„Hast du mich gehört?“ Er schaut besorgt auf mich runter.
„Hab ich“, flüstere ich und blinzele ihn an.
Wir sitzen uns in einem der zahlreichen Strandcafés gegenüber und genießen beinahe wortlos unser Frühstück. Nach einem Croissant und einem großen Milchkaffee lehnt Sam sich auf seinem Korbstuhl nach hinten und beobachtet mich. Unsicher nippe ich an meinem Orangensaft und weiß nicht so recht, wohin mit mir.
„Können wir mal ein paar Dinge klären, Emma? Denn ich fürchte, sonst wird das ein sehr verkrampfter Tag, und so hatte ich mir das eigentlich nicht vorgestellt.“ Er lächelt mich an und streckt die langen Beine unter dem Tisch aus. Unsere Knie berühren sich. Dieser Kontakt macht mich wütend, weil ich mich wieder instinktiv zurückziehen möchte. Es hat nichts damit zu tun, dass ich Sam nicht anfassen will. Ganz ihm Gegenteil. Ich habe nur ein Problem damit, dass er mich berührt und dabei eine Problemzone nach der anderen entdeckt.
„Genau das meine ich, Emma. Warum zuckst du immer zurück, wenn ich dir zu nahe komme? Ich verstehe das nicht. Wenn du mich nicht leiden könntest, dann würdest du jetzt nicht hier mit mir sitzen.“
„Sam“, seufze ich und ringe nach Worten, um ihm das begreiflich zu machen. „Der Gedanke, dass du an mir interessiert sein könntest, ist für mich immer noch komplett abwegig. Typen wie du interessieren sich nicht für Frauen wie
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