Nie mehr ohne deine Küsse
noch, sich zu bremsen. „Eine Warnung?“
Seine Augen waren geschlossen, doch ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen, als er sagte: „Eine Vorhersage.“
Vor Aufregung konnte sie kaum noch atmen. Zum Glück waren seine Augen geschlossen. Er schien gar nicht mitzubekommen, was er in ihr ausgelöst hatte. Offensichtlich wollte er ihr mit seinem Schweigen die Möglichkeit geben, ihm sein Vorhaben auszureden. Doch sie brachte es nicht über sich, das zu tun.
„Es ist eine sehr schöne Nacht“, murmelte sie schließlich, um das Schweigen zu brechen.
„Ja, das stimmt.“
Sie schlang die Arme um ihre Knie. „Wolltest du deshalb einen Ausritt machen? Weil die Nacht so schön ist?“
„Einmal das, und außerdem musste ich einfach mal eine Weile aus dem Haus raus.“
Der Frust in seiner Stimme ließ sie aufhorchen.
„Warum?“
Jetzt lachte er. „Für jemanden, der höchst ungern Fragen beantwortet, stellst du aber eine Menge.“
„Tatsächlich? Na ja, vielleicht. Ich finde das Leben anderer Leute meist viel interessanter. Meine Geschichte kenne ich schließlich.“
Endlich öffnete er wieder die Augen. „Aber ich kenne deine Geschichte nicht.“
„Da verpasst du auch nicht viel.“ Das stimmte zwar nicht ganz, war aber auch keine Lüge. „Was glaubst du denn, warum ich Mississippi verlassen habe?“
„Wenn du auf der Suche nach Abenteuern sein solltest, ist Hill Chase nicht der richtige Ort. Hier passiert nichts Aufregendes.“
Versonnen schaute Lily auf den Fluss. „Ich bin nicht auf der Suche nach Abenteuern oder Aufregung. Ich wollte nur einmal woanders leben. Das ist alles. Hattest du diesen Wunsch noch nie?“ Im gleichen Moment wurde ihr bewusst, mit wem sie da sprach. „Wahrscheinlich nicht, oder?“
„Warum nicht?“, fragte er.
„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass du woanders leben möchtest, wo dich niemand kennt und keine vorgefertigte Meinung oder irgendwelche Erwartungen an dich hat.“
„Wie kommst du darauf, dass ich mir das nicht auch manchmal wünsche?“
Erstaunt sah sie ihn an. „Na ja, weil … weil … du …“ Reich, mächtig, attraktiv und charmant bist. S tattdessen sagte sie: „… ein Marshall bist.“
„Als ob das etwas Besonderes wäre.“
„Aber das ist es doch“, erwiderte sie verwundert.
Ethan schnaubte.
„Oder etwa nicht?“
„Lily, jeder wünscht sich manchmal ein anderes Leben. Jeder kommt einmal an den Punkt, wo er am liebsten weglaufen möchte.“
„Hmm …“
„Bloß ‚hmm‘? Kein Warum?“, erkundigte sich Ethan mit gerunzelter Stirn.
„Oh, ich würde schon gern wissen, warum. Aber dann fühle ich mich verpflichtet, auch deine Fragen zu beantworten. Und so gut kennen wir uns schließlich nicht. Außerdem fände ich es auch unangemessen, wenn du alles über mich wüsstest. Schließlich sind deine Großeltern meine Arbeitgeber.“
„Tja, das ist schade.“
„Warum?“
„Weil wir gleich etwas sehr Unangemessenes tun werden.“
Inzwischen trennten sie nur noch wenige Zentimeter. Wenn Ethan den Kopf ein wenig drehte, würden sich ihre Lippen berühren.
Wen interessierte es schon, was einem der Verstand sagte. Das hier war ein Erlebnis, das sie wahrscheinlich nicht noch einmal erleben würde. Es wäre dumm, sich diese Gelegenheit entgehen zu lassen.
Ethans Kuss war mit keinem Kuss zu vergleichen, den sie jemals bekommen hatte – hungrig und doch geduldig, zärtlich und dabei voller dunkler Geheimnisse und Verheißungen.
Und diese Geheimnisse und Verheißungen faszinierten sie.
Ohne sich von ihr zu lösen, rutschte Ethan vom Baumstamm auf den sandigen Boden und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Stamm. Und ehe Lily sich versah, hatte er sie bei der Taille gepackt und auf seinen Schoß gezogen. Sie spürte, wie er seine Finger in den Gürtelschlaufen ihrer Jeans verhakte, als wollte er sie nicht entkommen lassen. Mit der anderen Hand zog er sie an seine Brust.
Dieser innige Moment, dazu die nächtliche Stimmung am Fluss – Lily konnte sich keinen perfekteren Augenblick vorstellen. Das Gefühl von Ethans Lippen, der Druck seiner Erregung unter ihren gespreizten Schenkeln, das Mondlicht, das Rauschen des Flusses … Nicht einmal mit viel Fantasie hätte sie sich eine solche Situation ausmalen können.
Ihre Handflächen kribbelten, als sie ihre Finger sanft über sein weiches Baumwollhemd gleiten ließ. Sein kräftiger Oberkörper fühlte sich unter ihren Händen unglaublich gut an. Er hatte sie so eng an sich
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