Nie wieder Ferienhaus
aber wenn Maria Stuart diese Burg besessen hätte, Elisabeth I . wäre chancenlos gewesen!
Die Verteidigungsmechanismen waren ausgeklügelt. Nach dem ersten Tor musste man zunächst eine Hundertsechzig-Grad-Kehre überwinden, in der dem Angreifer von Tristan und Michel Algen über den Kopf geschmissen wurden; dann standen am nächsten Übergang Edda und Jonas bereit, um die Bösewichter mit Seetang zu bewerfen, und kurz vor der Schatztruhe wären sie sowieso unter einer Pommes-Schachtel begraben worden.
Die Burg hatte am Ende ein Außenmaß von bestimmt zwei mal drei Metern. Wir hatten sogar Schaulustige angezogen.
Dann kam die Flut!
Irgendwann konnten Michel und Tristan das Wasser auch durch die gewagtesten Deichbauten nicht mehr aufhalten.
Maria Stuart war verloren. Gut, das war sie in der Realität auch. Unsere Baumaßnahme veränderte zwar noch eine Weile die Topographie des Strandes, aber am nächsten Morgen würde von unserer Burg nichts mehr zu sehen sein; vielleicht würden noch zwei Miesmuscheln und drei Magnum-Stiele davon zeugen, dass hier Maria Stuart verteidigt werden sollte.
Wir saßen im Zeerover , als ich so langsam spürte, dass wir doch nicht an alles gedacht hatten. Natürlich mussten die Kinder mit mindestens Sonnenschutzfaktor dreißig vor Blessuren bewahrt werden. Das war auch geschehen. Es wäre aber durchaus sinnvoll gewesen, beim Papa ähnliche Präventivmaßnahmen vorzunehmen. Auf diese Idee war aber niemand gekommen.
Ich hatte mir einen gewaltigen Sonnenbrand gefangen! Wegen der immensen Sonnenbestrahlung, der ich einen ganzen Nachmittag lang ausgesetzt gewesen war, verzichtete ich auf das zweite Glas Grimbergen, sonst hätte ich den Sonnenbrand vielleicht sogar witzig gefunden.
Die Kinder waren im Bett. Anne schmierte mir den Rücken, die lädierten Oberschenkel und die Schultern mit After Sun ein. Aber es half nichts!
Ich liebe sie für ihre Gedanken: »Wir haben ja noch dreizehn Tage!«
Ich wusste nicht, wie ich liegen sollte. Auf dem Bauch ging nicht, auf dem Rücken auch nicht. Das waren perfekte Voraussetzungen für die Ausnutzung der Tandem-Achse.
Ich fand eine Liegeposition halb vorne, halb Seite, und ich las einen Roman von Donna Leon, Venezianische Scharade . Ich schaffte fast hundert Seiten. Natürlich war das Buch spannend, aber das war nicht der Grund. Wenn ich schlaftrunken das Buch nach rechts und mich nach links fallen ließ, dann spürte ich wieder, wie sich ganze Hautflächen zusammenzogen, wie sich zwischen weißem Hintern und rotem Rücken Temperaturunterschiede von bestimmt zwanzig Grad breit machten, und dann las ich zwangsläufig noch ein paar Seiten.
Ich lag im Bett, ich las ein gutes Buch und war im Großen und Ganzen mit meiner Situation zufrieden. War das nicht genau das, was man im Allgemeinen unter Urlaub verstand? Ja, das war es, und dann war es doch ziemlich egal, durch welche dummen Zufälle man in diese Situation gekommen war.
Ich räusperte mich noch ein paar Mal ziemlich laut, ich drehte mich mutwillig noch ein paar Mal geräuschvoll um, aber sie wurde nicht wach.
Schade! Ich hätte ihr gerne erklärt, woran das lag, dass Maria Stuart damals nicht gewonnen hat!
Petri Heil oder Die Fische haben es nicht leicht in Holland
Es war Tristan schon seit längerem ein Dorn im Auge, dass Michel und Jonas Angeln hatten – und einen Vater, der diesem Hobby durchaus zugetan war. Benedikt Büsinger hatte schon am dritten Tag im Angelladen in Westkapelle mit seinem Papa – wie sich das für einen Büsinger gehörte – gnadenlos zugeschlagen.
Es war nicht ganz wie bei Norbert. Norbert kam aus Stolberg, und Stolberg musste über perfekte Fischgründe verfügen, denn Norbert und sein Sohn Sebastian, die direkt gegenüber von Detlef standen, waren wirklich passionierte Angler.
Angler, also richtige Angler, das sind Menschen, die stundenlang mit ihrer Rute an einem Weiher sitzen, bewegungslos, und auf den Schwimmer ihrer Angel starren. Sie sprechen dabei nicht, die Angler, sie sitzen nur stumm da, und wenn von zwei Anglern der eine nach gut zwei Stunden die Beine übereinander schlägt, dann sagt der andere: »Angeln wir, oder tanzen wir Foxtrott?«
In Holland dürfen Kinder bis vierzehn Jahre angeln, an jedem Weiher oder Tümpel, ohne Angelschein, sie dürfen angeln. Das machen sich die holländischen Väter zunutze: Sie ziehen mit sechs Hochseeruten, die durchaus dazu geeignet wären, den von Hemingway beschriebenen Marlin zu bergen, an den
Weitere Kostenlose Bücher