Nie Wirst Du Entkommen
zusammengezogenen Brauen.
»Denise ist in Harrisons Büro. Vito ist unten mit den Jungs, die die schweren Teile rausgeschleppt haben. Jon ist vorbeigekommen.« Sie lächelte. »Und Robin hat Suppe vorbeigeschickt.«
Aidan schnitt eine übertriebene Grimasse. »Und das einer Suppenphobikerin.«
Sie lachte leise, und ihre Wangen wurden einen Hauch rosiger, und er wusste, sie dachte an den Abend zuvor, als er dasselbe gesagt hatte, während er auf ihr gelegen hatte und ihre Brüste liebkost hatte. Er musste plötzlich unruhig von einem Fuß auf den anderen treten, als sich ein bestimmter Körperteil zu regen begann.
Sie räusperte sich. »Amy hat eine Pflanze mitgebracht. Sie hat den grünen Daumen, aber ich werde das Ding vermutlich im Handumdrehen umgebracht haben.« Sie biss sich auf die Lippen. »Warum seid ihr gekommen?«
»Bacon hat sich nicht selbst umgebracht, Tess«, antwortete Aidan ohne Umschweife. »Er wurde ermordet.«
Sie atmete langsam und kontrolliert aus. »Aha. Das heißt … es ist noch nicht zu Ende, richtig?«
»Nein. Ich will, dass du weiterhin vorsichtig bist. Wachsam bist. Und nie allein, verstanden?«
»Ich hatte schon befürchtet, dass es zu schön ist, um wahr zu sein. Und du ja schließlich auch. Ich werde auch Robin, Jon und Amy sagen, sie sollen weiterhin Augen und Ohren offen halten.«
Aidan wollte ihr am liebsten die Sorgenfalten um den Mund wegküssen. »Und sag es auch Vito.«
»Was?«, fragte Vito, der hinter ihnen eintrat.
»Dass die Legende weitergeht. Der Bursche mit den Kameras wurde ermordet. Meine Freunde sind immer noch in Gefahr.«
Vito zog die Stirn in Falten. »Na, fantastisch. Und was unternehmt ihr Jungs dagegen?«
»Wir ermitteln«, sagte Aidan ruhig. »Wann reisen Sie ab?«
Vitos Grinsen war im Grunde nur ein Entblößen der Zähne. »Nicht bald genug für Sie, Ace.«
Tess verdrehte die Augen. »Vito. Aidan, meine Eltern würden dich heute Abend gerne kennenlernen. Kann ich deine Küche benutzen? Ich möchte kochen.«
Er wollte sie so gerne berühren, dass er es schmecken konnte, aber Vitos finsterer Blick schweißte seine Hände in den Taschen fest. »Hast du den Schlüssel noch?«
»Ja. Wird Dolly mich auffressen wollen?«
»Wahrscheinlich nicht. Wenn sie knurrt, sag Rachel Bescheid. Sie kommt um drei von der Schule. Ich sehe dich dann bei mir um sieben, okay?«
»Sagen wir acht.« Ihre Augen wurden dunkler. »Harrisons Totenwache ist um sieben.«
»Ich komme mit dir. Aber jetzt müssen wir los.« Er warf Vito einen Blick zu. »Um zu ermitteln.«
Auf dem Weg zum Fahrstuhl bedachte Murphy ihn mit einem vergnügten Seitenblick. »Eltern?«
»Spende einfach meine Lebensversicherung einer gemeinnützigen Organisation, okay, Murphy?«
Murphy lachte. »Okay, Ace.«
Donnerstag, 16. März, 11.00 Uhr
Andrew Poston war der Sohn eines Richters und daher bereits auf Kaution frei, während die anderen Jungen, die Marie Koutrell vergewaltigt hatten – die aus ärmeren Familien – noch in Untersuchungshaft saßen. Poston hatte bei seiner Anhörung ein knappes »Nicht schuldig« von sich gegeben und dann gemurmelt, wenn er die Person finden würde, die ihn verpfiffen hätte, würde er sie mit bloßen Händen erwürgen.
Poston hatte sehr große Hände, daher war die Drohung sicherlich keine leere. Sein Anwalt hatte ihm geraten, den Mund zu halten, und Poston hatte reagiert, indem er dem Mann mit kreativen Wortschöpfungen gesagt hatte, wohin er sich seinen Rat schieben könne. Alles in allem hatte der Junge einen gewissen Stil. Er würde in ein paar Jahren ein ziemlich einflussreicher Mensch sein, wenn es ihm gelingen sollte, seinen Hintern aus dem Gefängnis zu halten. Was durchaus ein Problem sein konnte. Das Opfer hatte ihn namentlich genannt. Das allein wäre noch nicht so schlimm; es gab ein halbes Dutzend andere Jungen, die beschwören wollten, dass es sich um gegenseitiges Einvernehmen gehandelt hatte. Aber ein anderer Zeuge hatte anonym die Anklage bestätigt und behauptet, der Junge sei im Haus des Opfer gewesen und habe das Mädchen im betrunkenen Zustand belästigt.
Dieser anonyme Zeuge musste beseitigt werden, oder Andrew Poston würde in absehbarer Zeit ein Vorstrafenregister besitzen. Eine Nacht Spaß mit einer Schlampe, die förmlich darum gebettelt hatte, konnte das Leben eines jungen Mannes zerstören. Also musste der Zeuge weg.
Dass dieser Zeuge außerdem der schnellste Weg zu Aidan Reagan bedeutete, war reines Glück. Kismet. Richtig
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