Nie Wirst Du Entkommen
einem Elektronikhändler arbeitete. Ich habe ihre Telefonabrechnungen und ihre Bankunterlagen durchgesehen, aber keine Überschneidung gefunden. Das Einzige, was sie gemein hatten, war, dass sie Geld brauchten. Aber Rivera hat ihre alte Wohnung für eine lausige Bude aufgeben müssen, weil sie die Miete nicht mehr zahlen konnte. Falls sie Geld von unserem Burschen bekommen hat, hat sie das nicht für die Miete ausgegeben. Ich treffe mich nachher mit einer ehemaligen Mitbewohnerin von ihr. Vielleicht erfahre ich da etwas Nützliches.«
»Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
Als Spinnelli fort war, kam Abe mit ein paar Zetteln in der Hand herüber. »Ich habe den Papierkram für Clayborn erledigt.« Er grinste. »Tess hat ihm anständig eins übergebraten, Aidan. Er sah aus, wie nach ein paar Runden im Ring.«
Aidan schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob ich je zuvor in meinem Leben solche Angst gehabt habe.«
»Das Gefühl kenne ich. Hör mal, Mia und ich haben Clayborn gestern Abend stundenlang bearbeitet. Er hat schließlich gestanden, warum er nicht wollte, dass sein Bericht an die Öffentlichkeit gerät.« Abe verdrehte die Augen. »Er hat sich bei der Polizeiakademie beworben und wollte nicht, dass seine psychiatrische Vorgeschichte seine Chancen verdirbt.«
Aidan zog den Kopf ein. »Man sollte doch meinen, dass er schon vorher durch sein Persönlichkeitsprofil ausgesiebt worden wäre.«
»Das kann man nur hoffen. Außerdem hat uns interessiert, woher er wusste, dass Tess mit dir in Moms und Dads Haus war. Er hat schließlich zugegeben, dass er angerufen worden ist. Jemand hat ihm gesagt, wo er suchen soll. Er wollte uns nicht sagen, wer, aber ich habe seine Handy- und Festnetznummeraufstellung angefordert. Da ist ein Einweghandy bei, und mir ist ein Gedanke gekommen. Hast du den Nummernnachweis von Tess’ Telefonen?«
Aidan suchte durch seine Ablage, bis er die Liste ihres Praxistelefons hatte.
»Sie hat nur einen Anruf auf der privaten Festnetzleitung – in der Nacht, in der Cynthia Adams starb. Die anderen beiden gingen in der Praxis ein.« Er sah finster zu Abe auf. »Sie hat uns nicht erlaubt, ihre Praxisleitung anzuzapfen. Ärztliche Schweigepflicht.«
»Und euer Bursche weiß das«, sagte Abe. »Nutzt es aus, dass sie sich an die ethischen Maßstäbe hält.«
Aidan verglich Clayborns Nummernaufstellung mit Tess’, und sein Puls beschleunigte sich. »Ein Treffer. Dieser Anruf, der ihr von Seward berichtet hat. Nicole Rivera hat den Anruf getätigt.« Er schaute wieder zu Abe auf. »In Riveras Wohnung haben wir aber kein Handy entdeckt.«
»Dann hat ihr Mörder es mitgenommen.«
»Mitsamt dem Mantel und der Perücke. Die Nummer ist jedenfalls dieselbe. Dieses Schwein. Er hat Clayborn verraten, wo er sie finden kann.«
»Wir haben Clayborns Namen nicht veröffentlicht, Aidan. Allerdings haben wir eine Personenbeschreibung ausgegeben.« Aidan biss die Zähne zusammen. »Er weiß also, dass sie mit mir zusammen ist. Er hat Clayborn quasi ein blutiges Stück Fleisch vor die Nase geworfen. Dieser miese, elende Schweinehund. Anscheinend findet er immer jemanden, der die Drecksarbeit für ihn erledigt.« Er senkte seinen Blick wieder auf die Nummernliste von Tess’ Praxistelefon. Und zog die Brauen zusammen. »Das ist mir bisher noch gar nicht aufgefallen. Ich war so beschäftigt mit den eingehenden Anrufen, dass ich auf die ausgehenden nicht geachtet habe.«
Abe stellte sich hinter ihn und sah auf die Liste. »Du meinst die 911?«
»Ja. Tess hat den Anruf, bei dem es um Seward ging, um drei Uhr fünfzehn bekommen. Sie hat mir erzählt, sie ist hinausgelaufen und hat Denise gesagt, sie soll den Notruf wählen.«
»Denise war die Empfangsfrau?«
»Genau.« Sein Blick wurde noch finsterer, und er legte die Liste von Tess’ Handyverbindungen daneben. »Sie hat mich um fünfzehn Uhr zweiundzwanzig angerufen, sieben Minuten später.«
Abe richtete sich kerzengerade auf. »Aber Denise hat die 911 erst zehn Minuten, nachdem Tess wieder aufgelegt hat, gewählt.«
Aidan sah seinen Bruder über die Schulter hinweg an. »Tess meinte, sie hätte sich gewundert, warum die Cops so lange gebraucht hätten, um bei Seward einzutreffen. Sie wollte eigentlich nicht eingreifen, aber dann hat Seward seine Frau mit der Waffe bedroht. Sie ist davon ausgegangen, dass die Polizei vor ihr hätte dort sein müssen.«
»Und das wären sie auch gewesen, wenn Denise sofort angerufen hätte, wie sie es hätte tun
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