Nie Wirst Du Entkommen
und hat Hunger.« Sie gingen am Fahrstuhl vorbei zur Treppe.
»Dr. Ciccotelli?«
Sie erstarrte, als sie die Stimme hinter sich hörte.
»Reporter«, knurrte Vito. »Geh weiter.«
»Moment.« Es war eine junge Frau in einem konservativen Kostüm. »Sind Sie Dr. Ciccotelli?«
»Ja. Und Sie?«
Die Frau hielt ihr ein dickes Bündel Papiere entgegen. Ihre Miene verriet nichts. »Ich soll Ihnen das zustellen.«
Verdattert nahm Tess das Bündel und überflog die erste Seite. »Ich werde verklagt.«
Vito nahm ihr die Papiere aus der Hand. »Von wem?« Rasch las er die Seite. »Deine Patienten verklagen dich, weil du ihre Akten der Polizei übergeben hast?« Er sah stirnrunzelnd auf. »Das war ein richterlicher Beschluss. Du hattest keine Wahl.«
Sie nahm ihm die Papiere wieder ab und lachte tonlos. »Schmerzensgeld. Fünf Millionen Dollar. Damit kommen sie nicht durch, aber ich habe erst einmal den Ärger und die Kosten am Hals.«
»Woher wissen die denn, dass du die Akten übergeben hast?«
Tess schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. In den Nachrichten haben sie nichts davon gesagt. Gott. Was noch?«
Und wie aufs Stichwort klingelte ihr Handy, und das Display zeigte eine Nummer, die sie nicht kannte. Obwohl sie am liebsten nicht reagiert hätte, befürchtete sie, es könne ihre Mutter aus dem Hotel sein, und drückte auf ›Annehmen‹. »Ciccotelli.«
»Tess? Hier ist Rachel.« Das Mädchen klang seltsam. Unheimlich. »Ich … ich brauche Hilfe. Dringend.«
Tess hörte einen Moment zu, dann rannte sie auf die Treppe zu. »Schnell, Vito.«
Donnerstag, 16. März, 13.30 Uhr
Aidan sah auf, als die braune Tüte auf seinem Tisch landete. Spinnelli sah auf ihn herab und wirkte reuig. »Glückwunsch.«
Aidan öffnete die Tüte und schnupperte daran. »Baklava. Ich bin gerührt, Marc«, sagte er trocken.
»Man munkelt, damit ließen Sie sich am ehesten bestechen.« Sein Lächeln war kurz, dann wurde er wieder ernst. »Sie hatten recht mit Bacon. Und Sie hatten außerdem recht, dass meine Bemerkung heute Morgen unangemessen war. Sie haben saubere Arbeit geleistet.«
Aidans Wangen wurden warm. Er zuckte die Achseln. »Aber Sie hatten teilweise auch recht. Ich habe tatsächlich ein persönliches Interesse an dem Fall.« Er deutete auf einen Stapel Akten. »Ich habe den Danny-Morris-Fall seit zwei Tagen nicht mehr angerührt. Sein Vater könnte inzwischen schon in Mexiko sein.«
»Ist er nicht. Er versteckt sich irgendwo. Und er wird irgendwann wieder auftauchen.«
»Sie scheinen sich da sehr sicher zu sein.«
Spinnelli setzte sich auf die Tischkante. »Bin ich. Dannys Vater hat sich einen feuchten Staub um sein Kind gekümmert. Er hat den Jungen höchstens als Eigentum betrachtet, als einen Gegenstand, über den man Verfügungsgewalt hat. Und er kommt gar nicht auf die Idee, dass es Leute gibt, die das anders sehen könnten. Aber es gibt solche Leute wie Sie, und wenn er aus seinem Loch kriecht, dann stehen Sie da und warten. Wenn Sie heute Abend nach Hause gehen, sehen Sie noch mal an den Orten nach, wo er sich normalerweise aufhält. Zeigen Sie sich so oft, bis seine Freunde nervös werden. Irgendjemand wird schon reden.«
»Danke.« Und er meinte es ernst. Er hatte ein schlechtes Gewissen gehabt, dass er den Fall dieses armen Kindes vernachlässigt hatte.
Spinnelli verschränkte die Arme vor der Brust. »Also, was haben wir, Aidan?«
»Nachdem wir Bacons Versteck hinter der Tapete gefunden hatten, haben wir Rick angerufen. Der meinte, diese Typen hätten meistens ein Back-up von ihren Dateien. Murphy ist jetzt in Bacons Lagerraum. Wir haben beschlossen, uns aufzuteilen. Ich bin zurückgekommen, um eine Verbindung zwischen David Bacon und Nicole Rivera zu unserem Täter auszuarbeiten.«
»Gute Arbeit«, sagte Spinnelli. »Das mit dem Lagerraum.«
»Das war keine große Kunst. Nachdem wir den Durchsuchungsbefehl für das Haus seiner Mutter bekommen hatten, haben wir in ihrer Küchenschublade Quittungen für das Lager gefunden.« Aidan schnupperte mit angewiderter Miene an seinem Ärmel. »Diesen Anzug kriege ich nie wieder geruchsfrei.«
Spinnelli lachte leise. »Ich wollte ja nichts sagen, aber ich denke auch, Sie sollten sich umziehen, bevor Sie Tess heute Abend abholen.« Sein Blick wurde wieder scharf. »Und haben Sie eine Verbindung gefunden?«
Aidan betrachtete angewidert den Stapel Papiere auf seinem Tisch. »Noch nicht. Rivera war Schauspielerin und Kellnerin. Bacon ein Ex-Knackie, der bei
Weitere Kostenlose Bücher