Niedersachsen Mafia
drehte sie in den
Handgelenken. Dann zog er eine Grimasse. »S-t-r-u-n-z. Was erlauben sich dieser
Mann? Flasche leeer«, imitierte er den gleichnamigen Extrainer Bayern Münchens
mit dessen Kult gewordenem Zitat.
»Verkaufen Sie uns nicht für dumm.«
Rossi tippte sich theatralisch an die Brust. »Ich bin Italiener. Wir
sind alle fußballversessen. Für uns gibt es nichts Schöneres, als gemeinsam vor
dem Fernseher zu sitzen und mit unseren Mannschaften mitzufiebern. Da habe ich
Massimo Trapattoni kennengelernt.«
»Er ist also ein enger Freund von Ihnen?«
»Enger Freund! Was heißt enger Freund?«
»Immerhin sind Sie so vertraut, dass er Ihnen seinen Alfa leiht.«
»Sì. Schickes Auto. Manchmal habe ich Verlangen danach, ein
italienisches Auto zu fahren. Das ist, als wenn Sie statt Ihrer langweiligen
deutschen Ehefrau Sophia Loren küssen.«
»Und weshalb war gestern Ihr Mitarbeiter mit dem Alfa in Lüneburg?«
Das Erschrecken in Rossis Augen war unübersehbar. Er schnappte
förmlich nach Luft und rang nach Worten.
»Welcher Mitarbeiter?«, stieß er endlich hervor.
»Der türkische. Wie heißt er übrigens?«
»Wir haben jede Menge Türken. Welchen meinen Sie?«
»Nun stellen Sie sich nicht dumm. Oder sollen wir Ihre
Gehaltsbuchhaltung beschlagnahmen?« Dabei zeigte Frauke auf die blonde
Mitarbeiterin, von der sie wusste, dass sie Johanna hieß. »Dann laden wir alle
Ihre Mitarbeiter, auch sämtliche Aushilfen der letzten Jahre, vor, um den
Fahrer des Alfas zu identifizieren.«
»Ich weiß nichts davon, dass jemand mit dem Alfa gefahren ist.«
Frauke holte ihren Organizer hervor und zeigte Rossi das Bild mit
dem Alfa und dem Mann, den die Polizei am Vortag in Lüneburg fotografiert
hatte.
»Wer ist das?«
Rossi betrachtete das Bild lange. Er kniff dabei die Augen zusammen
und tat, als müsse er intensiv nachdenken. Dann sagte er: »Das ist Necmi.«
»Necmi der Vierzehnte? Oder hat er auch einen Zunamen?«
»Necmi Özden.« Rossi schlug wütend mit der Faust auf den Tisch. »Der
Hund. Gestern ist er nicht zur Arbeit erschienen. Stattdessen hat er sich den
Schlüssel genommen und ist mit dem Alfa unterwegs gewesen. Wenn ich den zu
fassen kriege.«
»Wo ist Özden heute?«
»Keine Ahnung.« Dann wandte sich Rossi an die Kontoristin. »Johanna.
Wo steckt der Kerl?«
»Heute ist Freitag«, überlegte die Blonde laut. »Dann ist er auf dem
Wochenmarkt in Stöcken. In der Hogrefestraße.«
»War’s das? Kann ich jetzt weiterarbeiten?«, fragte Rossi sichtlich
gereizt.
»Wir haben noch eine weitere Frage. Wie kommt das Motorrad auf den
Lkw, der das Gemüse nach Weißrussland bringen sollte?«
»Was wissen Sie von der Moto Guzzi?«
»Wir haben tüchtige Behörden in Deutschland«, wich Frauke aus.
Rossi unternahm klugerweise gar nicht erst den Versuch, zu leugnen.
»Das gehört unserem russischen Geschäftspartner. Er ist ganz vernarrt in die
Moto Guzzi. Nun musste die Maschine zur Inspektion. Okay. Das war vielleicht
nicht in Ordnung, dass die Moto Guzzi mit dem Gemüselaster transportiert wurde.
Wir haben die Rechnung für die Inspektion erst einmal verauslagt. Johanna!«
Die Blonde wedelte mit einem Blatt Papier und reichte es Frauke. Sie
warf einen kurzen Blick darauf. Es war eine ordnungsgemäße Werkstattrechnung.
Sogar das weißrussische Kennzeichen stimmte. Frauke bat Johanna um eine
Fotokopie.
Mehr war nicht in Erfahrung zu bringen. Es schien, als hätte Rossi
auf alle Fragen eine Antwort, die die Polizei im Augenblick nicht widerlegen
konnte. Falls der Mann aber doch in Verbindung mit der Organisation stand,
würde der heutige Besuch bei ihm die Hintermänner noch mehr aufgeschreckt
haben.
Auf der Dienststelle suchte Frauke Schwarczers Büro auf, aber der
Kommissar war noch beim Verhör Trapattonis, erfuhr sie von einem Kollegen.
Madsack war außer Haus, ohne zu hinterlassen, wo er sich aufhielt. Sie wählte
seine Handynummer an. Der Hauptkommissar meldete sich schwer atmend, so als
hätte er die oberste Etage eines höheren Hauses zu Fuß erklommen.
»Wo stecken Sie, Madsack?«, schimpfte Frauke.
»Ich bin in der Hogrefestraße in Stöcken.«
»Wo ist das, und was tun Sie da, zum Teufel?«
»Das ist am westlichen Rand Hannovers, ein kurzes Stück hinter den
Herrenhäuser Gärten. Die Straße selbst ist nahe dem Stadtfriedhof Stöcken.«
»Was suchen Sie auf dem Friedhof? Wir bekommen die Leichen frei Haus
geliefert und müssen uns nicht selbst um den Nachschub
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