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Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Niederschlag - ein Wyatt-Roman

Titel: Niederschlag - ein Wyatt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PULP MASTER Frank Nowatzki Verlag GbR
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beide Frauen auf dem Boden lagen, sagte er: »Bleiben Sie bitte unten. Fünf Minuten.«
    Die eine nickte, die Redselige sagte: »Ja«, aber da war der Mann längst verschwunden.
    Das Motorrad stand auf der Ladefläche eines Lasters. Mit Hilfe von Schlamm und Dreck, mit Hilfe einiger beigebrachter Beulen und eines lädierten Scheinwerfers hatte der Bandit ein Farmer-Bike daraus gemacht. Gemächlich fuhr er mit dem Laster aus der Stadt, einen Ellbogen auf dem offenen Fenster, ein bekanntes Ärgernis für Busfahrer, Trucker und Handlungsreisende, und bald hatte die Landschaft ihn verschluckt, war die Erinnerung an ihn ausgelöscht.
    Er stellte den Laster auf einem Feldweg ab und wechselte auf das Motorrad. Diesmal war es eine Honda und er hatte sie in Preston gestohlen. Auf seinem Weg zurück in die Stadt geriet er in einen Sturm, heftige Winde und peitschender Regen, doch am Abend stand er auf dem Balkon seines Apartments und blickte über Southgate und den Abschnitt des Yarra River zwischen dem Casino und der Princes Bridge.
    Um acht Uhr ging er wieder hinaus in den Sturm und machte sich auf zum Casino, um herauszufinden, ob die zwölf Riesen, die er heute eingenommen hatte, sich vermehren ließen. Gegen Morgen würde er sich die Frühausgabe der Herald Sun beschaffen und damit eine weitere Buschbandit-Story für sein Album.
    Buschbandit — das war sein Name in der Öffentlichkeit. Ray oder Raymond, so hatten ihn seine bereits verstorbenen Eltern genannt. Doch Raymond wollte einfach nur Wyatt genannt werden. Ein Name wie ein Peitschenhieb. Das gefiel ihm.
    Aber sein Onkel hieß Wyatt.

    EINS

    Einhundert Kilometer südöstlich der City brachte der Kriminelle mit Namen Wyatt eine beschädigte Yacht aus der sturmdurchtosten See der Bass Strait in die ruhigeren Gewässer der Westernport Bay und beendete so eine siebentägige Reise mit Ausgangspunkt Port Vila. Es war 4 Uhr 15, kurz vor Morgengrauen. Nur fünf Stunden zuvor war der korrupte Polizist Springett über Bord gespült worden. Wyatts noch verbliebener Passagier, die Frau, die Springett in Port Vila verhaftet hatte, lag schlafend in ihrer Koje. Wyatt reffte die zerrissenen Segel und schaltete den Außenbordmotor an. Die Yacht tuckerte zwischen den roten und grünen Markierungen hindurch, folgte dem Kanal zu dem kleinen Landungssteg am Ufer vor Hastings. Liz Redding rührte sich nicht, nicht einmal als Wyatt Anker warf, seine Kleidung mit Hilfe einer wasserabweisenden Jacke zu einem Bündel schnürte, über Bord sprang und verschwand. Sie war so müde, so träge, stand zu sehr unter dem Einfluss von Mogadon, das er ihr zu diesem Zweck untergeschoben hatte.
    Schlotternd mühte er sich aus dem Wasser. Im Schutze einer Stützmauer aus Beton frottierte er sich mit einem Handtuch von der Yacht, zog sich schnell an, linste dabei immer mal wieder über die Mauer, um nach Fischern, Streifenwagen oder Schlaflosen Ausschau zu halten. Hinter einer Abschirmung aus Uferbäumen schimmerte Straßenbeleuchtung; Verwaltungsgebäude, die im Licht der Natriumlampen gespenstisch weiß wirkten; Reihen verschlafener kleiner Häuser; ein Swimmingpool und ein Kiosk; eine Hütte am Anlegesteg, wo Fisch verkauft wurde; und zu seiner Linken ein dichter Wald aus Masten der Yachten, die hinter einem Sicherheitszaun gegen Wirbelstürme im Trockendock lagen.
    Er brauchte einen Wagen.
    Führe er jetzt los, wäre er zu einem Zeitpunkt in Melbourne, wo die meisten Leute vom Klingeln ihrer Wecker aus dem Schlaf gerissen wurden. Wäre sein Äußeres weniger auffällig — ein Fremder, der im Morgengrauen mit nassem Haar aus Richtung des Yachthafens kommt —, könnte er eines der hiesigen Taxis nehmen. Andererseits wäre da noch der Zug, der Bummelzug aus Stony Point mit Anschluss an den Melbourne-Express in Frankston, aber das bedeutete zu viele Faktoren, auf die er keinen Einfluss hatte und die ihm einen Strich durch die Rechnung zu machen drohten — geänderte Abfahrtszeiten, neugierige Fahrkartenkontrolleure, defekte Schranken. Oder per Anhalter? Doch wer würde ihn mitnehmen? Wyatt wusste, dass sein düsterer Gesichtsausdruck, seine große, geschmeidige Gestalt, sein Erscheinen am Rande der Straße für jeden Autofahrer Gefahr und Zurückhaltung bedeutete.
    Also blieb ihm nichts anderes übrig, als ein Auto zu stehlen, und zwar eines, das während der

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