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Niedertracht. Alpenkrimi

Niedertracht. Alpenkrimi

Titel: Niedertracht. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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in die Felsen geschlagenen Weg, der durch die Klamm führte, gut beobachten. So etwas liebte Swoboda: den freien Blick nach allen Seiten. Nach den Berechnungen Schratzenstallers musste der Schweizer Mittelfeldspieler vor einer Viertelstunde noch hier gestanden haben, jetzt allerdings war weit und breit niemand mehr zu sehen. Swoboda suchte jeden Zentimeter der Aussichtsbucht ab. Vielleicht fand er noch frische Spuren von helvetischen Exzessen. Aber was erwartete er? Ein paar Brösel Crack? Ein paar Krümel Marihuana? Ein verbotener Nachdruck von Johanna Spyris »Heidi«? Nichts. Der Mittelfeldspieler hatte sich hier aufgehalten und war äußerst erregt gewesen, hatte aber keine Spuren hinterlassen. So was kommt vor. Plötzlich stutzte Swoboda. Ganz ergebnislos war sein Ausflug in die Partnachklamm dann doch nicht gewesen. In der Ferne erblickte er einen Mann, der ebenfalls einen festen Regenmantel trug. Der Mann ging den Weg hinauf, er blieb immer wieder stehen, um zu telefonieren, dann stapfte er weiter. Swoboda ließ ihn mit holländischer Höflichkeit vorbeigehen und verfolgte ihn in sicherem Abstand, doch der Mann war ohnehin auf den holprigen Weg und das Telefonat konzentriert. Swoboda hatte ihn sofort am Gang erkannt und an der heftigen Wolke von billigem Rasierwasser, mit der er sich am ganzen Körper besprüht hatte. Schöne Tarnung, grinste Swoboda. Als Luigi Odore an seinem Ziel oberhalb der Partnachklamm angekommen war, blickte er sich flüchtig um und betrat ein Gebäude mit dem Namen
Forsthotel Klammrauschen
. Dort wohnte er also. Ganz furchtbar tolles Versteck, dachte Swoboda.
     
    Beim Rückweg vom Grasberg ging Schratzenstaller noch bei der Metzgerei Kallinger vorbei, um ein paar Pfund Leberkäse einzukaufen, er vertraute Swoboda in dieser Hinsicht nicht mehr. Der Kallinger’sche Leberkäse war begehrt, die Warteschlange war demzufolge groß, sie reichte oft bis auf die Straße hinaus. Niemand störte sich daran, man vertrieb sich die Wartezeit mit Klatsch und Tratsch. Das interessierte den weltabgewandten Querkopf Alois Schratzenstaller normalerweise nicht, aber bei dem heutigen Tagesgespräch wurde er hellhörig.
     
    »Falschgeld? Bei uns im Ort?«
    »Ja, die Altmüllerin haben sie verhaftet deswegen!«
    »Die kreuzbrave Frau!? Die ihr ganzes Leben lang nie aus ihrem Laden herausgekommen ist!«
    »Ja, das sind die Schlimmsten. Die so nett und unauffällig tun. Und es dann ganz faustdick hinter den Ohren haben. Die Altmüllerin soll der Kopf eines europaweit agierenden Falschgeldrings sein!«
    »Geh zu. Der Felsnischenmörder mordet ungestört, und eine alte Frau sperren sie ein!«
    »Der Felsnischenmörder? Ja, weißt du das noch nicht: Der Felsnischenmörder ist doch jetzt gefasst worden!«
     
    Alois Schratzenstaller erfuhr weiterhin, dass der junge Helmbrechtsberger Xaver zum islamischen Glauben übergetreten war, dass der Raab Schorschi zwei Tage nach seiner Pensionierung gestorben ist, dass der Löderburg Stefan ein ganz ausg’schaamter Bazi war, ein ganz ausg’schaamter, er erfuhr ferner, dass das Bauerntheater endlich wieder das beliebte Volksstück
Die pfiffige Urschl
im Programm hatte – und dass der gemeine Felsnischenmörder sicher und bequem in der hiesigen Justizvollzugsanstalt saß.
    »Wahrscheinlich mit Farbfernseher und Fußmassage!«, sagte eine Frau und nickte so heftig, dass ihr der Dutt aufzugehen drohte. Dann aber stürzte der Baiermayer Severin herein. Er lief puterrot an und platzte mit der neuesten Nachricht heraus:
    »Irgendwo da draußen – hängt ein unschuldiges Kind in der Wand.«
     
    »Ein Kind!«, rief Swoboda entrüstet, als ihm Schratzenstaller all die Neuigkeiten erzählte. »Das ist übel. Das ist mehr als übel. Weißt du, wer es ist?«
    »Die Tochter vom Neuner Heinz. Sein Vater ist ein Schwager von einem Großonkel von mir. Wir sind sozusagen ein bisserl verwandt.«
    »Ihr seids hier alle sozusagen ein bisserl verwandt. Und das erklärt auch manches. Aber jetzt zu dem Kind. Es wird vermisst, sagst du?«
    Schratzenstaller hatte den Problemlöser noch nie so sauer gesehen. Aufgeregt ging Swoboda im Zimmer auf und ab. Es arbeitete in ihm. Dann blieb er abrupt stehen und blickte aus dem Fenster. Das war seine Art, sich zu konzentrieren. Er drehte sich um und blickte Schratzenstaller an.
    »Was meinst du? Sollen wir in diesem Fall der verhassten Staatsmacht ausnahmsweise einmal unter die Arme greifen?«
    Schratzenstaller nickte.
    »Mein Vorschlag: Du gibst

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