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Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters

Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters

Titel: Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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werden.
    Zunächst führte Bohr für die Umlaufbahnen (englisch »Orbits«) der Elektronen das ein, was in der Folge Hauptquantenzahl genannt wurde und den Buchstaben n bekam. Die Zahl n konnte die Werte 1, 2, 3, ... annehmen. Da Bohr es immer allen recht machen wollte, gebrauchte er für den Aufenthaltsbereich der Elektronen neben dem Ausdruck der Physiker, »Orbit«, auch das Wort »Schale«, das die Chemiker eingeführt hatten und weiterhin bevorzugten. Ihrer Ansicht nach konnten sich die Elektronen um den zentralen Kern herum in unterschiedlichen Schalen bewegen, die man sich als mögliche Aufenthaltsbereiche anschaulich vorstellte (ohne zu verstehen, wie sie zustande kommen), so wie sie Menschen in einem Theater zur Verfügung stehen, in dem sie im Rang, im Parkett, auf dem Balkon oder in einer Loge sitzen können. Diese chemischen Elektronenschalen bezeichneten die Forscher mit Großbuchstaben, etwa mit K, L oder M.
    Viele Menschen, die sich heute Atome vorzustellen versuchen, ziehen nach wie vor die Idee der (chemischen) Schalen den (physikalischen) Bahnen vor, vermutlich aus dem zutreffenden Gefühl heraus, dass die Elektronen nicht nur dort agieren oder präsent sind, wo sie sich gerade als Teilchen aufhalten, sondern dass ihnen ein umfassender Wirkbereich im Atom zukommt, eben der der jeweiligen Schale, zu der sie gehören und die sie zugleich ausmachen – wobei es natürlich möglich ist, dass ein solches physikalisches Gelände Platz für mehrere umlaufende Elektronen bietet.

    Da Bohr durch Sommerfelds Beiträge die Überzeugung gewonnen hatte, dass es im Atom durch allerlei (zu seiner Zeit noch unbekannte) Einflüsse zu Verzerrungen der ursprünglichen Kreisbahn kommen konnte, schien es ihm angebracht, dafür eine weitere Quantenzahl einzuführen. Sie wird allgemein durch ein kleingeschriebenes k angegeben und könnte eigentlich Nebenquantenzahl heißen. Physiker sprechen aber von der Azimutquantenzahl, wobei »azimut« (arabisch für »Richtung«) ein Terminus aus der Astronomie ist, der einen nach Himmelsrichtungen orientierten Horizontalwinkel bezeichnet. Die Ellipsen, die Sommerfeld als mögliche Elektronenbahnen in seine Rechnungen aufgenommen hatte, konnten in seinen Vorstellungen und Berechnungen durch ihre Hauptachse in verschiedene Richtungen weisen, und dieser Vielfalt trug Bohr mit der Azimutquantenzahl Rechnung. Sie ist als Nebenzahl so konzipiert, dass sie nicht größer als die Hauptzahl werden kann, was aber zugleich auch bedeutet, dass sie alle Werte annehmen kann, die kleiner als die Bestimmungsgröße der Umlaufbahnen beziehungsweise Elektronenschalen sind.
    Nach dem Zählen der Elektronen wandte sich Bohr dem Atomkern zu, der aus positiven Teilen oder Teilchen bestehen musste; Rutherford hatte vorgeschlagen, im Kern des Wasserstoffs von einem einzelnen Baustein auszugehen, den er Proton nannte. Bohr stellte sich vor, dass in einem Atom zu einem Elektron in einer Schale ein Proton in einem Kern gehört, was von einer Kernladungszahl oder Ordnungszahl eines Elements zu sprechen erlaubt. Diese Ordnungszahl, Z genannt, ist identisch mit der Ladungszahl des Atomkerns. Dem Wasserstoff mit einem Proton als Kern kam die Ordnungszahl 1 zu. Ihm folgte das Helium mit der Ordnungszahl 2, dem sich die erste umfassende Periode von Elementen anschloss, die mit Lithium begann und unter anderem über Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff zu Neon führte. Nach acht Elementen setzte eine neue Periode mit ebenfalls acht Elementen ein, die sich von Natrium über Phosphor und Schwefel zu Argon erstreckte.
    Dann wurde es richtig kompliziert. Bohr ließ sich aber dadurch nicht entmutigen, sondern probierte ein sogenanntes Aufbauprinzip
aus, mit dem die bei den Chemikern beliebten Schalen durch so viele Elektronen aufgefüllt werden sollten, wie die neu eingeführten Quantenzahlen erlaubten. Er stellte sich vor, zu einem vorgegebenen Ausgangsatom mit Z-Protonen und entsprechend vielen Elektronen jeweils einen positiven beziehungsweise negativen Baustein hinzufügen zu können, wobei er die Bedingung einführte, dass die Addition eines weiteren Elektrons die Quantenzahlen der bereits vorhandenen unverändert lassen solle.
    Dies alles mag zunächst willkürlich erscheinen; man sollte sich aber auch fragen, ob hier nicht exemplarisch etwas geschieht, das der traditionellen Sicht der Wissenschaft entgegenläuft. Im Normalfall sprechen wir davon, dass Forscher etwas entdecken – Rutherford entdeckt den

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