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Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters

Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters

Titel: Niels Bohr - Physiker und Philosoph des Atomzeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
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    Niels Bohr und Albert Einstein auf einem Spaziergang in Brüssel, 1930

    Grundsätzlich gilt Folgendes: Je genauer man die Masse des Photons bestimmen will, desto mehr Zeit muss man der Feder geben, zur Ruhe zu kommen. Damit wächst natürlich die Ungenauigkeit der Zeitbestimmung. Bohr konnte demonstrieren, dass mit diesen Überlegungen auch in dem von Einstein ausgedachten Kasten die Ermittlungen von Energie und Zeit mit genau der Unbestimmtheit versehen sind, die in den Relationen von Heisenberg behauptet wird.
    Mit diesem Argument triumphierte Bohr über Einstein, sechs Jahre nachdem in der Frage der Dualität des Lichts Einstein über Bohr triumphiert hatte. Einstein akzeptierte Bohrs Ableitung und Lösung und erkannte auf diese Weise einen Aspekt der Komplementarität an, und zwar den physikalischen beziehungsweise quantitativen Aspekt. Er drückt aus, dass unser mögliches Wissen über die physikalische Welt Begrenzungen unterliegt, die die Quantenmechanik korrekt angeben kann. Diese Begrenzung hängt mit der Beobachtung eines Systems zusammen. Das heißt nicht, wie oft salopp
gesagt wird, dass ein Beobachter ein System »stört«, wenn er es untersucht. Er greift aber in einer Weise in seine Wirklichkeit ein, der nicht Rechnung getragen werden kann.
    Bohr warnte in seiner Beschreibung der Diskussionen mit Einstein ausdrücklich davor, Wendungen wie »Störung der Phänomene durch eine Beobachtung« zu verwenden. Denn »solche Ausdrücke, die wohl zur Erinnerung an scheinbare Paradoxien in der Quantentheorie dienen mögen, sind gleichzeitig dazu angetan, Verwirrung zu stiften, da Worte wie ›Phänomene‹ und ›Beobachtungen‹ ... hier in einer Weise gebraucht werden, die mit der Umgangssprache und praktischen Definitionen kaum vereinbar sind«. Er spielt mit diesen Hinweisen auf den sprachlichen Aspekt der Komplementarität an, dem zufolge die Begriffe, mit denen wir unsere Ergebnisse mitteilen, Voraussetzungen enthalten, die es zu erkennen gilt.
    Neben diesen beiden Gesichtspunkten enthält die Idee von Bohr aber noch eine dritte Komponente, die man den metaphysischen Aspekt der Komplementarität nennen kann. Dieser Aspekt sieht über die Grenzen der Beobachtung hinaus und versucht, das Wesen der Realität selbst zu erfassen. Bohr behauptete, dass es auf dieser Ebene etwas wie ein Elektron mit gegebener Lage und gegebener Geschwindigkeit gar nicht gibt. Mit dieser Vorstellung konnte sich Einstein auch nach 1930 nicht abfinden. In den folgenden Jahren suchte er Argumente, die diesen Aspekt der Komplementarität als Unsinn entlarven würden. Seinen fundamentalen Vorschlag machte er in dem Jahr, in dem Bohr fünfzig Jahre alt wurde.

Ein Paradoxon
    Die Fortsetzung einer direkten Diskussion zwischen Bohr und Einstein wurde durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland verhindert. Einstein verließ Berlin und ging nach Princeton, New Jersey, an das Institute for Advanced Studies. Ihr Streitgespräch führten sie nun schriftlich – über Publikationen – fort.

    1935 veröffentlichte Einstein mit seinen Mitarbeitern Boris Podolsky und Nathan Rosen eine Arbeit mit dem Titel »Kann die quantenmechanische Beschreibung der physikalischen Wirklichkeit als vollständig betrachtet werden?«. Einstein hatte damals längst aufgegeben, die Quantenmechanik als inkonsistent zu bezeichnen. Er bestritt allerdings nach wie vor, dass sie vollständig sei, und es war klar, dass Einsteins Antwort auf die Titelfrage nein lauten musste. Von einer vollständigen Theorie verlangten die Autoren vernünftigerweise, dass in ihr jedes Element der physikalischen Realität seine Entsprechung haben müsse.
    Was gehört zu dieser Realität? Die Autoren schlugen hierfür folgendes Kriterium vor: »Kann man den Wert einer physikalischen Größe mit Sicherheit (das heißt mit der Wahrscheinlichkeit 1) vorhersagen, ohne ein System dabei in irgendeiner Weise zu stören, dann gibt es ein Element der physikalischen Wirklichkeit, das dieser Größe entspricht.« Die drei Autoren zeigten dann an einem Beispiel, dass es anscheinend doch Größen gibt, die zwar ein Element der physikalischen Wirklichkeit sind, von der Quantenmechanik jedoch nicht erfasst werden. Sie zogen folglich den Schluss, »dass die durch die Wellenfunktion vermittelte quantenmechanische Beschreibung der physikalischen Realität unvollständig ist«.
    Wie sah ihr Beispiel aus? Einstein, Podolsky und Rosen schlugen vor, zwei Teilchen (A und B) zu betrachten,

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