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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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ganzen Landschaft zur Ehre gereichen,
     daß sie einen solchen Schmuck besitzt.«
    »Auch das zu hören freut mich sehr,« sagte der Bauer. »Aber ich bin ein alter Mann, und ich weiß, wie es mit der Herrlichkeit
     dieser Welt zu gehen pflegt. Wenn das Schloß einmal verfällt, was wird dann die Blicke der Leute auf diese Landschaft lenken?«
    »Du verlangst nicht wenig zu wissen,« sagte die Frau von Ulvåsa, »aber ich vermag doch so weit in die Zukunft zu sehen, daß
     ich spüren kann, wie Leben und Bewegung oben in den Wäldern um Finspång herum entsteht. Ich sehe, wie sie Schmelzhütten und
     Schmiedewerke bauen, und ich glaube, die ganze Landschaft wird darum geehrt werden, daß man all das Eisen auf ihrem Gebiet
     verarbeitet.«
    Der Bauer konnte nicht leugnen, daß er sich unsäglich über diese Nachricht freute. Wollte nun aber das Unglück, daß auch das
     Finspånger Hüttenwerk sein Ansehen verlor, so war es wohl kaum möglich, daß etwas Neues entstand, das Ostgotland zum Ruhme
     gereichen konnte.
    »Dir kann man es nicht leicht rechtmachen,« sagtedie Frau von Ulvåsa, »aber so weit vermag ich doch zu sehen, daß ich entdecken kann, wie rings um die Seen herum von Edelleuten,
     die in fremden Ländern Krieg geführt haben, Herrensitze erbaut werden, so groß wie Schlösser. Ich glaube, diese Edelhöfe werden
     der Landschaft ebenso viel Ehre einbringen, wie all das andere, wovon ich dir erzählt habe.«
    »Aber wenn dann eine Zeit kommt, wo niemand die großen Herrensitze mehr preist?« fuhr der Bauer hartnäckig fort.
    »Du brauchst dich trotzdem nicht zu ängstigen,« sagte die Frau von Ulvåsa. »Ich sehe jetzt, wie Heilquellen auf den Wiesen
     von Medevi in der Nähe des Wetternsees hervorsprudeln. Ich glaube, die Quellen von Medevi werden der Landschaft so viel Ruhm
     verschaffen, wie du nur wünschen kannst.«
    »Das ist etwas Großes, was ich da erfahre,« sagte der Bauer. »Aber wenn nun die Zeit kommt, wo die Menschen an andern Quellen
     Heilung suchen?«
    »Deswegen brauchst du dich nicht zu bekümmern,« erwiderte die Frau von Ulvåsa. »Ich sehe, wie es von Motala bis Mem von arbeitenden
     Menschen wimmelt. Sie graben eine Verkehrsstraße quer durch das Land, und da wird der Ruhm von Ostgotland wieder auf aller
     Lippen sein.«
    Der Bauer sah aber trotzdem noch beunruhigt aus.
    »Ich sehe, wie die Fälle des Motalastromes anfangen. Räder zu treiben,« sagte die Frau von Ulvåsa, und nun brannten zwei rote
     Flecke auf ihren Wangen, denn nun begann sie unruhig zu werden, »Ichhöre in Motala Hämmer dröhnen und in Norköping Webstühle klappern.«
    »Ja, das ist erfreulich zu hören,« sagte der Bauer, »aber alles ist veränderlich, und ich fürchte, daß auch das einmal verfallen
     und in Vergessenheit geraten kann.«
    Als der Bauer noch immer nicht zufrieden war, riß der Schloßherrin die Geduld. »Du sagst, daß alles vergänglich ist,« entgegnete
     sie. »Aber jetzt will ich dir doch etwas nennen, das sich nie verändern wird, nämlich, daß es solche hochmütige und eingebildete
     Bauern, wie du einer bist, allezeit, so lange die Welt steht, hier in Ostgotland geben wird!«
    Kaum hatte die Frau von Ulvåsa das gesagt, als sich der Bauer fröhlich und guter Dinge erhob und ihr für die gute Auskunft
     dankte. Jetzt endlich habe seine Seele Ruhe, sagte er.
    »Ich verstehe wirklich nicht, was du meinst,« sagte alsda die Frau von Ulvåsa.
    »Ich denke so, liebe Herrin,« sagte der Bauer, »daß alles, was Könige und Klosterleute und Gutsbesitzer und Stadtbewohner
     erbauen und errichten, nur eine Reihe von Jahren Bestand hat. Wenn ihr mir aber sagt, daß es in Ostgotland allzeit ehrliebende
     und ausdauernde Bauern geben wird, so weiß ich auch, daß das Land seinen alten Ruhm bewahren wird. Nenn nur die, die bei der
     ewigen Arbeit mit der Erde gebeugt gehen, die können dies Land für alle Zeiten in Wohlstand und Ansehen erhalten.«

XX. Die Bahn aus Fries
    Sonnabend, den 23, April.
    Der Junge flog dahin, hoch oben in der Luft. Er hatte die große ostgotländische Ebene unter sich und saß da und zählte die
     vielen weißen Kirchen, die ihren Turm aus einer dichten Baumgruppe heraussteckten. Es währte nicht lange, und er war bis zu
     Fünfzig gekommen. Dann wurde er zerstreut, und die Rechnung geriet in Unordnung.
    Die allermeisten Gehöfte waren wie große, zweistöckige Häuser gebaut, die so stattlich aussahen, daß der Junge sich darüber
     verwundern mußte. »Hierzulande

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