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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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entsann sich nur zu gut, wie es ihm ergangen war, als
     er von den Krähen entführt wurde. Er beschloß, nicht zum Vorschein zu kommen, wenn es nicht notwendig war.
    Der schwarze Vogel ging mit langen Schritten neben der toten Schlange auf und nieder und berührte sie mit dem Schnabel. Schließlich
     schlug er mit den Flügeln und rief mit einer so gellenden Stimme, daß es in den Ohren weh tat: »Dies muß die Natter Hilflos
     sein, die hier tot liegt!« Noch einmal ging er der ganzen Länge nach an der Natter entlang, und dann blieb er in tiefe Gedanken
     versunken stehen und kraute den Kopf mit dem Fuß. »Es kann unmöglich zwei so große Nattern hier imWalde geben,« sagte er. »Es ist ganz sicher Hilflos.«
    Es sah so aus, als wolle er mit dem Schnabel in die Natter hineinhacken, aber plötzlich hielt er inne. »Sei nun kein Tor,
     Bataki,« sagte er. »Es kann dir doch nicht einfallen, die Natter zu fressen, ehe du Karr geholt hast. Er wird nie glauben,
     daß Hilflos tot ist, wenn er es nicht selbst gesehen hat.«
    Der Junge tat sein Bestes, um sich still zu verhalten, aber der Vogel war so possierlich feierlich, wie er da mit sich selbst
     redete, daß er sich nicht enthalten konnte, zu lachen.
    Der Vogel hörte ihn, und mit einem einzigen Flügelschlag war er oben auf dem Stein. Der Junge sprang sofort auf und ging ihm
     entgegen: »Bist du nicht der Rabe, den sie Bataki nennen, und der ein guter Freund von Akka von Kebnekajse ist?« fragte der
     Junge. Der Vogel sah ihn genau an, dann nickte er langsam dreimal. »Du bist doch wohl nicht der Knirps, der mit den Wildgänsen
     herumfliegt und den sie Däumeling nennen?« – »Ja, da hast du nicht weit vom Ziel geschossen,« sagte der Junge.
    »Welch Glück, daß ich dich getroffen habe. Du kannst mir am Ende sagen, wer die Natter hier totgeschlagen hat?« – »Ich hab'
     den Stein da auf sie heruntergerollt, und der hat sie totgeschlagen,« sagte der Junge und erzählte, wie sich das Ganze zugetragen
     hatte. – »Das ist eine gute Leistung für einen so kleinen Knirps wie du,« sagte der Rabe. »Ich habe einen Freund hier in der
     Gegend, der wird sich freuen, daß die Natter tot ist, und ich wollte, ich könnte auch etwas für dich tun.« – »Dannerzähle mir, warum ihr euch so freut, daß die Natter tot ist,« sagte der Junge. – »Ach,« meinte der Rabe, »das ist eine lange
     Geschichte. Du hast gar nicht soviel Geduld, sie anzuhören.«
    Der Junge aber behauptete, die hätte er, und da erzählte denn der Rabe die Geschichte von Karr und Graufell und der Natter
     Hilflos. Als er damit fertig war, saß der Junge eine Weile stumm da und starrte in die Luft. »Hab' vielen Dank!« sagte er.
     »Mir ist, als verstünde ich den Wald besser, nachdem ich dies alles gehört habe. Ich möchte wohl wissen, ob noch etwas von
     dem großen Hegewald übriggeblieben ist?« – »Das meiste ist wohl zerstört. Die Bäume sehen so aus, als hätte ein Waldbrand
     sie verheert. Sie müssen gefällt werden, und es vergehen sicher viele Jahre, ehe der Wald wieder das wird, was er gewesen
     ist.«
    »Die Natter hat ihren Tod redlich verdient,« sagte der Junge, »aber wie konnte sie nur so klug sein, Krankheit über die Larven
     zu bringen?« – »Sie wußte am Ende, daß sie von einer solchen Krankheit befallen werden würden,« sagte Bataki. – »Das mag ja
     sein, aber ich finde doch, daß sie ein kluges Tier gewesen sein muß.«
    Der Junge schwieg, denn der Rabe hatte gar nicht zugehört, er saß mit abgewandtem Kopf da und lauschte. »Hör' doch!« sagte
     er. »Karr ist hier in der Nähe! Wird der sich freuen, wenn er sieht, daß Hilflos tot ist.« Der Junge wandte den Kopf nach
     der Seite, woher der Laut kam. »Er spricht mit den wilden Gänsen,« sagte er. – »Ja, er hat sich gewiß an den See hinabgeschleppt,
     um sich nach Graufell zu erkundigen.«
    Der Junge und der Rabe sprangen vom Stein herunter und eilten an den See. Alle Gänse waren aus dem Wasser heraufgekommen
     und sprachen mit einem alten Hund, der so schwach und jämmerlich war, daß es aussah, als könne er auf dem Fleck tot umfallen.
    »Das ist Karr,« sagte Bataki zu dem Jungen. »Laß ihn nun erst hören, was die wilden Gänse ihm zu sagen haben. Dann können
     wir ihm hinterher erzählen, daß die Natter tot ist.«
    Bald waren sie so nahe herangekommen, daß sie hören konnten, was Akka Karr erzählte. »Es war im letzten Jahr, als wir unsere
     Frühlingsreise machten,« sagte die

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