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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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Führergans. »Eines Morgens waren wir vom Silja in Dalarna ausgeflogen, Ykai und Kaksi und
     ich, und flogen über die großen Grenzwälder zwischen Dalarna und Helsingland. Wir sahen nichts weiter unter uns als den schwarz-grünen
     Nadelwald. Der Schnee lag noch hoch zwischen den Bäumen, die Bäche waren zugefroren, mit einer dunklen Wake hier und da, und
     an den Bachufern war der Schnee zum Teil schon fort. Wir sahen fast keine Dörfer und Gehöfte, nur graue Sennhütten, die den
     ganzen Winter unbewohnt standen. Hin und wieder schlängelte sich ein schmaler, gewundener Waldpfad dort, wo die Leute im Laufe
     des Winters Holz gefahren hatten Unten an den Bächen lagen große Holzstapel.
    Wie mir so dahinflogen, sahen wir drei Jäger unten im Walde. Sie sausten auf Schneeschuhen daher, sie hatten Hunde an der
     Leine und Messer im Gürtel aber keine Büchsen. Über dem Schnee lag eine harte Eiskruste, und sie machten sich nichts daraus,
     den gewundenenWaldpfaden zu folgen, sie gingen geradewegs vor. Es sah so aus, als wenn sie ganz bestimmt wüßten, wohin sie gehen mußten,
     um das Gesuchte zu finden.
    Wir Wildgänse flogen hoch oben, und der ganze Wald lag offen vor unserem Blick. Als wir die Jäger gesehen hatten, bekamen
     wir auch Lust, zu sehen, wo das Wild war. Wir flogen hin und her und spähten zwischen den Bäumen. Und da gewahrten wir in
     einem Dickicht etwas, das so aussah wie große, moosbewachsene Steine. Aber Steine konnten es doch nicht sein, denn es lag
     kein Schnee darauf.
    Wir schwebten schnell herab und ließen uns mitten in das Dickicht nieder. Da rührten sich die drei Steinblöcke. Es waren drei
     Elche, die da in der Finsternis des Waldes lagen: ein Hirsch und zwei Kühe. Der Hirsch richtete sich auf, als wir uns herabließen,
     und kam auf uns zu. Es war das größte und schönste Tier, das wir je gesehen hatten. Als es aber sah, daß es nur elende Wildgänse
     waren, die ihn geweckt hatten, legte er sich wieder nieder.
    »Nein, Vater Elch, legt Euch nicht schlafen!« sagte ich da zu ihm. »Fliehet so schnell Ihr könnt. Es sind Jäger im Walde,
     und sie kommen gerade auf dies Dickicht zu.«
    »Vielen Dank, Gänsemutter,« sagte der Elch, und es sah so aus, als wenn er wieder einschlafen wollte, während er sprach, »Ihr
     wißt doch, daß in dieser Jahreszeit Schonzeit für die Elche ist. Die Jäger sind gewiß auf Füchse aus.«
    »Da waren überall Fuchsspuren im Walde, aber die beachteten die Jäger nicht. Glaubt mir! Sie wissen, daß Ihr hier liegt. Und
     nun kommen sie, um Euch zu töten.Sie sind ohne Büchse ausgegangen, nur mit Spieß und Messer, weil sie zu dieser Zeit des Jahres keinen Schuß im Walde zu lösen
     wagen.
    Der Elch blieb ganz ruhig liegen, aber die Kühe wurden ängstlich. »Vielleicht verhält es sich doch so, wie die Gänse sagen,«
     meinten sie und wollten sich erheben. – »Bleibt Ihr nur liegen,« sagte der Hirsch. »Hier in das Dickicht kommen keine Jäger,
     darauf könnt Ihr Euch verlassen.«
    Dabei war nichts zu machen, und so stiegen wir Wildgänse dann wieder in die Luft auf. Aber wir flogen noch über demselben
     Fleck hin und her, um zu sehen, wie es den Elchen ergehen würde.
    Kaum waren wir in unsere gewöhnliche Flughöhe hinausgelangt als wir den Elch aus dem Dickicht herauskommen sahen. Er witterte
     nach allen Seiten und ging dann geradeswegs auf die Jäger zu. Indem er ging, trat er auf trockene Zweige, die krachend zerbrachen.
     Ein großes, kahles Moor lag vor ihm. Da ging er hinaus und stellte sich mitten auf das offene Moor, wo ihn nichts schützen
     konnte.
    Hier blieb der Elch stehen, bis die Jäger am Waldessaum sichtbar wurden. Dann machte er jäh Kehrt und lief in einer anderen
     Richtung, als woher er gekommen war, davon. Die Jäger ließen die Hunde los und jagten selbst auf ihren Schneeschuhen hinter
     ihm drein, so schnell es ihnen nur möglich war.
    Der Elch warf den Kopf zurück und stürmte in wilder Fahrt davon. Der Schnee spritzte unter ihm auf, daß er wie in ein Schneegestöber
     gehüllt war. Weder Hunde nochJäger konnten ihm folgen. Dann blieb er stehen, um auf sie zu warten, und wenn sie wieder in Sehweite gelangt waren, stürmte
     er von neuem davon. Wir begriffen sehr wohl, daß es seine Absicht war, die Jäger von der Stelle wegzulocken, wo die Elchkühe
     lagen. Wir bewunderten seine Tapferkeit, daß er selbst der Gefahr entgegenging, damit die zu ihm Gehörigen in Frieden sein
     konnten. Keine von uns war

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