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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Erster Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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zum Dachrücken hinaufsehen. Das
     ganze Haus war so klein, daß, es eigentlich aussah, als wenn es eher für Wesen seiner Art gebaut sei, als für richtige Menschen,
     und doch waren der Feuerherd und die Mauer da herum so groß gemacht, daß er fand, er habe sie nie größer gesehen. Die Eingangstür
     lag an der einen Giebelwand neben dem Feuerherd und war so schmal, daß sie fast einer Luke ähnelte. An der andern Giebelwand
     sah er ein niedriges, breites Fenster mit vielen kleinen Fensterscheiben. Da waren fast keine beweglichen Möbel in der Stube.
     Die Bank an der einen Längsseite und der Tisch unter dem Fenster waren an den Wänden befestigt, ebenso das große Bett, in
     dem er lag, und der Wandschrank mit den bunten Blumen.
    Der Knabe konnte es nicht lassen, darüber nachzusinnen, wem wohl dies Haus gehörte, und warum es leer stand. Es sah eigentlich
     so aus, als wenn die Leute, die da gewohnt hatten, beabsichtigt hätten, zurückzukehren. Der Kaffeekessel und der Grütztopf
     standen noch auf dem Herd, und im Ofenwinkel lag ein wenigBrennholz. Der Feuerhaken und die Backschaufel standen in einer Ecke, der Spinnrocken war auf eine Bank gestellt, auf dem
     Wandbrett über dem Fenster lagen Hede und Flachs, ein paar Fitzen Garn, ein Talglicht und ein Bund Streichhölzer.
    Ja, es sah wirklich so aus, als wenn die, denen das Haus gehörte, die Absicht gehabt hätten, wieder zurückzukehren. In der
     Bettstelle lagen Betten, und an der Wand saßen noch lange Zeugstreifen, auf die drei Männer zu Pferd gemalt waren, die Kaspar,
     Melchior und Balthasar hießen. Dieselben Pferde und dieselben Reiter waren viele Male abgebildet. Sie ritten die ganze Stube
     herum und setzten ihren Ritt ganz bis zu den Dachbalken fort.
    Plötzlich aber erblickte der Junge etwas oben an der Decke, das ihn mit einem Satz auf die Beine brachte. Es waren zwei trockene
     Flachbrote, die an einer Stange hingen. Sie sahen ja freilich ein wenig alt und schimmelig aus, aber Brot war es doch. Er
     schlug mit der Backschaufel danach, so daß ein Stück herabfiel. Er aß und stopfte seinen Sack voll. Es war doch erstaunlich,
     wie gut Brot schmeckte!
    Er sah sich noch einmal in der Hütte um, denn er wollte sehen, ob da nicht noch etwas anderes war, was sich des Mitnehmens
     verlohnte. »Ich darf doch nehmen, was ich nötig habe, wenn sonst niemand sich etwas daraus macht,« dachte er. Aber das meiste
     war zu schwer und zu groß. Das einzige, was er mitnehmen konnte, waren vielleicht ein paar Streichhölzer.
    Er kletterte auf den Tisch hinauf und schwang sich mit Hilfe der Gardinen auf das Brett über dem Fenster hinauf. Während
     er da stand und die Streichhölzer in seinen Sack stopfte, kam die Krähe mit der weißen Feder zum Fenster herein.
    »Ja, hier bin ich,« sagte Fumle-Drumle und ließ sich auf dem Tisch nieder. »Ich konnte nicht früher kommen, weil die Krähen
     heute einen neuen Häuptling an Wind-Eiles Stelle gewählt haben.« – »Wen habt ihr denn gewählt?« fragte der Junge. – »Ach,
     wir haben einen gewählt, der keine Räuberei und Ungerechtigkeit dulden will. Wir haben Garm Weißfeder gewählt, der ehemals
     Fumle-Drumle genannt wurde,« erwiderte er und richtete sich stolz auf, so daß er ganz majestätisch aussah. – »Das war eine
     gute Wahl!« sagte der Junge und beglückwünschte ihn. – »Ja, du kannst mir wohl Glück wünschen,« sagte Garm und erzählte dem
     Jungen von allem, was er von Wind-Eile und Kaara hatte erdulden müssen.
    Mitten während dieser Unterhaltung hörte der Junge draußen vor dem Fenster eine Stimme, die ihm bekannt vorkam. »Ist er hier?«
     fragte Reineke Fuchs. – »Ja, hier ist er versteckt,« antwortete eine Krähenstimme. – »Nimm dich in acht, Däumling!« rief Garm.
     »Wind-Kaara steht draußen mit dem Fuchs, der dich fressen will.« Weiter kam er nicht, als Reineke schon gegen das Fenster
     sprang. Die alten, morschen Fenstersprossen gaben nach, und im nächsten Augenblick stand Reineke auf dem Tisch unter dem Fenster.
     Garm Weißfeder, der keine Zeit hatte zu entfliehen,wurde auf der Stelle totgebissen. Dann sprang Reineke auf den Fußboden und sah sich nach dem Jungen um.
    Der versuchte, sich hinter einem großen Büschel Hede zu verstecken, Reineke hatte ihn aber schon gesehen und krümmte sich
     bereits zum Sprung. Und die Stube war so klein und so niedrig, daß sich der Junge klar darüber war, der Fuchs könne seiner
     ohne jegliche Schwierigkeit habhaft werden.

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