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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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Reisegenossen hinzugekommen wären. Weidensträuche und eine Menge anderes Gestrüpp schlossen sich dem Zuge an, ebenso
     Lappen und Renntiere, Bergeulen und Füchse und Schneehühner.
    Jetzt hörte der Junge etwas, das ihnen entgegenkam. Es waren dies eine Menge Flüsse und Bäche, die mit gewaltigem Sausen und
     Brausen daherstürzten. »Warum habt ihr es so eilig?« fragte er.– »Sie fliehen vor dem großen Versteinerer, der hoch oben auf
     den Bergen wohnt,« entwertete das Schneehuhn.
    Da sah Niels Holgersen auf einmal, daß sich vor ihnen eine hohe, finstere Mauer mit gezackter Mauerkrone auftürmte. Beim Anblick
     dieser Mauer schienen alle zurückzuweichen, schnell aber wendete die Sonne ihr strahlendes Antlitz der Mauer zu und goß ihr
     Licht darüber aus. Da stellte es sich heraus, daß keine Mauer ihnen im Wege stand, sondern daß sich die allerschönsten Berge
     vor ihnen erhoben, einer hinter dem anderen. Die Gipfel röteten sich im Sonnenschein, die Abhänge lagen hellblau mit goldenen
     Streifen da. »Vorwärts! Vorwärts! Keine Gefahr, solange ich dabei bin!«rief die Sonne und rollte an den steilen Bergwänden hinauf.
    Aber auf dem Wege den Berg hinan wurde die Sonne von der tapferen jungen Birke, der starken Fichte und der standhaften Tanne
     verlassen. Hier verließen auch das Renntier, der Lappe und der Weidenbusch sie. Als sie schließlich den Gipfel des Berges
     erreicht hatte, war in ihrem Gefolge niemand mehr als der kleine Niels Holgersen.
    Die Sonne rollte in eine Schlucht hinein, in der die Wände mit Eis bedeckt waren, und Niels Holgersen wollte ihr auch da hinein
     folgen, aber er kam nicht weiter als bis an den Eingang der Schlucht, denn da sah er etwas Fürchterliches. Ganz tief im Innersten
     der Schlucht saß ein alter Troll; sein Körper war aus Eis, sein Haar aus Eiszapfen und sein Mantel aus Schnee. Vor dem Troll
     lagen mehrere schwarze Wölfe, die sich aufrichteten und den Rachen aufsperrten, sobald die Sonne sich blicken ließ. Und aus
     dem einen Wolfsrachen stieg die bittere Kälte hervor, aus dem anderen kam der beißende Nordwind und aus dem dritten die schwarze
     Finsternis. »Da haben wir wohl den großen Versteinerer!« dachte der Junge. Er war sich klar darüber, daß er am besten tun
     würde, wenn er floh, aber er war so neugierig zu sehen, wie die Begegnung zwischen dem Troll und der Sonne ablaufen würde,
     daß er stehen blieb.
    Der Troll rührte sich nicht, sondern starrte nur die Sonne mit seinem ekelhaften Eisgesicht an, und die Sonne stand ebenfalls
     still und lachte und strahlte nur. So ging es eine Weile weiter, und der Junge meinte hören zukönnen, daß der Troll zu seufzen und zu klagen begann. Der Schneemantel glitt zu Boden und die drei fürchterlichen Wölfe
     heulten nicht mehr so schrecklich. Plötzlich aber rief die Sonne: »Jetzt ist meine Zeit vorbei!« und rückwärts rollte sie
     aus der Schlucht heraus. Da ließ der Troll seine drei Wölfe los, und auf einmal kamen der Nordwind, die Kälte und die Finsternis
     aus der Schlucht herausgestürzt und machten Jagd auf die Sonne. »Weg mit ihr! Weg mit ihr!« rief der Troll. »Jagt sie so weg,
     daß sie nie wiederkommt! Wir wollen sie lehren, daß Lappland mir gehört!«
    Aber als Niels Holgersen hörte, daß die Sonne aus Lappland verjagt werden sollte, erschrak er so, daß er mit einem Schrei
     erwachte.
    Und als er sich wieder ein wenig besonnen hatte, sah er, daß er auf dem Grunde des großen Felsentals lag. Wo aber war Gorgo,
     und wie sollte er ausfindig machen, wo er selber war?
    Er richtete sich auf und sah um sich. Da fiel sein Blick auf ein wunderliches Gebäude aus Fichtenzweigen, das auf einen Felsenabsatz
     stand. »Das ist gewiß so ein Adlerhorst, wie Gorgo...«
    Er dachte den Gedanken nicht zu Ende. Statt dessen riß er seine Mütze vom Kopf, schwenkte sie in der Luft und schrie: »Hurra!«
     Er begriff jetzt, wohin ihn Gorgo geführt hatte. Hier war das Tal, in dem die Adler auf dem Felsenabsatz und die Wildgänse
     unten im Grunde wohnten. Er war am Ziel! Im nächsten Augenblick würde er den Gänserich Martin und Akka und alle die Reisekameraden
     wiedersehen.
Am Ziel.
    Niels Holgersen ging ganz leise umher und suchte nach seinen Freunden. Tiefe Stille herrschte im ganzen Tal. Die Sonne war
     noch nicht über die Felswände hinaufgelangt, und der Junge sah, es war noch so früh am Tage, daß die Wildgänse noch nicht
     aufgewacht waren. Kaum hatte er einige Schritte gemacht,

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