Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil
als er stehen blieb und lächelte, denn er sah etwas, das gar schön
war. In einem kleinen Nest am Boden lag eine Wildgans und schlief, und neben ihr stand der Gänserich. Er schlief auch, aber
offenbar hatte er sich so dicht neben sie gestellt, um gleich zur Hand zu sein, falls eine Gefahr im Anzug sein sollte.
Der Junge ging weiter, ohne sie zu stören und lugte zwischen die kleinen Weidenbüsche hinein, die den Erdboden bedeckten.
Es währte nicht lange, bis er ein neues Gänsepaar entdeckte. Es gehörte nicht zu seiner Schar: es waren fremde, aber er freute
sich doch so sehr, daß er eine Melodie vor sich hinzusummen begann, nur weil er wilde Gänse angetroffen hatte.
Er guckte in ein neues Weidengestrüpp hinein, und dort sah er schließlich ein Paar, das er kannte. Es war ganz sicher Neljä,
die auf Eiern lag, und der Gänserich, der neben ihr stand, war Kolme. Ja, so war es! Ein Irrtum war ausgeschlossen
Der Junge hatte die größte Lust, sie zu wecken, aber er ließ sie schlafen und ging weiter.
Im nächsten Gestrüpp sah er Viisi und Kuusi und nichtweit davon fand er Aksi und Kaksi. Sie schliefen alle vier, und der Junge ging vorüber, ohne sie zu wecken.
Als er in die Nähe des nächsten Gestrüppes kam, glaubte er etwas Weißes zwischen den Büschen hindurchschimmern zu sehen, und
das Herz begann vor lauter Freude laut in seiner Brust zu klopfen. Ja, es war, wie er erwartet hatte. Da drinnen lag Daunfein
noch so niedlich auf Eiern und neben ihr stand der weiße Gänserich. Der Junge glaubte, ihm sogar im Schlaf ansehen zu können,
wie stolz er war, hier in den lappländischen Bergen zu stehen und Wache bei seiner Frau zu halten.
Aber auch den weißen Gänserich wollte Niels Holgersen nicht wecken, so ging er denn weiter.
Er mußte ziemlich lange suchen, bis er auf weitere Wildgänse stieß. Aber da entdeckte er auf einem kleinen Hügel etwas, das
einem grauen Erdhaufen glich. Und als er an dem Fuß des Hügels angelangt war, sah er, daß der graue Erdhaufe nichts Geringeres
war als Akka von Kebnekajse, die dort ganz wach stand und sich umsah, als halte sie Wache über das ganze Tal.
»Guten Tag, Mutter Akka,« sagte der Junge. »Wie schön, daß Ihr wach seid! Wartet, bitte, ein wenig, ehe Ihr die anderen weckt,
denn ich möchte gern mit Euch allein sprechen.«
Die alte Führergans stürzte von dem Hügel herunter, zu dem Knaben hin. Zuerst packte sie ihn und schüttelte ihn, dann strich
sie ihm mit dem Schnabel am ganzen Körper auf und nieder, und schließlich schüttelte sie ihn noch einmal. Sie sagte aber nichts,
denn er hatte sie ja gebeten, die anderen nicht zu wecken.
Däumling küßte die alte Mutter Akke auf beide Wangen, und dann fing er an zu erzählen, wie er nach Skansen gebracht und dort
gefangen gehalten war.
»Und nun kann ich Euch erzählen, daß Reineke Fuchs mit dem abgebissenen Ohr in dem Fuchsbau auf Skansen gefangen saß.« sagte
der Junge. »Und obwohl er sehr häßlich gegen uns gewesen ist, konnte ich doch nicht umhin, Mitleid mit ihm zu haben. Da waren
viele andere Füchse in dem großen Fuchsbau, und sie schienen sich ganz wohl da zu fühlen, aber Reineke saß immer so betrübt
da und sehnte sich nach der Freiheit. Ich hatte viele gute Freunde da oben bekommen, und eines Tages hörte ich von dem Lappenbund,
daß ein Mann nach Skansen gekommen sei, um Füchse zu kaufen. Er wäre von einer Insel weit draußen im Meer. Sie hatten alle
Füchse auf seiner Insel ausgerottet, aber die Folge war, daß es dort jetzt nicht vor Ratten auszuhalten sei, daher wünschten
sie nur die Füchse wieder zurück. Sobald ich das erfahren hatte, ging ich an Reinekes Käfig und sagte zu ihm: ›Reineke, morgen
kommen Leute hier heraus, um ein paar Füchse zu holen. Verkriech' dich dann nicht, sondern sorge dafür, daß du gefangen wirst,
dann hast du deine Freiheit wieder!‹ Und er befolgte meinen Rat, und nun läuft er frei auf der Insel herum. Was sagt Ihr dazu,
Mutter Akka? War das nach Eurem Sinn gehandelt?«
»Wäre ich es selbst gewesen, so hätte ich es nicht besser machen können,« sagte die Führergans.
»Nur gut, daß Ihr mit mir zufrieden seid,« sagte Niels Holgersen. »Und dann ist da noch etwas, wonach ich Euch fragen muß.
Eines Tages sah ich, daß der Adler Gorgo,derselbe, der mit dem Gänserich Martin kämpfte, als Gefangener nach Skansen geführt und in einen Adlerkäfig gesetzt wurde.
Er sah jammervoll und elend aus, und
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