Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Niemalsland

Titel: Niemalsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
Vom Netzwerk:
Islington.
    Ein Rauschen war zu hören, wie ein Wind, der über einen untergegangenen Wald streift, oder das Schlagen mächtiger Flügel.
    Richard und Door saßen in einem Raum des British Museum auf dem Boden und starrten zu der bemalten Schnitzerei eines Engels auf einer Kathedralentür empor.
    Der Raum war dunkel und leer.
    Die Party war seit geraumer Zeit vorbei. Draußen wurde der Himmel langsam hell.
    Richard stand auf, beugte sich dann hinab und half Door auf. »Black Friars?« fragte er.
    Door nickte.
    »Personen oder Ort?« fragte er.
    »Personen.«
    Richard ging zum Angelus hinüber. Er fuhr mit dem Finger über dessen gemaltes Gewand. »Glaubst du, daß er das wirklich kann? Mir mein Leben zurückgeben?«
    »So etwas hab’ ich noch nie gehört. Aber ich glaube nicht, daß er uns anlügen würde. Er ist ein Engel.«
    Door öffnete die Faust und blickte auf die Statue des Ungeheuers.
    »Mein Vater hatte auch so eine«, sagte sie.
    Sie steckte sie tief in eine der Taschen ihrer braunen Lederjacke.
    »Also«, sagte Richard. »Wir kriegen den Schlüssel bestimmt nicht, indem wir hier herumtrödeln, oder?«
    Sie gingen durch die leeren Korridore.
    »Was weißt du eigentlich über diesen Schlüssel?« fragte Richard.
    »Nichts«, erwiderte Door. Sie hatten den Haupteingang des Museums erreicht. »Ich hab’ schon mal von den Black Friars gehört, aber ich hatte noch nie wirklich etwas mit ihnen zu tun.«
    Sie berührte eine Glastür, und diese ging auf.
    »Mönche …«, sagte Richard nachdenklich. »Ich wette, wenn wir denen sagen, daß der Schlüssel für einen Engel ist, einen richtigen Engel, dann geben sie uns den heiligen Schlüssel und den magischen Dosenöffner und den fantastischen pfeifenden Korkenzieher noch als Überraschungsbonus dazu.« Er begann zu lachen.
    »Du bist ja ziemlich guter Stimmung«, sagte Door.
    Er nickte begeistert. »Ich kann wieder nach Haus. Alles wird wieder normal. Wieder langweilig. Wieder wunderbar. «
    Richard sah die Steinstufen an, die zum British Museum hinaufführten, und fand, sie seien dazu geschaffen, von Fred Astaire und Ginger Rogers hinabgetanzt zu werden. Und da er sah, daß von beiden keiner in der Nähe war, begann er selbst die Stufen hinabzutanzen, wobei er sich einbildete, daß er es durchaus mit Fred Astaire aufnehmen konnte, und irgend etwas zwischen »Puttin’ on the Ritz« und »Wombling White Tie and Tails« summte.
    Door stand oben an der Treppe und starrte ihn entsetzt an. Dann begann sie haltlos zu kichern.
    Er schaute zu ihr hoch und lüpfte seinen imaginären weißen Seidenzylinder.
    »Schwachkopf«, sagte Door und lächelte ihn an.
    Als Antwort ergriff Richard ihre Hand und fuhr fort, die Stufen auf und ab zu tanzen. Door zögerte einen Moment, dann begann auch sie zu tanzen. Sie tanzte viel besser als Richard.
    Am Fuß der Treppe fielen sie einander atemlos und erschöpft und kichernd in die Arme.
    Um Richard drehte sich alles.
    »Laß uns gehen und unsere Leibwächterin suchen«, sagte Door.
    Und sie gingen zusammen die Straße hinunter und strauchelten dann und wann.
    »Was«, fragte Mr. Croup, »wollen Sie?«
    »Was«, fragte der Marquis de Carabas, »will jeder?«
    »Tote Sachen«, antwortete Mr. Vandemar. »Zusätzliche Zähne.«
    »Ich dachte, vielleicht könnten wir einen Handel abschließen«, sagte der Marquis.
    Mr. Croup begann zu lachen. Es klang, als würde man eine Schiefertafel über eine Wand voll abgeschnittener Fingernägelspitzen ziehen. »Ach, Messire Marquis. Ich glaube, ich kann guten Gewissens – und ohne daß mir irgendwelche der hier anwesenden Parteien widersprechen würden – behaupten, daß Sie jeglicher Vernunft, die Ihnen einst zugebilligt wurde, verlustig gegangen sind. Wenn Sie diese vulgäre Ausdrucksweise gestatten: Sie haben sie nicht mehr alle.«
    »Ein Wort«, sagte Mr. Vandemar, der jetzt hinter dem Stuhl des Marquis stand, »und er ist im Nu um einen Kopf kürzer.«
    Der Marquis hauchte kräftig auf seine Fingernägel und polierte sie an seinem Mantelrevers. »Ich war schon immer der Ansicht«, bekannte er, »daß Gewalt das einzige Mittel der Dilettanten ist, und daß leere Drohungen der letzte Strohhalm der ewigen Stümper sind.«
    Mr. Croup funkelte ihn wütend an. »Was tun Sie hier?« zischte er.
    Der Marquis de Carabas reckte und streckte sich wie eine große Katze: ein Luchs vielleicht, oder ein riesiger schwarzer Panther. Am Ende der Bewegung stand er, die Hände tief in den Taschen.
    »Mir ist zu

Weitere Kostenlose Bücher