Niemand hört dich schreien (German Edition)
verfinsterte sich. »Das wissen wir nicht.«
Sie wusste, dass er gerade wütend genug war, um die Beherrschung zu verlieren und ihr ein Statement zu liefern. »Die anderen Opfer waren Mitte bis Ende dreißig und hatten dunkelbraunes Haar. Dieses Opfer ist blond. Glauben Sie, dass der Täter sein Muster verändert hat?«
Jacob biss die Zähne zusammen. Sie spürte, dass er all seine Selbstbeherrschung brauchte, um sich zusammenzunehmen. »Kein Kommentar.«
Mike filmte weiter, aber Jacob biss nicht an. Er duckte sich wieder unter dem gelben Band hindurch.
»Warum, glauben Sie, tötet er sie?!«, rief sie hinter ihm her. Sie merkte, dass ihr Bedürfnis nach Antworten eher persönlicher als professioneller Natur war.
Er ging weiter.
»Kommen Sie schon, Detective! Sagen Sie etwas!«
Schweigend verschwand er um die Ecke des Gebäudes. Kendall wandte sich von der Kamera ab und atmete tief aus. Mike stoppte die Aufnahme.
Warum brachte er sie um?
Immer wieder ging ihr die Frage durch den Kopf, während sie zu der Menge Neugieriger zurückkehrte und weitere Fragen stellte.
Aus der Entfernung beobachtete Allen das Chaos am Tatort. Die SMS -Nachrichten hatten heute auf jeden Fall einigen Wirbel verursacht. Er lächelte und betrachtete die besorgten Gesichter in der Menge. Die Furcht und die Sorge erregten ihn. Er fühlte sich so lebendig wie seit vielen Jahren nicht mehr.
18
Sonntag, 20. Januar, 13:00 Uhr
Kendall regte Jacob auf, sobald sie auch nur in Sichtweite war. Die Frau war ein verdammter Kampfhund. Sie würde alles dafür tun, um ein Statement zu bekommen. Gerne hätte er sie gefragt, woher sie wusste, dass die anderen Opfer erwürgt worden waren, aber die verdammte Kamera war gelaufen, und das Letzte, was er brauchen konnte, war, dass seine Worte in den Nachrichten kamen.
Tess kam auf ihn zu, ihr Gesicht war von der Kälte gerötet. »Jacob.«
»Ja.«
Er war innerlich derart mit Kendall und dem Fall beschäftigt, dass er sich wegen des Kusses vom Freitagabend nicht einmal unbehaglich fühlte. »Was hast du gefunden?«
Sie verhielt sich völlig neutral. »In der Hosentasche des Opfers steckte ein Führerschein.« Sie gab ihm das Dokument, das sich jetzt in einem durchsichtigen Plastikbeutel befand. »Das Foto scheint zu passen. Sie heißt Amanda Sorenson.«
Jacob atmete tief aus. »Okay. Danke.«
Er klappte sein Handy auf und wählte die Vermisstenstelle. Schnell erfuhr er, dass die Eltern einer Amanda Sorenson vor sechsunddreißig Stunden eine Vermisstenmeldung aufgegeben hatten, weil ihre Tochter am Freitagabend nicht zur Arbeit erschienen war.
Jacob steckte das Telefon in die Tasche zurück und hielt nach Zack Ausschau. Als er ihn in der größer werdenden Gruppe von Cops mit Ayden reden sah, ging er zu ihnen hinüber.
Aydens Miene war grimmig, und er wirkte, als wäre er in den letzten beiden Stunden um zwanzig Jahre gealtert.
Rasch brachte Jacob die beiden auf den neuesten Stand. »Wir müssen mit den Sorensons reden, bevor die Presse bei ihnen auftaucht.«
»Einverstanden. Jemand lässt Informationen durchsickern«, meinte Ayden. »Ich will stündliche Updates haben.«
»Klar.«
Jacob und Zack verschwanden um die Ecke des Gebäudes und stiegen in Jacobs Auto, das weit entfernt von den Kameras geparkt war. Jacob ließ den Motor an, und sie fuhren von dem Bürogelände weg auf die Hauptverkehrsstraße. Zack rief die Sorensons an, stellte sich vor und vereinbarte ein Treffen mit Mr Sorenson. Er klappte das Handy zu. »Der Mann ist vollkommen fertig.«
»Wärst du das nicht?«
»Doch.«
Düsteres Schweigen breitete sich zwischen den beiden Detectives aus, während sie zu der Adresse fuhren, die ihnen die Vermisstenstelle durchgegeben hatte. Keiner von ihnen freute sich auf das Gespräch, das vor ihnen lag.
Zwanzig Minuten später erreichten sie ein gepflegtes Backsteinhaus im Kolonialstil, das in einem gehobenen Viertel lag. Sie parkten in der asphaltierten Einfahrt und gingen zur Haustür. Jacob klingelte, und die Tür wurde beinahe sofort geöffnet. Die zwei Leute, die dort standen, waren groß und langgliedrig. Und hellhäutig, wie ihre Tochter. Ihr Haar war vor langer Zeit ergraut, und unvermittelt fragte Jacob sich, welchem der beiden Amanda wohl ähnlich sah. Er entschied, dass sie eine Mischung der beiden sein musste.
»Mr und Mrs Sorenson, ich bin Detective Jacob Warwick. Das ist mein Partner, Zack Kier.«
Mr Sorensons graue Augen wurden blass vor Sorge. Er streckte die Hand aus
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