Niemand hört dich schreien (German Edition)
Ihren Job kosten.«
Jacob zuckte mit keiner Wimper. »Das glaube ich nicht.«
Bretts Augen verengten sich zu Schlitzen. »Was tun Sie hier? Dienstlich kann es ja wohl nicht sein.«
Jacob antwortete nicht.
Kendall verschränkte die Arme vor der Brust. Sollte Brett über sie und Jacob doch denken, was er wollte. »Hau jetzt endlich ab.«
Brett schüttelte den Kopf. »Das ging ja schnell, was, Kendall? Wie lange schläfst du schon mit ihm?«
Ihr Blick war eisig. »Verschwinde.«
Brett murmelte eine Verwünschung, ging dann aber die Stufen hinunter und weiter Richtung Straße.
Kendall atmete auf. »Ich verstehe nicht ganz, wo Sie hergekommen sind, aber danke.«
Jacob behielt Brett im Auge. »Er ist hartnäckiger, als ich dachte.«
»Ich hätte das nicht von ihm erwartet.«
Jacob beobachtete, wie Brett in sein Auto stieg und davonfuhr. »Das überrascht mich nicht.«
»Was tun Sie hier?«
»Kann ich Ihnen ein paar Fragen stellen?«
»Es ist spät.«
Er schaute auf die Uhr. »Ja, aber Sie kommen normalerweise auch erst spät nach Hause.«
Sie trat beiseite und ließ ihn eintreten, dann schloss sie die Tür. »Was kann ich für Sie tun?«
Sein männlicher Duft mischte sich mit der Kälte und umgab ihn wie eine Aura. »Möglicherweise ist es gar nichts, aber ich verfolge eine Spur.«
Sie zog eine Braue hoch. »Sie wenden sich wegen einer Spur an mich?«
Er sah sie eindringlich an. »Das ist streng vertraulich, Kendall.«
Sie lächelte säuerlich. »Wann bekomme ich eine Stellungnahme von Ihnen?«
Seine Miene blieb ernst. »Sind Sie adoptiert?«
Die Frage verblüffte sie. Niemand hatte sie das je gefragt. Die Antwort war ein schlichtes Ja, doch sie konnte sich nicht überwinden, es auszusprechen. »Warum fragen Sie mich so etwas?«
»Das dritte Mordopfer war adoptiert. Das zweite war ein Pflegekind. Wir haben noch nicht ausschließen können, dass das erste Opfer ebenfalls adoptiert war. Es ist nicht zu leugnen, dass die ersten Opfer Ihnen ähnlich sehen.«
»Das dritte aber nicht.«
»Nein.« Er fuhr sich durchs Haar. »Es gibt hier zu viele Zufälle, als dass wir sie ignorieren dürften. Mein Gefühl sagt mir, dass alle drei Frauen adoptiert wurden.«
Kendall wurde auf einmal die Kehle eng. »Ja, ich bin adoptiert.«
Er hatte den Atem angehalten und atmete nun tief aus. Die Nachricht schien ihm nicht zu gefallen. »Was können Sie mir über Ihre Vergangenheit erzählen? Über Ihre ursprüngliche Familie?«
»Nichts, außer dass meine Eltern mich mit drei Jahren adoptiert haben. Sie haben nie darüber gesprochen. Ich fange gerade erst an, meiner Vergangenheit auf die Spur zu kommen. Aber die Unterlagen sind unter Verschluss. Erst kürzlich habe ich jemanden mit den Nachforschungen beauftragt.« Sie bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Glauben Sie, der Mörder hat es auf Adoptierte abgesehen?«
»Ich weiß es nicht.« Dunkle Schatten lagen unter seinen Augen. »Wie gesagt, ich versuche gerade, die Teile zusammenzusetzen.«
»Und ich bin eins dieser Teile.«
»Ja, ich glaube schon.«
Mit einem Mal fühlte Kendall sich vollkommen allein. Ihr Leben schien so leer, so ohne Wurzeln. »Glauben Sie, dass diese Frauen mit mir verwandt waren?«
»Ich habe noch keine Beweise. Aber ich gehe davon aus.«
Sie fuhr sich mit ihren langen Fingern durchs Haar. »Diese Geschichte hat mich von Anfang an angezogen.« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Jacob sagte nichts. Aber in seiner Nähe fühlte sie sich nicht ganz so allein. »Ich weiß nicht, ob ich in nächster Zeit Genaueres erfahre. Carnie, die Adoptionsberaterin, meinte, es könne Jahre dauern.«
Er legte ihr eine Hand auf die Schulter, und seine Wärme beruhigte sie. »Ich könnte vielleicht mithilfe eines Richters Ihre Adoptionsakte zugänglich machen.«
»Viel Glück. Carnie meinte, sie wisse von keiner Inkognito-Adoption in Virginia, bei der die Geheimhaltung je aufgehoben wurde. Anscheinend ist nicht einmal der Tod ein ausreichender Grund, um eine Adoptionsakte zu öffnen.«
Kendall war über ihre Freimütigkeit selbst erstaunt. Aber ihr Gefühl sagte ihr, dass sie Jacob vertrauen konnte. »Die Nachbarin meiner Mutter – meiner Adoptivmutter – hat mir eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen. Sie hat etwas auf ihrem Dachboden gefunden. Sie hat aber nicht gesagt, was es ist.«
»Sie rufen morgen an?«
»So früh wie möglich.«
»Gut.« Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Es gab nicht mehr viel, was sie hätten
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