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Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Titel: Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annick Cojean
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fanden uns in einer großen, mit allem ausgestatteten Küche wieder, deren eine Wand mit dem Poster eines dunkelhaarigen jungen Mädchens bedeckt war, etwas älter als ich, das Amal mir als Hana Gaddafi, die Adoptivtochter des Obersts vorstellte. Erst sehr viel später habe ich erfahren, dass sie 1986, nach dem von Reagan angeordneten amerikanischen Bombardement von Tripolis, fälschlicherweise für tot erklärt worden war. Aber in Bab al-Aziziyawar es für niemanden ein Geheimnis, dass sie nicht nur am Leben, sondern auch das Lieblingskind des Führers war. Amal brühte uns einen Kaffee und zog ein kleines Mobiltelefon aus der Tasche. Ich machte große Augen. »Wie ist es möglich, dass du ein Handy hast?«
    »Aber Schätzchen! Darf ich dich darauf hinweisen, dass ich schon über zehn Jahre in diesen Mauern bin!«
    Die Küche ging in eine Art Cafeteria über, die sich nach und nach mit bildschönen, perfekt geschminkten Mädchen füllte, in Begleitung zweier junger Männer, die den Anstecker des Protokolldienstes trugen. Es kreischte und kicherte nur so. »Wer sind die?«, fragte ich Amal.
    »Gäste von Muammar. Er hat immer welche. Aber ich bitte dich, sei diskret und stell keine Fragen mehr!«
    Der Raum belebte sich, ich sah die ukrainischen Krankenschwestern in ihren weißen Jacken oder türkisfarbenen Westen hin und her laufen und sagte mir, dass vermutlich alle Geladenen eine Blutentnahme über sich ergehen lassen müssten ... Aber da Amal verschwunden war, zog ich es vor, in mein Zimmer zurückzukehren. Was hätte ich diesen Mädchen auch sagen sollen, die bei der Vorstellung, gleich dem Führer zu begegnen, vor Aufregung zappelten? Bringt mich hier raus? Bevor ich meine Geschichte hätte erzählen können, hätte man mich schon gefasst und eingebuchtet.
    Ich lag auf meinem Bett, als Mabruka die Tür aufstieß (es war mir verboten, sie zu schließen): »Sieh dir die DVDs an, die man dir gegeben hat! Das ist ein Befehl!« Ich legte eine ein, ohne die geringste Vorstellung, was ich zu sehen kriegen würde. Es war das erste Mal, dass ich mit so was in Berührung kam, und ich war bestürzt und total angeekelt zugleich.Ich bin zum Glück schnell eingeschlafen. Amal weckte mich, um mit mir zum Mittagessen in die Küche zu gehen. Es ist kaum zu glauben, wie primitiv man beim Präsidenten von Libyen speiste! Die Mahlzeiten wurden in Näpfen aus Weißblech serviert und schmeckten widerlich. Amal musste lächeln über mein Erstaunen, und als wir gingen, schlug sie mir vor, ihr Zimmer zu besichtigen. Dort überraschte uns Mabruka und schrie uns an: »Jede in ihr eigenes Zimmer! Du, Amal, weißt das sehr genau. Ihr habt nicht das Recht, euch gegenseitig zu besuchen! Macht das nie wieder!«
    Mitten in der Nacht kam die Chefin mich holen: »Dein Herr verlangt nach dir.« Sie schob mich unsanft in sein Gemach, und ich musste wieder tanzen. Und dann rauchen. Schließlich nahm er eine Visitenkarte und schüttete ein sehr feines weißes Pulver darauf. Er nahm ein dünnes Papier, rollte es zu einem Tütchen zusammen und zog das Pulver durch die Nase ein. »So, und jetzt du! Zieh’s dir rein, Schlampe! Los! Du wirst sehen, wie das wirkt!«
    Das Pulver reizte mir die Kehle, die Nase, die Augen. Ich musste husten, und mir wurde übel. »Das kommt, weil du nicht genug genommen hast!« Er nahm eine Zigarette, befeuchtete sie mit Spucke, rollte sie durch das Kokainpulver und rauchte sie sehr langsam, wobei er mich zwang, auch ein paar Züge zu tun und den Rauch herunterzuschlucken. Es ging mir nicht gut. Ich war voll bei Bewusstsein, aber völlig kraftlos. »Und jetzt, tanzen!«
    In meinem Kopf drehte sich alles, ich wusste nicht mehr, wo ich war, alles verschwamm vor meinen Augen, wurde nebelhaft. Er erhob sich, um mit den Händen den Takt zu schlagen und mir immer wieder die Zigarette in den Mund zu stecken.Als ich zusammenbrach, warf er sich auf mich und vergewaltigte mich auf barbarische Weise. Und wieder. Und noch einmal. Er war erregt und wie rasend. Ganz plötzlich hielt er inne, setzte eine Brille auf und sah für ein paar Minuten in ein Buch, dann kam er zu mir zurück, biss mir in die Brüste, zermalmte sie, nahm mich aufs Neue, ging zum Computer, um seine Mails zu lesen oder Mabruka etwas zu sagen, und fiel noch einmal über mich her. Wieder blutete ich. Gegen fünf Uhr morgens sagte er zu mir: »Hau ab!« Weinend schlich ich in mein Zimmer zurück.
    Am späten Vormittag kam Amal zu mir, um mich zum Essen abzuholen. Ich

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