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Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Titel: Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annick Cojean
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mich gefreut, als ich dich da auf dem Karussell wiedersah. Hübscher Zufall, nicht wahr?«
    »Ich hätte dich überall erkannt.«
    »Ich würde dich gern wiedersehen. Was machst du denn so?«
    Oh, diese Frage! Damit hätte ich rechnen müssen. Was sollte ich antworten? Ich machte nichts. Ich machte nichts aus meinem Leben. Ich hatte gar kein Leben. Ein schwarzes Loch. Ich brach in Tränen aus.
    »Nichts. Ich mache überhaupt nichts.«
    »Aber warum weinst du? Erzähl!«
    »Ich kann nicht.«
    Schluchzend legte ich auf. Ich war jetzt achtzehn Jahre alt. Die Mädchen aus meiner Schule hatten nun ihren Abschluss. Manche waren schon verheiratet. Andere an der Universität eingeschrieben. Ich erinnerte mich, dass ich, als ich aufs Gymnasium kam, davon geträumt hatte, Zahnärztin zu werden. Ich hatte mit Mama darüber gesprochen. Die Zähne und das Lächeln waren das Erste, worauf ich bei Menschen achtete, und ich konnte mir nicht verkneifen, ihnen Ratschläge zu geben, wie man die Zähne reinigte, pflegte, weiß erhielt. Zahnärztin! Es war fast zum Lachen. Was musste ich mir für Spott anhören, wenn ich in meinem Souterrain davon sprach. Man hatte mir meine Träume zerstört, mein Leben geraubt. Und ich konnte es noch nicht einmal sagen. Denn was man mir angetan hatte, war so schmachvoll, dass in der Welt dort draußen ich zur Aussätzigen wurde. Was sollte ich Hicham antworten? ... Mir blieb nicht viel Zeit, darüber nachzudenken. Man rief mich schon wieder nach oben.
    »Zieh dich aus, Schlampe!«
    Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Ich brach in Tränen aus. »Warum sagen Sie das zu mir? Warum? Ich bin keine Schlampe!« Das machte ihn rasend. »Halt’s Maul, du Schlampe!«, brüllte er und vergewaltigte mich, wie um mir zu verstehen zu geben, dass ich nur ein Objekt war und kein Recht hatte zu reden. Als ich wieder in mein Zimmer hinunterkam, sah ich auf meinem unter dem Kopfkissen versteckten Handy, dass Hicham mich fünfundzwanzig Mal angerufen hatte. Zumindest für einen existierte ich.In der folgenden Nacht rief Gaddafi mich wieder und ließ noch einmal seine Wut an meinem Körper aus. Dann zwang er mich, Kokain zu nehmen. Ich wollte nicht. Ich hatte Angst davor. Als meine Nase anfing zu bluten, drückte er mir was von dem Zeug auf die Zunge. Ich wurde ohnmächtig.
    Ich erwachte mit einer Sauerstoffmaske auf dem Gesicht in der Krankenstation der Ukrainerinnen. Elena streichelte mir die Hand, Alina betrachtete mich mit Sorge. Sie sprachen kein Wort, aber ich sah, wie sehr sie mit mir fühlten. Man brachte mich in mein Zimmer zurück, wo ich zwei Tage lang auf dem Bett liegen blieb, unfähig, mich auf den Beinen zu halten. Allein der Gedanke an Hicham hielt mich am Leben.
    Amal G. erfuhr erst am übernächsten Tag, was mit mir geschehen war. Es ging mir besser, aber ich hatte keine Lust zu reden, doch außer sich vor Empörung nahm sie mich bei der Hand und schleppte mich zum Führer. Er saß vor seinem Computer. »Mein Gebieter! Es ist unverantwortlich, der Kleinen Drogen zu geben! Es ist kriminell! Gefährlich! Was ist in Sie gefahren?« Sie stand vor ihm mit einer Kühnheit, die mich sprachlos machte. Eine Hand in meiner, die andere in die Hüfte gestemmt, verlangte sie eine Antwort von ihm. Sie wagte es, Rechenschaft von ihm zu verlangen! »Mach, dass du rauskommst!«, brüllte er und wies ihr die Tür. »Und die lass hier!«
    Er stürzte sich auf mich, drückte mir die Brust platt, schrie: »Tanzen!« und legte Musik auf. Dann schleuderte er mich auf den Boden: »Warum hast du gequatscht, du Schlampe?«
    »Ich habe nichts gesagt. Sie haben es von allein erraten!«
    Er schlug mich und vergewaltigte mich, bepisste mich und schrie, während er schon unter die Dusche ging: »Hauab!« Nass und hundeelend bin ich nach unten gegangen, überzeugt, dass keine Dusche mich je wieder reinwaschen könnte.
    Amal G. beruhigte sich nicht. Dabei war sie vom Führer regelrecht fasziniert. Vielleicht liebte sie ihn sogar, so unwahrscheinlich mir das auch erschien. Sie sagte, sie verdanke ihm das Haus, in dem ihre Familie wohne, ihren Wagen, gewisse Annehmlichkeiten des Lebens. Ich stellte keine Fragen, ich war zu sehr von Hass erfüllt. Aber wenn sie sagte: »Ich schwöre es beim Haupt von Muammar«, wusste ich, dass ich ihr glauben konnte. Sie scheute sich nicht, wen auch immer in Bab al-Aziziya in die Schranken zu weisen. Dem widerlichen Saad al-Falah vom Protokolldienst, der sie als Schlampe bezeichnet

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