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Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition)

Titel: Niemand hört mein Schreien: Gefangen im Palast Gaddafis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annick Cojean
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Liebesverhältnis mit dem Chef einer Bank hatte, dann war sie eines Tages verschwunden,»sie war nach Tripolis gegangen«. Einzelheiten zu den Umständen dieses Verschwindens waren ihm nicht bekannt.
    Ich erfuhr jene Einzelheiten später durch einen Mitarbeiter der Protokollabteilung. Denn Mabruka war dort 1999 eingestellt worden, anlässlich einer Konferenz afrikanischer Staatschefs, der Gaddafi Bedeutung und historischen Glanz verleihen wollte und in deren Rahmen am 9. September 1999 (9. 9. 99) die berühmte »Erklärung von Sirte« unterschrieben wurde, die das Ziel der Afrikanischen Union festlegte. Etwa dreißig Staatsoberhäupter nahmen daran teil, was beinahe ebenso viele Gattinnen bedeutete, die am Flughafen empfangen und während ihres Aufenthaltes begleitet werden mussten (zum Friseur, beim Shopping, zu Konferenzen) und denen man notwendigerweise einen Dolmetscher zur Verfügung stellen musste. Die Verwaltung der Protokollabteilung war mit dieser Aufgabe überfordert und sah sich gezwungen, kurzfristig Frauen zu engagieren, die mehrerer Sprachen und afrikanischer Dialekte kundig waren. Durch diese Hintertür gelangte Mabruka, die Tuareg und Hausa (eine gesprochene Sprache, die hauptsächlich in Niger und in Nigeria verbreitet ist) sprechen konnte, in den Dunstkreis der Macht.
    »Dabei sah sie nach nichts aus!«, erinnerte sich die Person, die sie damals eingestellt hatte. »Sie sah aus wie eine hinterwäldlerische Bäuerin, bar jeder Eitelkeit und jedes Sinnes für Eleganz. Wahrscheinlich sehr arm, das dachte ich zumindest. Aber in ihrem Blick lag eine unglaubliche Entschlossenheit!«
    Es fand eine Art Mini-Praktikum statt, an dem alle neuen Mitarbeiterinnen teilnahmen und in dessen Rahmen ihnen Ratschläge und Anweisungen in Bezug auf ihre Rolle, ihreAusdrucksweise und ihr Erscheinungsbild erteilt wurden (man empfahl, ein modernes Kostüm zu tragen). Am ersten Tag der Konferenz hatte Mabruka ihr Entrée in Bab al-Aziziya, als sie die Delegation von Guinea zur Begrüßung Gaddafis begleitete. Das hatte offenbar ausgereicht. Noch am selben Abend teilte sie ihrer Vorgesetzten mit: »Du musst eine Vertretung für mich finden. Ab jetzt arbeite ich direkt für den Bruder Führer.« Sie hatte es geschafft.
    Die Familie, die sie bei ihrer Ankunft in Tripolis aufgenommen hatte, erzählte später von ihrem Drang, eine Arbeit zu finden, und vor allem von ihrer sturen Entschlossenheit, Gaddafi persönlich kennenzulernen. »Ein einziges Mal würde ausreichen«, behauptete sie. »Ein einziges Mal, und er wird mich einstellen wollen!« Ihren Erfolg erklären sich alle damit, dass sie intensiv der Schwarzen Magie nachging, und nicht etwa damit, dass sie eine besondere Ausstrahlung gehabt hätte. Während all der Jahre, die sie in Gaddafis Diensten stand, traf sie sich mit den bekanntesten Hexenmeistern Afrikas in ihren jeweiligen Ländern und lud sie nach Tripolis ein.
    Mit der Zeit wurde Mabruka zur Gebieterin über eine Art Harem, der im Kellergeschoss der Führerresidenz untergebracht war und dem sich junge Mädchen über Jahre hinweg als Gefangene zugesellten – sie waren in die Falle gelockt worden und später nicht mehr in der Lage, Anschluss in der libyschen Gesellschaft zu finden. Außerdem war Mabruka damit beauftragt, sexuelle Beute heranzuschaffen (Berichten zufolge schwärmte sie von den athletischen Körpern sehr junger afrikanischer Männer, die sie dann Gaddafi auslieferte). Und nicht zuletzt befehligte sie die »Spezialeinheit«, jene Mädchen in Uniform, von denen man annahm, sie bildetendie strahlende Leibgarde des Diktators. Man musste sich hüten, Mabrukas Aufmerksamkeit zu erregen oder, wenn auch nur beiläufig, eine Nichte, eine Cousine, eine Nachbarin zu erwähnen. Und wehe dem, der nach Bab al-Aziziya kam und um einen Gefallen bat (Unterkunft, Arbeit, ärztliche Behandlung). Mabruka wartete nur auf eine Gelegenheit, ihre Netze auszuwerfen.
    »Diese Frau war die Schande des Volkes der Tuareg«, sagte mir ein Stammesführer. »Wir wussten alle, was ›Spezialeinheit‹ bedeutete. Ob sie ihre Stellung ausgenutzt hat, um auch Frauen unseres Volkes gezielt anzusprechen? Sie ist zu allem fähig. Aber eine Targia würde sich eher umbringen als zuzugeben, so etwas durchgemacht zu haben.«
    Ich habe natürlich versucht herauszubekommen, wo Mabruka sich aufhielt. Es hieß, sie sei, wie die meisten der Gaddafi-Vertrauten, zu Beginn des Winters 2011 geflohen und befinde sich in Algerien. Jemand glaubte, sie

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