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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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zu fragen, wie es Babs gehe. Ich erinnere mich, da ich diese Aufzeichnungen nun in dem alten Tagebuch lese, daran, daß ich mit Sehnsucht und Beklemmung, aber mehr mit Beklemmung, erwartete, Ruths Stimme zu hören. Sie meldete sich nicht. Sie sei bereits heimgefahren, sagte mir eine Schwester, die mich dann mit einem Arzt verband, der bei Babs Nachtdienst hatte. Es gehe Babs wie am Morgen, sagte er. Vielleicht etwas besser. Babs schlief und schlief und schlief. Das sei, sagte jener fremde Arzt mir, aber ein typisches Symptom bei Meningo-Encephalitis. Kein Grund zur Sorge – im Moment wenigstens. Im Krankenhaus hatten sie meine Nummer (Suzys Nummer). Man werde sofort anrufen, wenn sich im Befinden des Kindes etwas verschlechtere, versprach jener Arzt mir. Das sagte ich dann telefonisch auch Bracken, der im LE MONDE auf mich wartete.
    Danach, so entnehme ich meinem Tagebuch, betrank ich mich mit Suzy. Wir schliefen auch wieder miteinander, ersehe ich aus meinen Aufzeichnungen, und während wir es taten, mußte ich dauernd an Ruth denken, was die Sache für mich dann so erschwerte, daß ich Suzy auf andere Weise befriedigen mußte. Zuletzt steht unter dem Datum dieses Tages: Kein Schlaf. Stehe auf und sitze im Wohnzimmer im Finstern. Frühstück mit Suzy um sechs. Sie ist sehr freundlich und sehr traurig. Als ich sie frage, was sie hat, antwortet sie: »Das weißt du so gut wie ich. Schade. Ich habe kein Glück bei den Männern, die ich liebe. Ich wünsche der anderen Frau viel Glück.«

10
    S onntag, 28. November 1971: Schon um 8 Uhr im Krankenhaus. Dr. Sigrand und Ruth. Dr. Sigrand besonders liebenswürdig. Ruth sehr kühl im Vergleich zu gestern. (Oder kommt mir das nur so vor?) Babs relativ gute Nacht. 40.2 am Morgen. Fieberdelirien. Unruhezustände. Blitzartige Zuckungen der Muskeln. Ärzte erklären: Alles normal, sind zufrieden. Bleibe den ganzen Tag in der Klinik. Sitze am Nachmittag stundenlang allein bei Babs. Wenn ich einmal auf den Gang hinausgehe, sehe ich viele Eltern zu Besuch auf dieser Kinderstation. Arme und Reiche, alles durcheinander. Die Trauer auf den Gesichtern erschreckt mich sehr. Zu Sylvia. Erzähle ihr, daß es Babs weiter besser geht. Sie macht einen ruhigen und zufriedenen Eindruck. Sie glaubt, was ich sage (?). Sehr müde. Früh ins Bett. Tiefer Schlaf.
    Montag, 29. November 1971: 8 Uhr früh Hospital. Ruth heute wieder viel freundlicher. (Alles Einbildung! Ich bin verrückt. Ich liebe. Ruth ist immer gleich freundlich, so sieht das aus.) Babs: Unverändert. Den ganzen Tag im Krankenhaus. Babs kommt am Nachmittag für kurze Zeit zu sich. Sieht mich, erkennt mich aber nicht. Schlägt wieder nach mir und schreit sich in Hysterie. Ruth sagt, ich müsse das Zimmer verlassen. Zu Sylvia: Babs geht es weiter besser, sage ich. In zwei Tagen wird man ihr den schweren Verband abnehmen, sagt sie, in drei Tagen die Fäden ziehen. Zu Suzy. Tel. Rod. Habe beim Rennen in Auteuil über 65000 Neue Francs gewonnen. Lucien hat es Rod gesagt, er war auf dem Rennplatz. Sage Rod, er soll dem Nachtportier 10000 als Geschenk von mir geben und den Rest aufbewahren. Sage Rod stets die Wahrheit über Babs’ Zustand. Er muß sie kennen. Suzy: Anruf von ihrem kleinen Grafen aus Acapulco um Mitternacht. Er bleibt noch drei Wochen und liebt sie unendlich. Coitus. Tiefer Schlaf.
    Dienstag, 30. November 1971: Ganzen Tag im Hospital. Ruth nimmt mich auf meinen Wunsch zur Visite mit. (Ich erhalte weißen Mantel.) Manche Kinder sehen so schrecklich aus, daß ich wegschauen muß. Wasserköpfe – Köpfe zweimal so groß wie der Körper. Kann nicht weiter mit Ruth gehen. Flüchte zu Babs. Die schläft. Fieber unter 40 gesunken. Ruth kommt. Babs für eine Stunde wach, wenn auch desorientiert. Mit linkem Arm und linkem Bein etwas nicht in Ordnung. Bewegt beide viel schwerfälliger als die rechten Extremitäten. Ruth sagt, das sei Teil des natürlichen Krankheitsablaufs. »Sie glauben mir nicht, Herr Norton, nicht wahr?« – »Nein«, sage ich. Und dann schnell: »Ja. Ja doch! Ihnen glaube ich.« Zu Sylvia: Babs geht es weiter besser. Sylvia glücklich. Aufgeregt, weil morgen Verband wegkommt und sie zum ersten Mal ihr Gesicht wieder sehen wird. Suzy hat Puppe für Babs gekauft, ich soll sie ihr ins Hospital mitbringen. Täglich Tel. mit Rod. Der ruft jede Nacht Joe Gintzburger in Hollywood an. Auf meine Anordnung erklärt er Joe stets, es gehe Babs besser und besser. Rod meint, Joe glaube ihm nicht.
    Mittwoch,

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