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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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verstehe Sie nicht!«
    »Ja, habe ich, leider.«
    »So stellten wir uns das vor. Es gelang Mrs. Moran, in Babs’ Zimmer zu kommen. Dann wurde eine Schwester auf dem Gang durch Geschrei aufmerksam und sah nach. Schöner Anblick; Babs, aus dem Schlaf gerissen, tobend, kreischend, nach der Mutter schlagend. Die Mutter auf den Fußboden gesunken, gleichfalls schreiend; heulend, schluchzend, in drei Sprachen stammelnd. Zusammengeklappt, als sie Babs so wiedersah, klar.«
    »Klar«, sagte ich.
    »Der Höllenspektakel weckte die ganze Station. Mrs. Moran benahm sich wie wahnsinnig. Und Babs bekam prompt wieder einen Anfall. Zuletzt waren da drei Nachtärzte und vier Schwestern beschäftigt. Einem der Ärzte gelang es endlich, Mrs. Moran eine Spritze zu geben. Zum Beruhigen. Inzwischen hatten andere Schwestern Doktor Sigrand und mich alarmiert. Als ich ankam, war Mrs. Moran in ein leeres Zimmer gelegt worden. Die Spritze wirkte – noch nicht sehr. Die Spritze, die sie Babs geben mußten, wirkte sofort. Babs schläft wieder. Aber Sylvia Moran nicht!«
    »Verflucht«, sagte ich. »Das ist ja reiner Wahnsinn, was sie da getan hat.«
    »Sie können auch sagen, sie hat es aus reiner Mutterliebe getan.«
    »Aber sie war doch ganz friedlich und glaubte mir alles, was ich ihr erzählte über Babs, als ich am Abend bei ihr war – daß es Babs besser geht und so weiter …«
    »Kein Wort hat sie Ihnen geglaubt, Herr Norton! Eine große Schauspielerin, wirklich. Sie hat gefühlt, daß sie belogen wird.«
    Suzy hatte sich eine Zigarette angezündet und sah mich an. »Was Schlimmes?« flüsterte sie.
    Ich nickte.
    »Wie kam sie aber aus der Klinik von Professor Delamare raus?«
    »Auch sehr schlau. Schlich aus ihrem Zimmer zum Schwesternzimmer. Da hing der Umhang der Nachtschwester – Hélène heißt die, wie?«
    »Ja. Hélène vertritt noch immer zwei andere …«
    »Aha. Mrs. Moran nahm den Umhang. Die weiße Haube. Ihre Kleider hatte sie sich in ihrem Krankenzimmer angezogen. Den Umhang also drüber. Unten, bei der Kontrolle, den Kopf weggewandt, Hélènes Stimme nachgemacht, gute Nacht gesagt – die richtige Hélène war im Begriff, heimzufahren –, na, und der Kerl, der da aufpaßt, sah nicht richtig hin und nickte nur und öffnete das Tor – für Sylvia Moran! Das haben wir inzwischen herausgekriegt. Danach ist sie durch den Regen hierher gelaufen.«
    Ich fluchte.
    »Fluchen Sie nicht, Herr Norton«, sagte Ruths Stimme. »Versetzen Sie sich in Mrs. Morans Lage. Das soll man immer tun – sich in die Lage des anderen versetzen.«
    »Okay, okay.« Ich machte Suzy ein Zeichen, daß ich dringend etwas trinken mußte. Enger und enger wurde der Ring um mich, der Ring der Jäger und der Hunde. »Wunderbare Mutter. Erschütterndes Beispiel von Liebe. Mir kommen Tränen. Ich sehe jetzt erst, was ich an Sylvia habe, was für ein wertvoller Mensch sie …«
    »Herr Norton!« Zum erstenmal klang ihre Stimme scharf.
    »Ja, Frau Doktor?«
    »Lassen Sie das! Sagen Sie mir lieber, was nun geschehen soll!«
    »Das frage ich Sie!«
    »Nein, die Frage müssen Sie beantworten! Mrs. Moran kann hier nicht bleiben. Sie muß zu Professor Delamare zurück. So schnell wie möglich. Und, in Ihrer beider Interesse, so, daß es niemand merkt.«
    »Wie macht man das?«
    »Das weiß ich nicht. Besonders in Anbetracht von Mrs. Morans Zustand. Tut mir leid, da müssen Sie sich etwas einfallen lassen. Und beeilen Sie sich, die Moran kann hier nicht allzulange bleiben, sonst entstehen Gerüchte. Ich hänge jetzt ein. Ich muß mich um Babs kümmern. Doktor Sigrand ist bei der Mutter. Rufen Sie an, sobald Sie einen Weg gefunden haben. Aber rufen Sie bald an – es geht jetzt um die Zukunft von Mrs. Moran … und um die Ihre !«
    Klick! Sie hatte eingehängt.
    Suzy kam mit einem großen Glas voll Calvados.
    Ich trank es in zwei Schlucken leer.
    »Ich habe mitgekriegt, was passiert ist«, sagte Suzy, mich streichelnd. »Deine Hure ist im Hospital, und du mußt sehen, wie du sie da wieder raus und zurück zum Professor bringst, wie?«
    Ich nickte. Ich konnte vor Wut nicht reden. Speiübel war mir vor Wut. Mutterliebe! Genau das, was mir noch gefehlt hatte! Aber Sylvia mußte zurück zu Delamare, schnellstens, unerkannt, sonst war unsere Zukunft im Eimer, da hatte Ruth recht.
    Also los, laß dir was einfallen, Playboy. Mach einen schönen Plan, Playboy, es geht um dein Wohlleben! Los, tu was, Gigolo! Armer Gigolo. Schöner Gigolo. Vorwärts mit

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