Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
Vom Netzwerk:
Ronston nicht? Kein Wort glaubte sie mir! Mit einer Hure lebte ich und machte mir ein schönes Leben, während sie hier in einer Klinik lag und Babs, das arme Kind, so schwer erkrankt, in einer anderen. Da begann dann, sogleich nach dem Liebesgestammel, ein solches Getobe, daß Schwester Hélène hereingelaufen kam, um zu sehen, was los war.
    Sylvia nahm sich vorübergehend zusammen und lächelte wie eine Botticelli-Venus. Schon eine große Schauspielerin – alles, was wahr ist.
    Kaum war Schwester Hélène draußen, ging die Sache weiter, diesmal leiser. Sylvia Moran ist ein absoluter Vulkan, ein Orkan, was Sie wollen. Ich habe einmal erlebt, wie die Magnani dem Roberto Rossellini eine Szene wegen der Bergman machte, in einem Lokal in Rom. Und die Magnani, Sie wissen es, hatte es auch in sich, mein lieber Mann. Aber dagegen Sylvia – überhaupt kein Vergleich! Ich ließ alles ruhig über mich ergehen und schwor nur immer wieder bei allem, was mir gerade einfiel, daß ich Sylvia niemals betrügen würde oder auch nur könnte (bei allem schwor ich, nur nicht beim Leben von Babs, seltsam, nicht wahr?). Ich war dabei ganz beruhigt. Hatte ich Sylvia nicht eine falsche Adresse genannt? Hatte ich nicht gesagt, in dem Studio gebe es kein Telefon? So war es mit Rod Bracken besprochen worden, als ich mit ihm im LE MONDE telefonierte – ja, es war zuerst seine Idee gewesen. Noch nie zuvor hatte ich so innig mit Bracken zusammenarbeiten müssen, noch nie zuvor war der eine vom anderen abhängiger gewesen – und das sollte bald schon noch viel ärger werden.
    »Wenn du mir nicht glaubst, frag doch Rod!« sagte ich.
    »Rod und du – ihr steckt doch unter einer Decke!«
    Dann machte ich meine Plüschaugen und war sehr traurig und sagte, ich hätte das wohl nicht von ihr verdient, nun, da ich mich so um Babs sorge und überhaupt, daß Sylvia ausgerechnet jetzt an meiner Liebe zweifele und mir eine solche Niedertracht zutraue – mit einer anderen Frau zu schlafen, wenn Babs doch in einem Krankenbett liege und sie auch …
    Das wirkte.
    Sie schämte sich und küßte meine Hände und fragte, ob ich ihr verzeihen könne, es sei doch nur Liebe, die sie so eifersüchtig mache und so ungerecht und mißtrauisch, nur Liebe!
    Na ja, ich verzieh ihr, mein Herr Richter, und dabei dachte ich darüber nach, wie wirklich ungerecht Sylvia mich verdächtigte. Natürlich hatte ich sie belogen, natürlich schlief ich mit einer anderen Frau. Doch mit dieser Frau, mit der ich schlief, mit der kleinen Suzy, mit der betrog ich Sylvia nicht im wirklichen, ernsten Sinn des Wortes. Wenn ich sie betrog, und das tat ich, dann mit einer anderen Frau. Mit einer, die ich noch nicht angerührt hatte, die ich nicht anzurühren gewagt hätte, mit einer Frau, die ich – das wurde mir während unseres Streites klar, jäh, erschreckend, grell, mein Herr Richter – mit einer Frau, die ich wirklich zu lieben begonnen hatte auf eine Art, auf die ich noch niemals geliebt hatte zuvor.

9
    S ie haben, mein Herr Richter, nach meiner Verhaftung und Einlieferung in dieses Untersuchungsgefängnis auch eine Reihe von Tagebüchern von der Polizei erhalten, die all meinen persönlichen Besitz beschlagnahmt hat. Ich habe Ihnen erklärt, daß ich diesen Bericht nur abfassen könne, wenn Sie mir jene Tagebücher, die ich in einer ganz. persönlichen Geheimschrift abgefaßt habe, zur Verfügung stellen. Das haben Sie getan. Die Tagebücher liegen vor mir.
    Ich habe ein Tagebuch aus dem Jahr 1971 geöffnet – es sind lauter ziemlich dicke Bücher mit harten, grünen Einbänden und linierten Seiten, und ich werde nun über die Ereignisse bis zum Tag der Katastrophe anhand meiner Aufzeichnungen berichten.
    Unter dem Datum des 27. November finde ich, verschlüsselt und sehr verkürzt, Anmerkungen über meinen Besuch bei Sylvia, über die Szene, die sie mir machte, und wie ich sie beruhigte und wie ich, voll Erschrecken , feststellte, daß ich begonnen hatte, Ruth zu lieben. (All das, worüber wir am Vormittag im Hospital gesprochen hatten, steht auch unter diesem Datum, es ist sehr ausführlich festgehalten, darum konnte ich es, nach so langer Zeit, auch noch so exakt wiedergeben.) Dann sehe ich, daß Suzy für mich an diesem Abend grüne Bohnen mit Hammelfleisch gekocht hat, weil sie wußte, daß ich dies so gern esse. Suzy hat sich unerhört mitfühlend benommen, was Babs anging, und sie hat mich dazu gebracht, noch einmal im Hôpital Sainte-Bernadette anzurufen, um

Weitere Kostenlose Bücher