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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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machen Sie mit diesem Italiener?«
    »Keine Ahnung.«
    »Schlimm«, sagte Ruth.
    »Sehr schlimm«, sagte ich. »Wie geht es Babs?«
    »Gut. Sie schläft. Ich war eben bei ihr.«
    Ich atmete tief aus.
    »Wenn ich Ihnen helfen könnte, Herr Norton … wenn ich Ihnen jetzt helfen könnte … Aber ich kann es nicht, wie?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Und dann lehnte ich mich gegen die Wand und schloß die Augen. »Was haben Sie? Ist Ihnen schlecht?«
    »Nein«, sagte ich. »Ich muß nur telefonieren. Schnellstens. Kann ich in Ihr Zimmer kommen?«
    »Natürlich.«
    »Aber jemand muß auf den Italiener aufpassen, damit der mir nicht ausreißt.«
    »Es ist schon der Arzt von vorhin unterwegs zu ihm. Haben Sie einen Ausweg gefunden, Herr Norton?«
    »Ich weiß es noch nicht«, sagte ich. »Vielleicht … Hoffentlich.«

15
    S ignor Marone?«
    »Ja, verflucht. Wer ist da?«
    »Kaven. Philip Kaven«, sagte ich. Jetzt sprach ich italienisch. Ich saß an Ruths Schreibtisch in ihrem Zimmer. Ruth saß neben mir. Sie ließ den Blick ihrer ernsten Augen nie auch nur eine Sekunde von mir.
    »Kaven?« fragte Marone.
    »Kaven, ja.«
    »Sind Sie in Rom?«
    »In Paris. Im Hôpital Sainte-Bernadette.«
    »Sie sind besoffen, ja?«
    »Nein, Carlo.«
    »Phil! Was machen Sie in einem Krankenhaus?« fragte er. Seine Stimme klang brutal und aggressiv – er hatte nicht alle Merkmale seiner Zuhälterei ablegen können, der heute so große, so mächtige Carlo Marone, da in seinem Schloß auf dem Hügel der Snob-Snob-Snob-Society, dem Pincio. Na ja, und dann sagte ich ihm, was ich im Hôpital Sainte-Bernadette machte. Ich sagte ihm einfach alles, mein Herr Richter. Ich bemerkte, daß mich Ruth entsetzt ansah. Ich schüttelte den Kopf, und die nächsten Worte, die ich sprach, beruhigten sie. Ich sagte: »… so, jetzt wissen Sie, was los ist, Carlo. Sie wissen auch, was passiert, wenn Sie nur ein einziges Wort, eine einzige Silbe weitergeben. Wissen Sie es?«
    »Ja«, sagte Marone.
    »Dann sagen Sie es«, sagte ich. »Sagen Sie es, Carlo.«
    »Ich weiß, daß ich dann niemals mehr einen Film von SEVEN STARS und Sylvia in mein Programm kriege …«
    »Richtig.«
    »… und von diesen Filmen lebe ich. Wenn ich Sylvias Filme nicht mehr kriege, bin ich pleite.«
    »Richtig. Und was machen Sie dann?« fragte ich.
    Er schwieg, und ich hörte ihn schwer atmen.
    »Dann machen Sie das, was Sie früher gemacht haben, Carlo«, sagte ich. »Dann sind Sie kein Verleiher mehr. Ihr Schloß, Ihr Geld, Ihre Kunstschätze, all das nehmen SEVEN STARS Ihnen weg, denn Sie stehen da hoch in der Kreide, das wissen Sie. Dann können Sie wieder Mädchen suchen und sie rauschgiftsüchtig machen und tagelang ans Bett binden und halbtot schlagen, bis sie für Sie laufen – genauso, wie Sie’s früher getan haben.«
    Ruths Blick änderte sich nicht. Da war kein Ekel, kein Entsetzen in diesen braunen Augen, nur Interesse.
    »Und wenn Sie dann wieder als Zuhälter etabliert sind, lassen wir Sie hochgehen. Und Sie kommen in eine hübsche kleine Zelle. Lange, Carlo, das verspreche ich Ihnen. Sehr lange.«
    »Hören Sie auf, Phil«, sagte er. »Was soll ich also tun?«
    Sagte er, dieser Liebling der Damen. Solche wie wir scheinen ein internationaler Klub zu sein. Wir verstehen einander immer sofort.
    »Sagen Sie es mir schon, Phil, verflucht!«
    »Na, Sie wissen’s doch«, sagte ich und sah die seltsame Uhr an der Schultafel in Ruths Zimmer an, die nur einen Zeiger hatte und zwölf primitive Bilder neben jedem Stundenstrich und unter den Bildern Wörter – MITTAG, NACHMITTAG, ABEND, NACHT, SCHLAFEN, MORGEN …
    »Ich soll dafür sorgen, daß diese Bildagentur diesen Notti dazu bringt, das Maul zu halten«, sagte Marone, und ich las, was auf den Zetteln an der Tafel stand: HAUT, GUMMI, PELZ, WÄRME, WINTER, SCHLAF, SONNE …
    »Richtig. Sie kennen den Gottsöbersten der Agentur.« Das war keine Frage. Das war eine Feststellung. Marone kannte praktisch jeden Menschen in Rom, der wichtig oder gefährlich oder nützlich war oder sein konnte. Und er kannte auch alle Laster, die heimlichen Sexpartys mit Kindern, die Steuerbetrügereien, die Devisenschiebungen, die Verbrechen kleineren und größeren Ausmaßes all dieser Leute. Spezialist für so etwas. Schon eine Type, dieser Marone.
    »Klar kenne ich den«, sagte Marone. »Pietro Cossa heißt er.«
    »Und was hat der für eine Spezialität?«
    »Sadist. Ist verwickelt in eine Sache, bei der ein Mädchen umgebracht wurde,

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