Niemand ist eine Insel (German Edition)
der KREIDEKREIS!« Sie zuckte die Schultern. »Glaub mir doch! Alle sagen es! Bitte, Sylvia, halte durch! Mach, was du willst! Wir werden es vertuschen! Mit Geld und Beziehungen kann man alles vertuschen! Ich werde dir nie böse sein – nie, niemals! Ich verstehe dich! Ich werde dich immer verstehen. Schlaf mit noch einem anderen Mann!«
»Fünf«, sagte sie.
»Was fünf?«
»Mit fünf Männern habe ich geschlafen. Oder waren es mehr? Ich weiß nicht.«
»Wann?«
»Seit … seit das passiert ist mit Babs.«
»Wo?«
»In Rom … hier …«
»Was waren das für Männer?«
»Weiß ich nicht mehr.«
»Du mußt es wissen! Erinnere dich! Ich sage das nicht, weil ich dir eine Szene machen will! Ich muß es wissen, um dich zu schützen!«
»Hat keinen Sinn, Phil. Ich weiß es wirklich nicht. Ich habe es vergessen. Ich vergesse so vieles. Da ist etwas in meinem Kopf. Eine Kugel. Nein, keine Kugel. Eine Leere, die so ist wie eine Kugel. Sie saugt alles in sich hinein …«
»Wir werden dir helfen, Sylvia. Wir werden dir einen guten Arzt geben.«
»Er wird mir nicht helfen.«
»Bestimmt wird er dir helfen! Ganz bestimmt! Du mußt …«
»Ich weiß, was ich muß, Phil. Hab keine Angst. Ich drehe weiter. Heute drehe ich wieder nachts. Ich werde pünktlich und präzise sein. Ich war es doch auch bisher immer, nicht?«
»Immer, Hexlein, immer. Die Muster sind …«
»Du kommst natürlich auch raus, heute nacht. Wegen der Fotografen und Reporter. Deshalb haben sie dich doch so schnell gerufen.«
»Ich … nein … Ich bin gekommen, weil …«
»Weil sie dich gezwungen haben. Wir werden beide für die Reporter und die Fotografen da sein wie immer. Heute nacht. Solange sie wollen. Zufrieden, Phil?«
»Ich …«
»Phil?«
»Ja, Hexlein?«
»Bitte, geh jetzt.«
»Ich dachte, es würde dich freuen, wenn ich bei dir bin.«
»Es freut mich auch. Aber ich muß allein sein. Nicht böse sein, Phil. Bitte.«
»Natürlich nicht.« Ich stand auf und versuchte wieder, ihre Stirn zu küssen.
Sie wich zurück.
»Nicht …«
»Nein, gewiß nicht … Also dann gehe ich jetzt, Hexlein … Auf Wiedersehen …«
»Auf Wiedersehen.«
»Alles wird gut, du wirst es sehen!«
»Niemals«, sagte sie.
Ich ging zur Tür. Ich hatte sie schon fast hinter mir geschlossen, da hörte ich ihre Stimme: »Phil?«
»Ja?«
»Nächste Woche kommst du wieder nach Madrid?«
»Natürlich, Hexlein, natürlich.«
Ich erwartete eine Antwort, aber es kam keine mehr. Sie starrte wieder das Bild mit dem Pferd an.
Ich schloß ganz leise die erste und die zweite Tür hinter mir und ging zum Lift und fuhr in die Halle hinunter und ging in die Bar, wo Bracken, Lejeune und Dr. Lévy an jenem Tisch saßen.
Ich setzte mich. Ein Kellner kam.
»Whisky«, sagte ich. »Bringen Sie gleich zwei Doppelte. Pur. Mit Eis.«
Die drei Männer sahen mich an.
»Schlimm?« fragte Bracken.
»Sehr schlimm. Sie hat das Gefühl, daß in ihrem Kopf was nicht stimmt. Sie hat noch mit anderen Männern geschlafen. Weiß nicht, mit wie vielen. Weiß nicht, was sie noch tun wird. Weiß, daß Babs niemals mehr ganz gesund werden wird, irgendein Trottel von Arzt muß ihr das gesagt haben. Sie kann es nicht ertragen, daß ich sie auch nur anrühre.«
Bracken sagte den obszönsten Fluch, den ich jemals gehört habe.
Dr. Lévy sagte: »Es heißt: ›Wenn du klug bist, so mische nicht das eine mit dem anderen. Hoffe nie ohne Zweifel, und zweifle nie ohne Hoffnung‹.«
»Yeah«, sagte Bracken. »Yeah.«
»Hast du Joe erreicht?«
Bracken nickte.
»Und?«
»Du bist schuld. Ich bin schuld. Bob ist schuld. Wir alle sind schuld. Dann wurde das alte Schwein endlich normal. Hat mich warten lassen. Von zweitem Apparat aus telefoniert. Morgen mittag kommt mit TWA Doktor Lester Collins. Und vier Detektive von SEVEN STARS.«
»Wer ist Doktor Collins?«
»Joes Feuerwehr für solche Fälle. Freunde. Joe schwört auf ihn. Der Beste der Besten. Hat schon so viele behandelt von Joes Film-Weibern. Wenn einer es schafft, schafft es er, hat Joe gesagt. Und daß Sylvia weiterdrehen muß, unter allen Umständen. Die Produktion darf nicht stehen.«
»Sylvia hat gesagt, sie wird weiterdrehen. Und alles tun, was die Fotografen von ihr und mir wollen.«
16
H ei, wie der Rest der Stadt in dieser Nacht niederbrannte, wie Balken stürzten, Menschen in Panik zu flüchten suchten aus der Flammenhölle, Schweine, Esel, Hühner, Hunde, wie die Panzerreiter wüteten!
Die Nacht
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