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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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war zwar kühler, aber durch die Brände entstand erneut Hitze. Der Palast des Gouverneurs. Die feige Flucht der Frau des Gouverneurs unter Zurücklassung des Kindes, eines kleinen Jungen. Die Beratung des Gesindes, das auch zu flüchten entschlossen war. Das Kind? Darum sollte sich die Dümmste, Ärmste und Beschränkteste im Geiste kümmern – die Küchenmagd Grusche. Grusches Widerspruch. Wie sie das Kleinkind liegenlassen wollte, wie sie es dann doch, zornerfüllt gegen das Kind, mit sich schleppte, diese Grusche, diese Sylvia Moran, die ich so unvergleichlich noch niemals habe spielen sehen, und die dringend psychiatrischer Behandlung bedurfte. Niemals noch, mein Herr Richter, wurde eine solche Leistung auf Film gebannt wie in jener Nacht, da diese Größte der Größten bereits total durchgedreht und sich zur echten Hysterikerin und Nymphomanin entwickelt hatte, für die bereits einer der bekanntesten Film-Psychiater, Joes Freund Dr. Lester Collins, über den Atlantik Madrid anflog.
    Rudel von Fotografen und TV- und Wochenschau-Teams – von Bob Cummings und Rod bestellt, dazu unsere eigenen Standfotografen. Gedreht wurde bis 6 Uhr 30 früh. Sylvia war diszipliniert wie noch nie. Sie tat, was man ihr sagte. Und wenn sie es sechsmal wiederholen mußte.
    Der Regisseur da Cava sprach aus, was alle dachten: »Eine solche Persönlichkeit gibt es nur einmal.«
    Natürlich, zwischen den Dreharbeiten, auch Hunderte Fotos von Sylvia und mir – ich in Straßenkleidung, sie im Kittel der Magd Grusche, in den Dekorationen. Wir gaben beide unser Bestes. Sie haben vielleicht die eine oder andere dieser Aufnahmen gesehen, mein Herr Richter. Einige wurden ausgesucht für die berühmte Fotoausstellung ›Family of Man‹, die von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent geschickt wird seit einiger Zeit. Zwei Dinge galt es zu beachten in dieser Nacht: Auch diese Werkaufnahmen mußten beweisen, wie sehr Sylvia und ich einander liebten. Zum zweiten: Ich mußte ihr in allem recht geben, auf alle ihre Forderungen und Wünsche eingehen. Dabei hatte sie nur eine einzige Forderung: »Ich will mein Kind sehen.« Aber diese Forderung stellte sie, während die Kameras liefen, während die Verschlüsse der Fotoapparate klickten, fünfzigmal, hundertmal, immer wieder.
    »Gewiß, Hexlein, sobald es geht, wirst du Babs sehen.«
    Es gibt nichts, was ich nicht versprochen hätte.
    Es ging um 25 Millionen Dollar.

17
    D en ganzen nächsten Tag dann weitere Aufnahmen von uns beiden, dem ›Liebespaar des Jahrhunderts‹. Diesmal beide superelegant angezogen – vor dem Museo del Prado. Im Prado. Murillo, Velasquez, Goya, El Greco, französische, flämische, deutsche Meister bewundernd. Eng umschlungen. Wangen aneinander. Viele Kußaufnahmen. Nicht das geringste hatte Sylvia da gegen solch intime Berührungen einzuwenden. Eben eine Schauspielerin. Sie spielte alles.
    Aufnahmen vor der Puerta de Alcalá, diesem Triumphbogen aus dem Jahre 1778. Die Liebenden. El Retiro, dieser schöne Park. Die Liebenden. Den ganzen Tag Aufnahmen der einander einfach über alles Liebenden. Auf der Plaza de la Villa. Auf der Plaza de Oriente. (Nach den Nachtaufnahmen hatte Sylvia drehfrei.) Auf der Puerta del Sol, dem wichtigsten Platz Madrids. Immer neue Posen, immer neue Einfälle. Die meisten kamen von Sylvia. Umarmungen. Küsse. Die ganz, ganz große Liebe eben. Wenn ich sie küßte, umarmte, an mich drückte, muß das so für sie gewesen sein, wie wenn sie das alles mit einem Partner im Film zu spielen hatte. Sie war freundlich und schweigsam. Nicht ganz. Den ganzen Tag (»Reden Sie miteinander!« schrien die Fotografen) sagte sie dasselbe: »Ich muß Babs sehen.«
    »Gewiß, Hexlein. Natürlich, Hexlein. Ich werde das alles arrangieren.«
    Cheese!
    Keep smiling. Keep smiling!
    Temperatur: 43 Grad. Ich mußte mich dreimal umziehen und viermal meine Wäsche wechseln. Nicht nur der Hitze wegen.
    Gegen Mittag landeten mit TWA die vier Detektive von SEVEN STARS und Joes Freund, der so berühmte Psychiater für Schauspieler (er hatte nur eine private Praxis) Dr. Lester Collins. Groß, blendend aussehend, wir trafen ihn in unserem Appartement im CASTELLANA HILTON. Er streichelte Sylvias Wange, drückte ihre Hände, er sprach mit ruhiger und güter Stimme: »Seien Sie ohne Sorge, Mrs. Moran, seien Sie ganz ohne Sorge. Wir bringen alles in Ordnung. Kleinigkeiten, nur Kleinigkeiten.«
    Sagte der gefeierte Dr. Collins. Dieser Collins – davon später.
    Es

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