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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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gewünscht wie ein Kind …) Natürlich wollte er Sylvia heiraten – sofort! Aber sie wollte nicht. Er hatte davon abgesehen, Anwälte einzuschalten, weil er Sylvia eben liebte, immer noch, heute noch, mehr denn je, weil er ihr nicht schaden wollte. Er hatte seinen Kummer viele Jahre mit sich herumgetragen. War ohne eigenes Verschulden ins Unglück geraten, während Sylvia ein großer Star, der größte Star wurde. Er hatte – nein, er schämte sich nicht, das zu bekennen – in tiefster Not Sylvia um Geld gebeten. Hatte auch Geld bekommen. War dann aber wie ein Verbrecher behandelt und hinausgeworfen worden. Nun war er alt und allein. Und Babs wurde größer und größer. Seine ganze Freude. Sein ganzer Stolz. Sein Kind! Er hatte ein Recht auf Babs! Er würde um sie kämpfen mit allen Mitteln! Und so weiter. »Wenn man das so liest, kann man auch sagen, es ist großartige Publicity für Sylvia«, meinte ich.
    »Ja, könnte man. Wenn man nicht weiß, daß Babs hirngeschädigt ist und im Versteck lebt. Wenn man nicht weiß, was Sylvia in Monte-Carlo gesagt hat damals. Wenn man nicht weiß, daß sie deshalb seit Jahren erpreßt wird. Wenn man nicht weiß …«
    »Genügt schon«, sagte ich. Jetzt wurde mir schlecht. Jetzt brauchte ich etwas zu trinken. Ich ging und machte uns beiden zwei Riesen-Whiskys. Vor den Fenstern war nur noch weiße Finsternis. Ich knipste alle Lampen an. Ich sah, daß Bracken gierig trank, und machte ihm noch einen Whisky. Mir auch noch einen.
    »Doktor Kassner kümmert sich um Sylvia«, sagte Bracken. »Ich habe ihn gefragt, ob sie das durchhält bis April. Und überhaupt.«
    »Und?«
    »Er hat gesagt ja.«
    »Wenn nicht noch mehr kommt«, sagte ich.
    »Ja«, sagte Bracken. »Das ist die Scheiße. Jetzt geht Rettland nämlich groß ran. Andere Magazine. Bessere. Seriösere. Jedes Wort wird bestimmt von drei Anwälten gecheckt. Du kannst ihm nicht an den Wagen. Sagen die Anwälte von Joe. Sagt Sylvias Anwalt. Sagen alle. Unangreifbar, der Mann. Und jetzt denk an Amerika, an diese Heulsusen-Vereine, diese gottverfluchten Frauenorganisationen! Ein Mann, arm, verlassen, alt, kämpft um seine Tochter. Eine Frau, zu schön, zu erfolgreich, zu berühmt für diese Weiber, verweigert ihm sein Kind. Und das vor dem ›Oscar‹! Wäre alles nicht so schlimm, wenn Babs gesund wäre. Wenn rauskommt, was mit ihr wirklich los ist, kann sich Sylvia umbringen. Einmal hat sie’s schon versucht. Das nächste Mal wird sie dafür sorgen, daß es ihr gelingt.«
    »Und man kann wirklich nichts gegen diesen Rettland unternehmen?«
    »Nicht so viel!« Bracken schnippte mit zwei Fingern. »Wir haben die besten Berater, die besten Anwälte. No can do.« Ich schwieg verstört. »Warum ich rübergekommen bin, Phil. Erstens, um dir das alles persönlich zu sagen – das ging nur persönlich.«
    »Ja.«
    »Zweitens: Wir wissen nicht, ob Rettland die Wahrheit über Babs kennt oder nicht. Eher nicht. Aber es muß alles, alles hier geschehen, damit unter keinen Umständen bekannt wird, daß du in Heroldsheid bist – und wer da noch ist. Bisher hat das funktioniert – den Reportern zu sagen, du bist auf Reisen in Europa, um den nächsten Film vorzubereiten. Hat prima funktioniert. Du weißt doch, ihr drei – Sylvia, du und Babs –, ihr habt einen Haufen Steine im Brett bei den Reportern.«
    »Wie lange? Wie lange, wenn sie die ganz große Story wittern?«
    »Richtig. Dann habt ihr keinen einzigen Stein mehr – nicht einen Kiesel. Babs können wir einfach nicht vorzeigen. Aber du , du mußt dich in Los Angeles sehen lassen – und zwar bei der ›Oscar‹-Verleihung. Da mußt du einfach an Sylvias Seite sein, das ist doch klar, wie?«
    Ich nickte.
    »Junge, haben wir uns in die Kacke geritten«, sagte Bracken verloren. »Und das alles muß ausgerechnet jetzt passieren, jetzt, bevor Sylvia ihren größten Triumph erlebt.«
    »Wenn du Rettland wärst, hättest du dir einen anderen Zeitpunkt ausgesucht?«
    »Das stimmt«, sagte er und sah mich seltsam an. »Natürlich nicht. Ich hätte dasselbe wie Rettland getan.«
    Mir fiel etwas ein – es war nicht wichtig, aber es kam mir gerade in den Sinn.
    »Apropos getan«, sagte ich. »Was habt ihr eigentlich mit Carmen getan?«
    »Wieso?«
    »Na, der haben wir doch eine Superkarriere versprochen damals, als sie für Sylvia einsprang.«
    »Ja und?«
    »Was ist nun mit ihr?«
    »Was soll mit ihr sein? Sitzt in Madrid in ihrer Export-Import-Firma und verflucht uns alle.

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