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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Santa-Monica-Hospital. Joe und Bracken sahen den Arzt an, der – für alle Fälle – anwesend war. Dr. Kassner nickte vertrauenerweckend.
    Unterdessen hatte Little Feather – ›Kleine Feder‹ – zu sprechen begonnen: »Meine Damen und Herren! Im Auftrag von Mister Brando habe ich die Ehre, Ihnen mitzuteilen, daß Mister Brando den ihm verliehenen ›Oscar‹ ablehnt, und zwar mit der Begründung, daß er – seine Erklärung hier kurzgefaßt – auf diese Weise weltweit gegen die ungerechte und diskriminierende Behandlung der Indianer in Amerika und speziell in der amerikanischen Filmindustrie protestiert …« Ihre weiteren Worte gingen unter in einer Mischung von Empörungs- und Beifallslärm der dreitausend geladenen Gäste.
    Diese Gala-Schau, die, wie jedesmal, überlang und überreich war an schmückendem Beiwerk (Ballett, Komiker, Sänger), wurde vom Fernsehen übertragen: An die sechshundert Millionen Menschen (etwa so viel wie seinerzeit bei Sylvias Sendung aus Monte-Carlo) sahen die Zeremonie, hatten eben erlebt, daß Marion Brando den begehrtesten Preis der Filmindustrie ablehnte und warum.
    Bislang hatte es eine Panne nach der anderen bei dieser fünfundvierzigsten Gala gegeben. Der Schauspieler Charlton Heston, der als einer der Zeremonienmeister die ›Oscars‹ zu übergeben hatte, war mit einer Reifenpanne auf einem Highway liegengeblieben. Für ihn mußte in letzter Minute Clint Eastwood einspringen, der natürlich nicht vorbereitet war, sich versprach und eine reichlich unglückliche Figur abgab. (Außerdem schien Brando einen sechsten Sinn gehabt zu haben: Eastwood war in seinen Filmen auch nicht eben immer der Freundlichste gegen die Indianer.) Dann: Bob Hope, der Witzbold vom Dienst, war nicht erschienen – schon zum zweiten Mal nicht in zwei Jahren. Dann … Es gab so viel, was schiefging an diesem Abend, was eine Atmosphäre der Gereiztheit und Nervosität schuf, die nun nach Brandos Ablehnung einen Höhepunkt erreichte.
    Ich sah Sylvia von der Seite an. Sie bemerkte es und lächelte mir zu. Ich war vor drei Tagen angekommen – willkommene Beute, zusammen mit Sylvia, für Presse, Funk und Fernsehen. Sylvia befand sich, so schien es mir, in recht guter Verfassung. Sie stand ständig unter Beobachtung Dr. Kassners und unter der Wirkung von Psychopharmaka. Romero Rettlands privater Krieg gegen sie war weitergegangen. Sechs andere Zeitungen oder Magazine hatten seine wehleidig-anschuldigenden Berichte gebracht, er war in zwei Rundfunksendungen interviewt worden. Mit all seinem Einfluß hatte Joe eben noch ein Fernsehinterview verhindern können, das bereits für den Tag der ›Oscar‹-Verleihung eingeplant gewesen war.
    Sylvia, behängt mit ihrem teuersten Schmuck, in einem Abendkleid, das aussah, als sei es aus reinen Goldfäden gewirkt, tief ausgeschnitten, körpereng, saß ganz ruhig. Ich nahm ihre Hand, während sich nach einigem Hin und Her die Lage auf der Bühne (und im Zuschauerraum) beruhigte.
    Eine große Reihe von Filmen, Schauspielern und Künstlern war schon geehrt worden – Francis Ford Coppola und Mario Puzo für das ›Beste Drehbuch‹, Luis Buñuel für den ›Besten ausländischen Film‹ (›Der geheime Charme der Bourgeoisie‹) … und dann, Joe schniefte heftig durch die Nase, regnete es, ja es regnete ›Oscars‹ für den KREIDEKREIS! Einen für Vera Lenner (beste weibliche Nebenrolle: die Frau des Gouverneurs), einen für James Henry Crown (beste männliche Nebenrolle: der Lumpenrichter Azdak), einen für Roy Hadley Ching (beste Kamera), einen für Oscar de Witt (beste Musik), des weiteren je einen für Mike Toran (bestes Drehbuch), Julio da Cava (beste Regie), Joel Burns (beste Ausstattung), einen für Bob Cummings (beste Produktion) … Joe hatte allen Grund zu schniefen! Die Musik hatte wieder eingesetzt, Diana Ross, ausgesucht als Hauptdarstellerin für den Film ›Lady Sings the Blues‹, der in Vorbereitung war, sang ›My Man‹ – Ouvertüre zur Bekanntgabe der ›Besten Schauspielerin‹. Das Lied war aus. Ein neues Kuvert wurde überreicht – diesmal bekam es Rock Hudson. Er entnahm ihm die Karte.
    »Meine Damen und Herren! Den Preis für ihre Leistung als beste Hauptdarstellerin des Jahres in dem Film der KREIDEKREIS …« – da schon setzte der Beifall ein – »… erhält – Sylvia Moran! «
    Tosender Applaus.
    Sylvia saß gelassen da, ruhig, entspannt, wie es schien.
    »Du mußt auf die Bühne«, sagte ich.
    »Ich hab es

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