Niemand ist eine Insel (German Edition)
Obwohl sie dankbar sein sollte. Fünftausend Dollar hat sie noch extra gekriegt.«
»Wofür?«
»Daß sie niemals ein Wort über die Sache spricht. Lejeune hat das geregelt.«
»Was?«
»Na, als wir wegflogen, da dachte sie natürlich, wir würden sie sofort nachkommen lassen, nicht? Als wir sie nicht nachkommen ließen, fing sie an zu schreiben. Zuerst mir – deine Adresse kennt sie ja nicht. Dann Sylvia. Dann Joe. Wurde richtig zickig, das Aas. Drohte, die Wahrheit über den Selbstmordversuch bekanntzugeben, und so weiter.«
»Und?«
»Und da haben wir ihr also Lejeune geschickt. Großes Theater zuerst natürlich – zuletzt natürlich so klein.« Wieder bemühte Bracken zwei Finger. »Die Klinik, der Doktor Molendero, die Polizei – die alle sagen nichts. Da ist alles dicht. Sagt Lejeune. Und was Lejeune sagt, kann man glauben. Er hat sich Carmens Geschichte angehört. Alles. Bis zu den großartigen Mustern, die in Hollywood solchen Aufruhr erzeugt hätten.«
»Sind doch nie Muster rübergekommen. Ihr habt doch ohne Film gedreht.«
»Aber ich hab ihr doch gesagt, daß Hollywood so begeistert von den Mustern ist. Kapierst du? Nur ich. Weiß schon, was ich tue. Lejeune hat in meinem Auftrag erklärt, daß ich das nie gesagt habe. Nie im Leben. Ihr Wort gegen das meine. Wem wird man glauben? Hat sie geheult. Hat überhaupt dauernd geheult, sagte mir Lejeune am Telefon.«
»Moment mal, aber wir haben behauptet, daß sie in die Klinik gebracht werden mußte. Herzattacke. Wenn die sich jetzt untersuchen läßt, und es kann einfach nicht stimmen, was wir gesagt haben? Wenn sie daraufhin da Cava und das Kamera-Team und alle, die sonst noch eingeweiht waren, als Zeugen benennt?«
»Da Cava hat inzwischen für zwei weitere Filme bei SEVEN STARS unterschrieben. Der Kameramann und seine Leute arbeiten schon an einem neuen Film. Alle abhängig von SEVEN STARS. Was interessiert die’ne spanische Pische?«
»Und du?«
»Was ich?«
»Du hast mit ihr geschlafen.«
»Ja, und? Was hat das damit zu tun?«
»Ach so, natürlich. Entschuldige.«
»Jetzt müssen die Fotografen und die Kleine aber bald kommen.«
»Wer?«
»Na, wir brauchen doch Fotos. Du und ich, wir verhandeln in Paris über einen neuen Film, und wir haben eine Partnerin für Sylvia gefunden. So was Süßes hast du noch nicht gesehen. Habe ich mir gestern ausgesucht. Unser Scout hier hat mir zwei Dutzend Hasen vorgestellt. Eine süßer als die andere. Chantal heißt die beste. Mensch, die Figur. Die Augen!« Er machte entsprechende Handbewegungen. »Einundzwanzig! Ich bin das große Wunder für sie! Bleibe noch zwei Tage in Paris. Chantal Clesson. Wird dir sofort freundlich in der Hose werden, wenn du sie siehst. Aber such dir selber eine, wenn du eine willst, unser Scout hat genug. Die da ist für mich.«
»Und wenn sie dann später dasselbe Theater anfängt wie Carmen?«
»Sind doch nur erste Besprechungen, nicht wahr? Wird sich dann leider wieder alles zerschlagen. Wie oft kommt das vor …«
49
D ie schwedische Schauspielerin Liv Ullmann rief, an der Seite Rock Hudsons, nachdem sie das Kuvert geöffnet und eine Karte herausgezogen hatte, in die Menge: »Den ›Oscar‹ für den besten männlichen Hauptdarsteller des Jahres in dem Film ›Der Pate‹ an – Marlon Brando!«
Beifall unter den Versammelten im ›Music Center of Los Angeles‹ brach los – obwohl eigentlich niemand etwas anderes erwartet hatte. Der Beifall steigerte sich, denn alles wartete nun darauf, daß Brando auf die Bühne kam. Brando kam nicht. An seiner Stelle kam – der Beifall ebbte ab – auf jene Bühne, auf der die Amerikanische Filmakademie zum fünfundvierzigsten Male die berühmten ›Oscars‹ für hervorragende Leistungen verlieh, eine schöne, zierliche Indianerin, noch sehr jung, in der Festtracht der Apachen. Mit einer eindeutigen Bewegung wies sie die Statuette zurück. Hudson und die Ullman starrten wortlos und ratlos umher. An ihrer Stelle ergriff die junge Indianerin das Wort: »Meine Name ist Sacheen Little Feather.« Sie schwang eine mehrseitige Mitteilung in der Hand.
»Das ist vielleicht ein Affentheater«, murrte Joe Gintzburger, der hinter mir saß, heftig schniefend. »Dieser Marlon! Ein Verrückter! Sei ruhig, liebste Sylvia, sei völlig ruhig.«
»Ich bin ganz ruhig«, sagte Sylvia, die neben mir saß, freundlich.
Ich drehte mich halb um. Rechts von Joe saß Bracken, links von ihm Dr. Elliot Kassner, der Psychiater vom
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