Niemand ist eine Insel (German Edition)
haben …« Diese Pastorenstimme! Diese sammetpfotenen Lidaufschläge! Das weiße Haar dieses Zwerges, die Güte, die sein Gesicht ausstrahlte!
»Ich nehme an, Mister Gintzburger – Sie sprechen übrigens großartig deutsch …«
»Ja.«
»… daß die Herren gekommen sind, um Herrn Doktor Nielsen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, nun, da es gilt, die Wahrheit über die schreckliche Tat zu finden, in welche Sylvia Moran verwickelt ist?«
»Natürlich wird nun alles geschehen, was nur geschehen kann, um Sylvia zu helfen. Sehen Sie, mein Freund, bei SEVEN STARS sind wir alle sozusagen miteinander verwandt, eine einzige glückliche Familie, der größte Star, der kleinste Klappenschläger. Nur so kann man wirklich gute internationale Filme machen.«
»Und die machen Sie, Mister Gintzburger.«
»Haben Sie schon den KREIDEKREIS gesehen?«
»Nein, Mister Gintzburger, aber ich werde morgen unbedingt …«
»Müssen Sie sich ansehen. Wirklich unbedingt! Einer der zwölf besten Filme der Welt – das sagen die Kritiker! Niemals hat jemand einen ›Oscar‹ so verdient wie unsere Sylvia. Wunderbare Frau. Ein Leben lang bin ich in diesem Beruf. Ich sage Ihnen: Sie ist die Größte, die es jemals gab.«
Die Anwälte blickten feierlich.
Der Reporter räusperte sich.
»Sie sind natürlich davon überzeugt, daß Sylvia Moran unschuldig ist.«
»Selbstverständlich! Diese Frau kann nur unschuldig sein, junger Freund. Sie kennen sie nicht persönlich. Sylvia ist … Sie ist ein Engel … ein Engel an Reinheit und Güte. Niemals im Leben wäre sie fähig, eine solche Tat zu begehen.«
»Sie behauptet aber hartnäckig, sie begangen zu haben.«
Einer der Anwälte neigte sich vor und sagte Joe etwas ins Ohr. Der nickte und wandte sich an den Reporter, welcher ihm das Mikro hinhielt. »Sylvia ist nicht klar. Sie ist noch immer im Schock.«
»Professor Eschenbach behauptet, der Schock sei längst abgeklungen.«
»Professor Eschenbach!« Joe wand die rosigen Händchen. »Ja, und was bedeutet das? Zur Zeit der Tat war sie im Schock, war sie unzurechnungsfähig – oder bestreitet er das auch?«
»Nein, soviel ich weiß, nicht …«
»Na also! Es läuft schon alles richtig, seien Sie beruhigt; es kommt ein berühmter amerikanischer Psychiater, Doktor Kassner, wenn der spricht, wird sofort alles anders aussehen, verlassen Sie sich darauf! Die arme Sylvia! Das gibt hier noch einen herrlichen Justizskandal, junger Freund! Doktor Nielsen ist einer der besten Strafverteidiger Ihres Landes, sein Bruder ist Verleger dieses Nachrichtenmagazins … Der Name fällt mir nicht ein … Doktor Nielsen wird …«
»Was wird Doktor Nielsen?«
»Herr Doktor Otto Nielsen wird in ganz kurzer Zeit durchgesetzt haben, daß Sylvia zunächst einmal wieder auf freien Fuß gesetzt wird, und dann …«
Ein anderer Anwalt flüsterte ihm etwas zu.
»Herr Doktor Nielsen wird erreichen«, sagte Joe, schnell einen Haken schlagend, »daß Sylvia Gerechtigkeit widerfährt. Man kann eine nervlich zusammengebrochene Frau nicht wegen einer Selbstbeschuldigung anklagen, die absolut lächerlich ist!«
»Aber Romero Rettland ist tot, Mister Gintzburger!«
»Ja, aber wer weiß wirklich, auf welche Weise er ums Leben kam? Er war ein Schw … Er war ein sehr böser Mensch, junger Freund.«
»Einmal Ihr größter Kassenmagnet, Mister Gintzburger!«
»Wann? Wann? Vor x Jahren! Und dann? Schlechte Frauen, Trunksucht, Rauschgift, Schlimmeres. Ja, das muß einmal gesagt werden, und ich werde es als Zeuge vor Gericht sagen! Romero Rettland – einst war er so etwas wie mein Sohn. Ich habe ihn aufgebaut, ihn zum Star gemacht. Und er?« Ein Anwalt neigte sich schnell vor, Joe nickte und winkte angeekelt ab.
Der Reporter fragte: »Ist es möglich, daß Rettland Sylvia Moran erpreßt hat?«
»Wie? Womit?«
»Das weiß ich nicht. Ich frage Sie, Mister Gintzburger.«
»Hören Sie, junger Freund, das ist nun völlig absurd. Sehen Sie sich den KREIDEKREIS an. Dann möchte ich wissen, ob Sie es noch einmal wagen werden zu fragen, wer auf Gottes weiter Welt diese wunderbare Frau, die größte Persönlichkeit der Filmgeschichte, weltweit geliebt und verehrt, mit irgend etwas erpressen kann! Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie mir Gelegenheit geben, das vor einer Fernsehkamera und vor Millionen zu sagen: Sylvia Moran gehört nicht in ein Untersuchungsgefängnis, sondern in ein Sanatorium! Erinnern Sie sich an Judy Garland? War das ein Star? Na also. Und in
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