Niemand ist eine Insel (German Edition)
Mount-Hebron-Hospital, gebe auf Ehre und Gewissen folgendes als wahr bekannt: Ich habe den Agenten Rod Bracken im Jahre 1968 in Los Angeles kennengelernt – in dem Nachtklub RED ANGEL.‹«
»Das ist eine Lüge«, sagt Bracken kalt.
»Unterbrechen Sie mich bitte nicht, Mister Bracken. Ich fahre fort: ›Wir unterhielten uns einen ganzen Abend über, dann meinte Bracken, ich könnte wohl eine Stange Geld verdienen, wenn ich für ihn in gewissen Fällen tätig würde …!‹«
Sehr starke Unruhe im Zuschauerraum.
»Ruhe! Ruhe!« Es wird still. »Bringen Sie bitte einen Stuhl für Mister Bracken, Herr Wachtmeister, es geht ihm offenbar nicht gut …«
Ein Stuhl wird gebracht. Bracken sinkt darauf. Er hat um ein Glas Wasser gebeten und verschüttet die Hälfte, als er mit einer zitternden Hand trinkt.
»›Ich wurde für Bracken mehrmals tätig‹«, liest der Vorsitzende weiter. »›Die einzelnen Fälle interessieren in diesem Zusammenhang nicht – bis auf zwei. Der eine Fall spielte sich von Juli 1969 an ab. Er dauert, in seinen Folgen, immer noch an. Es begann in Monte-Carlo …‹«
Lautes Stimmengewirr. Der Richter stellt mühsam die Ruhe im Gerichtssaal wieder her. Bracken sitzt reglos.
»›Am fünfundzwanzigsten Juli 1969 hielt Sylvia Moran über den Fernsehsender Monte-Carlo eine Ansprache anläßlich einer Gala zur Unterstützung von behinderten Kindern, welche die Fürstin von Monaco veranstaltet hatte. Die Fernsehansprache wurde weltweit übertragen. Den Text, den Sylvia Moran sprach, hatte Bracken verfaßt. Er sagte damals zu mir: ‚Es wird ihr zum Kotzen sein, was sie da zu sagen hat, genauso wie es mir zum Kotzen ist, aber sie wird es sagen, denn es ist erstklassige Publicity für sie! Allerdings nehme ich an, daß sie dann, nach der Sendung, wenn ihr bewußt wird, was sie gesagt hat, tobsüchtig vor Wut werden wird, wie ich sie und ihren feinen Charakter kenne. Deshalb kommst du mit uns nach Monte-Carlo, Roger, das ist dein neuer Job, dein größter bisher, da kannst du dir eine goldene Nase verdienen!‘ – ‚Was soll ich tun?‘ fragte ich. Bracken erklärte mir alles. Ich flog in einer Linienmaschine der TWA zwei Tage vor der Sendung nach Nizza, fuhr in Richtung Monte-Carlo weiter und wohnte in einem kleinen Nest nahebei, in Eze. Um es kurz zu machen: Bracken besaß technische Kenntnisse, besonders auf dem Gebiet aller elektrischen Anlagen – er hat da einmal richtig gearbeitet. Bracken (er sagte mir vorher, was er tun würde) brachte im Appartement der Moran im HÔTEL DE PARIS und in ihrer kleinen Garderobe im Fernsehsender Monte-Carlo Abhörgeräte an, die er mit versteckten Tonbandgeräten verband. Es war meine Aufgabe, mich als Unbekannter nach der Sendung um die Anlagen zu kümmern – so schnell wie möglich. Ich sollte alles wieder abmontieren und feststellen, ob irgendwelche Äußerungen, die Mrs. Moran belasten konnten, auf einem der Bänder registriert waren.‹«
»Rod!« Sylvia hat es gerufen, erstickt und schwach. Sie ist leichenblaß. Bracken rührt sich nicht.
Der Vorsitzende liest weiter: »›Unmittelbar nach der Sendung gelang es mir – Einzelheiten interessieren nicht, ich habe auch keine Zeit zu langen Schilderungen, mir ist elend, furchtbar elend, und die Tatsachen, die man nach Lektüre dieses Geständnisses leicht wird überprüfen können, erübrigen eine detaillierte Schilderung –, zuerst die Abhöranlage in der Fernsehsender-Garderobe und sodann die im HÔTEL DE PARIS abzumontieren. Die im HÔTEL DE PARIS war wertlos, denn was die Moran sagte, hatte sie schon, wie von Bracken erwartet, in der Garderobe gesagt. Dort hatte Bracken eine jener Rufanlagen für Schauspieler, über die sie durch Knopf druck auch mit der Regie sprechen können, präpariert: Er hatte ein Streichholzstückchen genommen und damit den Sprechknopf festgeklemmt, so daß die Anlage nur aufnahm, alles, was in dem kleinen Raum gesprochen wurde. Die Moran sprach eine Menge, ich hörte es, als ich dieses Tonband dann abspielte. Damit war meine Aufgabe in Monte-Carlo erledigt. Ich flog nach Wien, wartete dort eine Weile in einem kleinen Hotel und schickte dann einen Teil des Bandtextes, den ich überspielt hatte – meine Kenntnisse verdankte ich Bracken – zusammen mit der Erpressung, ebenfalls auf Band, wobei ich meine Stimme elektronisch verzerrte, vom Wiener Hauptpostamt an die Privatadresse der Moran. Ich förderte fünfzigtausend Dollar, andernfalls ich die Bänder publik
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