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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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machen wollte. Bracken hatte inzwischen ein narrensicheres System entwickelt, nach dem das Geld zu überweisen war, ohne daß man jemals dahinterkam, wer es erhielt … Alles, was ich tat, habe ich genau nach den Anweisungen Brackens getan, der mich anständig bezahlte. Die Äußerungen, die die Moran getan hatte, waren so schlimm, daß eine Veröffentlichung ihr Ende gewesen wäre. Infolgedessen konnte Bracken sie immer weiter erpressen, später mit kleineren Beträgen, bis zum heutigen Tag mit einer monatlichen Zahlung von zehntausend Dollar. Bracken wird das alles ableugnen, die Moran wird die Erpressung bestätigen. Sie wird nun wissen, wer der Erpresser war. Das ist der eine Fall.‹« Der Vorsitzende blättert um. »›Der zweite: Im November 1971 rief Bracken mich aus Paris an und sagte mir, ich solle sofort nach Paris kommen und mich zu seiner Verfügung halten. Das tat ich – er überwies mir telegrafisch Geld. Ich wohnte in einer kleinen Pension. Am vierten Dezember endlich trat Bracken mit mir in Verbindung und schickte mich nach Nürnberg. Das geschah knapp nach der Prügelei im Hof des Hôpital Sainte-Bernadette, in die Philip Kaven verwickelt war. Ich weiß heute noch nicht, was da vor sich ging. Ich sollte nach Nürnberg fliegen und Kaven und die Ärztin Doktor Reinhardt, von denen Bracken mir Bilder zeigte, zusammen fotografieren – in einer möglichst dramatischen Umgebung. Diese fand ich, nachdem ich Kaven und die Ärztin in Nürnberg unter Beobachtung hatte, am siebten Dezember bei einem Begräbnis auf dem Westfriedhof. Ich hatte von Bracken den Auftrag, die beiden mit einer Minox zu fotografieren und zu versuchen, Kaven sodann mit den Fotos scheinbar zu erpressen, ohne sie ihm jedoch wirklich zu verkaufen. Er und die Moran – und andere, nehme ich an – sollten nur wissen, daß es diese Fotos gab. Ich tat, was Bracken mir befohlen hatte, und ging dabei der amerikanischen und der deutschen Polizei in die Falle. Ich wurde in die Staaten abgeschoben und kam in das Mount-Hebron-Hospital, wo ich diese Aussage mache. Auf Befragen erkläre ich noch: Bracken sagte mir einmal: ‚Die Moran gehört mir . Sie wird mir immer gehören, weil sie mich einfach nicht verlassen oder fallenlassen kann, darum.‘ Angesichts meines nahen Todes schwöre ich, daß alles, was ich hier zu Protokoll gegeben habe, der reinen Wahrheit entspricht …‹« Der Vorsitzende überfliegt die Seite und sagt: »Folgen Unterschrift, Datum, Ort und die Unterschriften der anwesenden Zeugen.« Er läßt die Papiere sinken. »Mister Bracken, was haben Sie dazu zu sagen?«
    Keine Reaktion. Bracken sitzt zusammengesunken.
    »Mister Bracken!« Lauter.
    Und plötzlich springt Rod Bracken auf. Sein Gesicht ist verzerrt, er schreit den Vorsitzenden an: »Jawohl! Jawohl, Herr Richter, so war es, genau so! Alles, was dieser Scheißkerl Marne da angibt, stimmt!«
    »Aber warum …« Sylvias Stimme ist nur ein Flüstern. »Aber warum, Rod, warum?«
    Bracken fährt zu ihr herum: »Weil ich deiner sicher sein mußte, Sylvia! Sicher, daß du mich nie, nie feuerst!«
    »Das hätte ich doch nie getan!«
    »Sagst du! Glaubst du! Weißt du, was Menschen glauben, was Menschen tun? Du weißt es nicht! Ich weiß es!« schreit Bracken, größter und höchstbezahlter Agent, dereinst Schuhputzjunge, Tellerwäscher, Autowäscher, Leichenwäscher in New York, Lehrling bei einem sadistischen Elektromechaniker und einem gelähmten Taschendieb, Schlepper, Zuhälter, Dachdecker, Tankwart, Telegrammbote, Kartenknipser auf den Ferries über den Hudson-River, Geldeintreiber bei einem ›Finanzberater‹, Liebhaber seltener Fische, Millionär, Sohn eines Säufers und einer Hure, aufgewachsen in Heimen und im New Yorker Elend, das ein ganz besonderes Elend ist. »Ich mußte dich in der Hand haben, Sylvia! Vor allem, nachdem dieser Scheißkerl Kaven aufgetaucht war! Jeden Tag hättest du mich rausschmeißen können, obwohl ich alles für dich tat …«
    »Nie! Nie hätte ich dich rausgeschmissen!«
    »Geschwätz! Darauf konnte ich mich nicht verlassen! Ich will dir sagen, warum ich das alles tat: Weil ich nie, nie, nie mehr arm sein wollte!«
    Die Stimme versagt, Bracken schweigt keuchend, er sinkt auf seinen Stuhl zurück.
    »Es stimmt also, was dieser Roger Marne behauptet?« fragt der Vorsitzende.
    »Ja«, sagt Bracken klanglos.
    Der Staatsanwalt erhebt sich.
    »In diesem Fall ersuche ich das Hohe Gericht, den Zeugen auf der Stelle festnehmen zu

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