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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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wenn sie nicht überhaupt stehen, schleichen ein paar Meter vor, stoppen, schleichen wieder, stoppen wieder … und das bei subtropischen Temperaturen und scheußlicher Luftfeuchtigkeit.
    Na ja, wir fuhren über die Promenade des Anglais – Sylvia, Babs, Bracken, Katie und Joe Patterson, Sylvias Schminkmeister. Wir fuhren in einem kleinen Konvoi: Rolls, Lincoln Continental, Mercedes 600. Vorneweg drei monegassische Motorradpolizisten, ganz in Weiß, mit Achselstücken wie Admirale. Blaulicht. Half alles nichts. Wir fuhren nicht, wir krochen dahin. Die Wagen hatten Aircondition.
    Ich saß im zweiten Wagen, dem Lincoln, an der Seite der Frau des amerikanischen Generalkonsuls, die mit ihrem Mann eigens unseretwegen nach Nizza, zum Aéroport Nice-Côte d’Azur gekommen war, mit zwei monegassischen Ministern und mit einem gewissen Alexandre Drouant, dem Chef der Sicherheitspolizei von Monte-Carlo. Wir beide waren uns vom ersten Moment an sympathisch. Er und einer der Minister saßen mit mir im Lincoln, am Steuer ein schwarzer Chauffeur.
    Im ersten Wagen, dem Rolls, saßen Sylvia, Babs, der amerikanische Generalkonsul, der zweite monegassische Minister und am Steuer einer der Chauffeure des Fürsten. Im dritten Wagen, dem Mercedes 600, fuhren Bracken, das Ehepaar Patterson, Clarissa, das Kindermädchen, zwei Direktoren des SPORTING CLUB und ein arabischer Chauffeur.
    Es war 14 Uhr 45. Alle Franzosen kehrten jetzt vom Essen zur Arbeit zurück. Es war, machen wir’s kurz, die Hölle.
    Als Sylvias Maschine gelandet war, hatte es das übliche Theater gegeben, das es immer gab, wenn Sylvia, Babs und ich irgendwo landeten, irgendwo abflogen. Die Gangway war umlagert gewesen von Fotografen, Fernseh- und Rundfunkteams. Polizei hatte all diese Guys, Copains, Buddies und Jungs von Rod Bracken in Schach gehalten. Dennoch war Zeit vergangen, bevor wir in unseren Wagen, die aufs Rollfeld gekommen waren, saßen, total verschwitzt, nun in der Kühle der Aircondition.
    Ein Wagen des französischen ORTF und einer von TÉLÉ MONTE-CARLO mit aufgebauten Kameras waren neben uns hergefahren. Es wurde immer noch gefilmt. Bis zur Promenade des Anglais. Vor der Promenade des Anglais brechen auch die mächtigsten Massenmedien zusammen.
    Ich kannte den Generalkonsul und seine Frau aus London, es waren nette Leute, sie war eine sehr schöne Frau. Sie sagte mir, wie glücklich sie sei, daß Sylvia zugesagt habe, in jener weltweiten Fernsehshow von Monte-Carlo mitzuwirken. Der Minister des Fürsten sagte mir, wie glücklich die Fürstin und der Fürst und sie alle seien. Und ich sagte, wie glücklich wir seien. Der Kommissar Alexandre Drouant, ein Mann um die Vierzig, der fünf Sprachen beherrschte und in derartigen Fällen als ›Gala-Flic‹ (doch man darf einen Polizisten in Frankreich nicht ›Flic‹ nennen, das hat er gar nicht gerne, mein Herr Richter) die Aufgabe hatte, den reibungslosen Ablauf solch gigantischer Galas zu garantieren, lächelte mir nur zu. Er war die Ruhe selber. Aber was er zu leisten hat, nimmt ihn doch sehr mit, nicht ohne Grund ist sein Haar schon schütter, dachte ich.
    Unser Konvoi kam nach einer kleinen Unendlichkeit schließlich zum Alten Hafen und ans Ende der Promenade. Die Chauffeure kurvten durch enge Straßen Nizzas bis zu einem Kreisel, von dem die Moyenne Corniche, die mittlere der drei Küstenstraßen, abgeht, sofort steil emporsteigend. Hier erhöhten die Wagen endlich ihre Geschwindigkeit. Eine Unterhaltung kam in Gang – jene liebenswürdige, im Grunde nichtssagende und doch herzliche Konversation, die es bei derlei Gelegenheiten immer gibt, Sie kennen das, mein Herr Richter. Ach ja, ich habe etwas vergessen: Als letzter im Konvoi fuhr noch ein Bus. In ihm waren alle Schrankkoffer Sylvias und all unser sonstiges Gepäck untergebracht.
    Die Moyenne Corniche stieg und stieg. Ich war schon oft hier gewesen. Es habe heute über vierzig Grad, sagte der ruhige, besonnene und so sympathische Kommissar Drouant zu mir. Ich sah, was das bewirkte: Der Asphalt der Corniche war an vielen Stellen zu glänzenden Seen aufgeweicht. Tafeln am Straßenrand warnten. Die Chauffeure mußten höllisch achtgeben. Links gingen Betonwände hoch. Sie sollen verhindern, daß Felsgestein der Berge, die wir plötzlich neben uns hatten, in Bewegung gerät. Die Betonwände waren völlig verdeckt von den Ranken blühender Bougainvilleen. Auf den kahlen Felsen darüber leuchteten rote, gelbe und goldene, ja goldene, Blumenflecken

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