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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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zwischen dem tiefen Grün der Zypressenhaine. Wir waren nun schon sehr hoch. Rechts neben der Straße fiel der Fels schroff ab. Tief unter mir sah ich Blüten,. Blumen, blühende Bäume, Sandstrand und das dunkelblaue Meer – Meer, Meer in die Unendlichkeit hinein, Himmel und Meer gingen ineinander über, es war ein so wundervoller Anblick, daß ich, wie jedesmal, wenn ich hierher kam, dachte, die Erde wäre wiederum zu dem geworden, was sie, einer alten Legende zufolge, einmal gewesen sein soll – ein Paradies.
    »Ihre Hoheiten haben mir aufgetragen, Sie herzlichst zu bitten, ihnen die Freude zu machen, heute noch im Palais ihre Gäste zu sein«, sagte der Minister. »Madame Moran, Sie, Babs natürlich, wenn es geht, und Monsieur Bracken. Sie sind von dem langen Flug ermüdet. Aber vielleicht am frühen Abend? Um sieben Uhr?«
    »Okay«, sagte ich. »Das ist fein.«
    »Dann werde ich mir erlauben, die Herrschaften um sechs Uhr fünfundvierzig vom HÔTEL DE PARIS abzuholen …«
    »Ich danke Ihnen, Exzellenz.«
    »Es ist mir eine Ehre, Monsieur Kaven.«
    »Was glauben Sie, Phil, wie stolz wir Amerikaner darauf sind, daß Sylvia morgen die Rede halten wird«, sagte die Frau des amerikanischen Generalkonsuls zu mir.
    »Madame wird in Monaco ebenso geliebt und verehrt wie überall auf der Welt«, sagte der Kommissar Drouant und lächelte mir zu. »Bei uns läuft gerade ihr letzter Film – seit elf Wochen!«
    Nun, so etwa ging es weiter. Diese Gespräche kann man führen, ohne sich anzustrengen, wenn man Routine hat, und die hatte ich. Ich hatte so viel Routine, daß ich, während ich sprach, an etwas anderes denken konnte.
    Unser Chauffeur schaltete die Scheinwerfer ein. Wir glitten in den ersten der drei durch den Fels gehauenen Tunnels, die auf der Moyenne Corniche zwischen Nizza und Monte-Carlo liegen.

    Ich war in Gedanken plötzlich Tausende von Meilen entfernt, in Sylvias Haus in Beverly Hills – 705 Mandeville Canyon. Der persönliche Sekretär der Fürstin hatte eben angerufen. Er war, eigens Sylvias wegen, von Monaco nach Kalifornien geflogen. Er wohnte im BEVERLY HILLS HOTEL. Er hatte am Telefon gesagt, was sein Auftrag war. Sylvia hatte ihn gebeten, doch zum Tee zu kommen.
    Wir saßen, Sylvia, Bracken und ich, in dem Wohnraum, der an drei von vier Seiten anstelle von Steinwänden nur Glas aufwies. Bracken sagte: »Klar mußt du diese Einladung annehmen, Sylvia.«
    »Ich weiß nicht … es gibt schon so viel Wirbel um mich …«
    »Kann nie genug Wirbel geben! Sylvia, Mädchen, eine solche Publicity kriegst du niemals wieder! Und umsonst! Sechs-, sieben-, achthundert Millionen Menschen werden dich sehen! Gerade jetzt, wo der neue Film rausgekommen ist. Vielleicht sagst du auch mal ein Wort, Phil!«
    »Du mußt das machen, Sylvia«, sagte ich. »Unter allen Umständen!«
    Ich kannte sie erst etwas mehr als ein Jahr und war noch sehr vorsichtig mit allem, was ich sagte, tat, empfahl.
    »Da hörst du es. Lover-boy sagt’s auch!« sagte Bracken. Ich hätte ihm gern in die Zähne geschlagen für dieses ›Lover-boy‹, diesen dreckigen Ausdruck, aber wie gesagt, ich war erst ein Jahr mit Sylvia zusammen. Ich mußte achtgeben. Ich wußte, daß Bracken mich verabscheute. Ich verabscheute ihn auch. Keiner konnte den anderen ausspielen. Sylvia wollte, brauchte uns beide …
    Ich dachte an das, was in Beverly Hills gewesen war, und ich sprach fließend und höflich mit unseren Gastgebern aus Monte-Carlo. Small-talk nennen das die Engländer.
    Nun kam jene Stelle der Moyenne Corniche, an der die Straße sich gabelt. Links geht es weiter nach Menton, rechts hinunter zum Meer und nach Monaco. Eine Kurve. Noch eine. Und plötzlich, mein Herr Richter, ganz plötzlich, liegt dieses unabhängige Fürstentum, eineinhalb Quadratkilometer groß, halb so groß wie der Central Park in New York und nur ein Zehntel so groß wie das auch nicht eben große Liechtenstein, liegt dieser Liliput-Staat mit dem unerhörten Alter und dem unerhörten Reichtum unter Ihnen. Da ist die felsklippengesäumte Halbinsel. Sie sieht aus wie ein leicht gekrümmter Daumen und ragt ins Meer hinaus, den Hafen mit seinen vielen Jachten beschützend.
    Auf dem Felsen erblickte ich, goldgelb, das Palais mit den Regierungsgebäuden. Da waren die Dächer von La Condamine, dem Geschäftsviertel, ziegelrot, gelb und weiß. Da waren, verschwindend klein im Vergleich zu den an den Steilhängen hochschießenden Wolkenkratzern, die Türme des

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