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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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hoch und gab ihm eine von unten gegen das Kinn, so fest ich konnte. Es hob ihn richtig ein Stück in die Luft, und er flog nach hinten und riß ein kleines Tischchen um. Auf dem Tischchen hatte eine echte chinesische Vasenlampe gestanden. Silbergrauer Seidenschirm, blauglasierte, wunderschön geschwungene Vase mit zarten Malereien darauf – Blütenzweigen und Vögeln. Die Vase kannte ich seit vielen Jahren.
    Na ja, die Vasenlampe ging zu Bruch, und das machte mich sehr wütend, denn ich hatte sie immer so gerne gehabt. Ich sprang auf den Kerl und fing an, ihm das Gesicht zu zerlegen, und er spuckte einen Zahn und eine Menge Blut aus – mir mitten ins Gesicht, das Schwein, und dann würgte er mich, bis mir schwarz wurde und ich umfiel. Und dann war er wieder über mir und trat und schlug. Eine Weile ging das ziemlich unentschieden hin und her, aber schließlich gesellte sich Hasenscharte dazu, der Kleine, der wieder zu sich gekommen war, und nun ging es mir schlecht. Sie hatten mich zuletzt auf dem Rücken, und der eine bearbeitete mich oben, und der andere bearbeitete mich unten, und es tat weh, es tat sehr weh, so daß ich plötzlich weg war.
    Einfach weg, mein Herr Richter.

41
    D ann glaubte ich ersticken zu müssen.
    Ich würgte und rang nach Luft und spie eine Menge Flüssigkeit aus, die brannte – aber ich war wieder bei Bewußtsein. Ich lag noch immer auf dem Teppich, und vor mir kniete Bracken mit einer Cognacflasche, und neben ihm stand Herr Dr. Alfons Wolken aus Winterthur und dienerte mit ernstem Gesicht.
    »Junge, da sind wir ja gerade rechtzeitig gekommen«, sagte Bracken. »Scheint so«, sagte ich. »Wo sind die beiden Schweine?«
    »Langsam, langsam«, sagte Bracken. Er sah ziemlich derangiert aus, und ich sagte es ihm.
    »Du hast es nötig«, sagte er. »Schau dich selber mal an, Junge. Den Anzug kannst du wegschmeißen, so voller Blut und was weiß ich ist der. Und dein Gesicht – nein, besser, du schaust in keinen Spiegel.«
    »Wieso nicht?«
    »Ganz voller Blut.«
    »Blut? Nicht nur mein Blut. Viel Blut von dem Großen.«
    »Wie kommt Blut von dem Großen in dein – ach egal!« Er half mir, mich aufzusetzen. Jeder Knochen tat mir weh.
    »Ihr seid mitten reingekommen?« fragte ich.
    »Ja«, sagte Bracken. »Und wir haben es den beiden besorgt, kann ich dir sagen, Junge. Wir beide, jawohl! Auch Herr Doktor Wolken! Du hast ja keine Ahnung, wie der losgeschlagen hat. Der hat einen von den beiden zusammengehauen.«
    »Den Kleinen?«
    »Den Großen!« sagte Bracken.
    »Herr Doktor!« Ich sah ihn bewundernd an. »Das haben Sie fertiggebracht? Das hätte ich nie gedacht!«
    »O nicht doch, bitte, Herr Kaven«, sagte er und wand sich vor Verlegenheit.
    »Und dann habt ihr die Flics gerufen?« fragte ich Bracken.
    »Hätten wir gerne«, sagte der. »Wollten wir gerne. Aber leider haben wir dabei einen Moment nicht auf die beiden Schweine achtgegeben, und da sind sie abgehauen.«
    »Abgehauen?«
    »Und wie, Junge! Ich hab sofort runter zum Portier telefoniert, aber der hat sie nicht gesehen. Sie müssen irgendwo anders raus sein aus dem Hotel. Seine Kameras hat der Kleine verloren – da …« Sie lagen auf einem Tisch. »Hasenscharte«, sagte ich.
    »Ja«, sagte Bracken. »Italiener. Der andere war Franzose. Die haben vielleicht Dresche bezogen. Besonders der Große. Von Doktor Wolken.« Der Privatlehrer von Babs dienerte.
    »Na fein«, sagte ich. »Das wären also die beiden. Und die anderen drei? Habt ihr die erwischt?«
    Bracken lachte meckernd.
    »Lach nicht! Habt ihr sie erwischt?«
    »Und wie«, sagte Bracken.
    »Wo?«
    »Bei der Metro-Station Place de la Nation«, sagte Bracken. »Junge, hatten wir vielleicht Schwein! Fast sind die uns entkommen. Sie fuhren mit der Metro. Wir haben den Zug im letzten Moment erwischt. Als sie uns sahen, sind sie raus aus dem Zug, verschwanden in dem Pissoir da unten. Da haben wir sie fertiggemacht, ich hoffe, die liegen noch immer dort.«
    »Alle drei – ihr zwei?«
    »Ich sage ja, du hast keine Ahnung, was in Herrn Doktor Wolken steckt«, sagte Bracken. »Die Flasche? Sehr vernünftig. Da. Da. Langsam, Junge, nicht so gierig!« Ich trank in großen Schlucken. Mir wurde etwas besser. »Der Herr Doktor hat zwei von den dreien aufs Kreuz gelegt, daß sie liegen geblieben sind in der Pisse! So was habe ich noch nie gesehen!« sagte Bracken. Er war noch im Mantel. Aus einer Tasche holte er jetzt zwei große Knäuel Film heraus, dazu drei Filmrollen. »Dem

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