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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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es scheint mir, da kommt noch hinzu, daß Frau Moran Sie wirklich liebt – so negativ die Beziehung andersherum aussieht. Herr Norton! Eine Frau, deren Leben in erster Linie auf ihrer äußeren Erscheinung basiert! Und auf der Erscheinung ihres Kindes! Eine Frau mit einem so komplizierten Leben! Heute hier – morgen dort! Kaum jemals zu Hause! Immer in anderen Ländern, in anderen Hotels! Eine so schwer arbeitende Frau! Das alles und gewiß noch viel mehr, Herr Norton, wird Sylvia Moran in Monte-Carlo klargeworden sein. Ich kann sie nicht verurteilen. Und wie ich schon sagte: Sie lieben sie nicht. Also wissen Sie überhaupt nichts von ihr!« Plötzlich senkte Ruth Reinhardt den Kopf und sagte: »Welcher Mensch weiß denn wirklich etwas über einen anderen – und wenn er ihn noch so liebt?«

39
    P anzerwagen. Schwerbewaffnete Soldaten in Tarnanzügen. Eine menschenleere Straße …
    Das war das erste, was ich sah, als ich um etwa ein Viertel vor zwölf Uhr mittags an diesem 25. November 1971 aus dem Vorraum in den Salon von 419 im LE MONDE trat. Ich war, taumelig vor Müdigkeit, aus Neuilly in die Stadt zurückgefahren. Hatte Frau Dr. Reinhardt gesagt, ich würde abends wiederkommen. Lief seitdem mit der getönten Brille herum.
    Einer der Tagesportiers hatte mir erklärt, der Schlüssel von 419 hänge nicht am Brett, gewiß sei Mr. Bracken oder Dr. Wolken oder das Kindermädchen in meinem Appartement oder alle zusammen. Das hatte mich schon gewundert, aber ich hatte nichts gesagt. Als ich dann vor der Tür von 419 stand, war diese verschlossen gewesen. Der Schlüssel steckte innen, das stellte ich fest. Also klopfte ich. Ich mußte sehr lange und sehr laut klopfen, bis Clarissa aufmachte. Sie sah mich an wie ein Gespenst, zitterte am ganzen Leib, hatte gerötete Augen und wich zurück. Hinter ihr sah ich den Fernsehapparat: Panzerwagen, schwerbewaffnete Soldaten in Tarnanzügen …
    »Was ist mit Ihnen los?«
    »Ich … ich muß eingeschlafen sein …«
    »Was machen Sie überhaupt hier?«
    »Mister Bracken hat gesagt, ich soll hierbleiben und mich einschließen und nur dem öffnen, dessen Stimme ich kenne. Und da habe ich den Fernseher eingeschaltet, um mich abzulenken, und dann bin ich eingeschlafen, und dann … und dann …« Clarissa drehte sich um, lief in den Salon zurück und warf sich weinend in einen Sessel.
    Ich schloß die Tür ab und ging hinter ihr her. Auf die Fernsehreportage achtete ich kaum.
    »Clarissa!«
    Da kauerte Clarissa vor mir, bebend, schniefend, ein Taschentuch zerknüllend.
    »Wo ist Bracken? Wo ist Doktor Wolken?«
    »Verfolgen die Kerle.«
    »Was für Kerle?«
    »Die mich erwischt haben.« Schluchzen. »Diese gemeinen Lumpen.«
    Ich packte Clarissa und schüttelte sie, daß ihr Kopf hin und her flog. Mir flimmerte bereits alles vor den Augen, so erschöpft war ich. Ich brüllte: »Was für gemeine Lumpen? Reden Sie endlich, verflucht nochmal!«
    »… indessen ist der Verkehr in der Innenstadt völlig zusammenge …« Ich war herumgefahren und hatte den verfluchten Fernseher abgestellt und schrie noch einmal: »Sie sollen reden!«
    Na ja, und dann kam es heraus, zwischen Weinen, Schniefen, Gejammer …
    »Wir haben alle drei hier im Appartement geschlafen heute nacht, Herr Kaven … und dann, am Morgen, nachdem Sie angerufen hatten aus dem Hospital, sind wir natürlich alle drei sehr erschüttert gewesen. Und Mister Bracken hat gesagt, er muß sofort mit Mister Gintzburger telefonieren bei einer so schlimmen Sache.« Joe Gintzburger in Hollywood, Präsident der SEVEN STARS, für die Sylvia arbeitete. Das war ganz richtig von Bracken gewesen. Allerdings hatte er da noch nicht gewußt, wie schlimm die Sache war. »Natürlich wollte er sein Transatlantik-Gespräch nicht hier im Hotel anmelden …«
    »Natürlich nicht.«
    »… und so ist er zur Hauptpost gefahren.« Clarissa schluchzte. »Und? Und? Weiter!«
    »Und Herr Doktor Wolken war auf einmal ganz tief eingeschlafen, da drüben auf der Couch …« – genauso wie ich jetzt ganz plötzlich tief eingeschlafen sein werde, dachte ich – »… und so bin ich in mein Zimmer gegangen, weil ich mich auch ein wenig hinlegen wollte, und in meinem Zimmer waren dann diese drei Kerle …«
    »Was für Kerle?«
    »Journalisten … Presse … Ein Fotograf, zwei Reporter … Einfach durch die Halle sind die gekommen, nehme ich an. Am Vormittag ist da unten ja immer viel los, und dann kamen sie herauf zu mir …«
    »Was

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