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Niemand ist eine Insel (German Edition)

Niemand ist eine Insel (German Edition)

Titel: Niemand ist eine Insel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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heißt herauf zu Ihnen? Wie kamen die in Ihr Zimmer?«
    »Ich hatte vergessen abzuschließen … Sie haben mir gesagt, daß sie gewußt haben, wo ich wohne. Wir wohnen im LE MONDE doch immer in den gleichen Zimmern, nicht wahr?«
    »Und Sie haben das Ihre offengelassen?«
    »Ja.«
    »Sie Idiotin!« Sie heulte wieder. »Entschuldigen Sie! Ich habe es nicht so gemeint, Clarissa. Die Nerven. Was war dann?«
    Clarissa klammerte sich plötzlich an mir fest.
    »Was war dann?« fragte ich und streichelte Clarissas Haar. Tatsächlich. Das tat ich. Vielleicht wurde sie so wieder normal.
    »Dann haben sie mich gefragt, was hier los ist. Und ich habe gesagt, hier ist nichts los.« Jetzt begann Clarissa rasend schnell zu reden: »Und sie haben gesagt, ich soll keinen Mist reden, natürlich ist hier was los, wir kriegen es aus dir raus, da kannst du dich drauf verlassen, Kleine …« Atemholen. Etwas beherrschter: »Und sie haben gefragt, wo Babs ist. Und wo Sie sind. Und wo Mister Bracken ist. Und warum Herr Doktor Wolken in 419 auf einer Couch liegt. Und warum im Schlafzimmer nur das eine Bett zerwühlt ist und die Vorhänge zugezogen sind und die Nachttischlampe auf der Erde steht.«
    »Moment, Moment. Die waren auch in 419?«
    »Ja. Ich habe nicht abgesperrt.«
    »Warum nicht?«
    »Weil Herr Doktor Wolken doch sonst nicht herausgekonnt hätte, wenn er aufwachte.«
    »Er hätte bei Ihnen anrufen können, Clarissa.« Himmelherrgott!
    »Das stimmt …« Neuer Tränenstrom. »Daran habe ich nicht gedacht …«
    »Wie sind die drei überhaupt auf die Idee gekommen, daß hier was los ist?«
    »Habe ich sie auch gefragt.«
    »Und?«
    »Sie haben gesagt, jemand unten in den Magazinen hat nachts eine Ambulanz gesehen und auch Sie, Herr Kaven … Er hat die Redaktion von ihrer Zeitung angerufen … Die geben fünfzig Francs Belohnung für solche Hinweise … Und da sind sie dann eben hergekommen am Morgen … Nachts ging’s nicht. Da hätte man sie in der Halle aufgehalten …«
    »Und?«
    »Und sie haben gefragt und gefragt und gefragt! Und ich habe wieder weinen müssen, und das hat der eine fotografiert … Der hat überhaupt alles fotografiert, haben die anderen gesagt …«
    »Was noch?«
    »Drüben, 419. Den schlafenden Herrn Doktor Wolken. Und das Bett. Und die Nachttischlampe auf dem Boden. Und eine Ampulle, die dort liegen geblieben ist, haben sie mir gesagt. Die haben nicht lockergelassen! Geld haben sie mir geboten! Beinahe eine Stunde waren sie da!«
    Ich sagte, sehr langsam über ihren Rücken streichelnd: »Und Sie? Was haben Sie gesagt?«
    Clarissa richtete sich auf, sah mich mit tränenverheertem Gesicht an und sagte, plötzlich ganz ruhig: »Ich habe nicht ein einziges Wort verraten, Herr Kaven, das schwöre ich bei meiner ewigen Seligkeit.« Clarissa war fromm. Wenn sie so was sagte, konnte man es glauben.
    »Brave Clarissa«, sagte ich. »Gute Clarissa. Danke, liebe Clarissa.« Sie sah mich an aus nächster Nähe, bebend und übernächtigt, und auf einmal preßte sie ihre Lippen gegen die meinen. Was ich befürchtet hatte: Auch Clarissa war verrückt nach mir. Die Angst hatte ihre Skrupel besiegt.
    Was sollte ich tun, mein Herr Richter? Sie wegstoßen? Ich konnte doch nun keine Feinde brauchen! Also küßte ich sie auch, wobei ich versuchte, diesen Kuß schnell zu beenden. Es war ziemlich mühsam, zuletzt gelang es. Sie saß neben mir auf dem breiten Sessel, die Arme noch um meinen Hals, und sie wiederholte immer wieder, daß sie kein Wort, kein einziges Wort verraten habe. Und ich glaubte ihr alles. Auch dies: »So etwas habe ich noch nie getan, Philip. Noch nie! Aber ich habe dich geliebt. Geliebt vom ersten Moment an. Es war die Hölle für mich, ist die Hölle für mich, Philip!«
    »Kaven«, sagte ich. »Kaven. So heiße ich. Das ist ein sehr schöner Gedanke für mich, daß du mich liebst, Clarissa. Aber das ist auch eine ganz unmögliche Liebe, das siehst du doch ein. Mein Herz und meine Seele gehören nun einmal Sylvia.« (Wortwörtlich, so brachte ich das heraus, mein Herr Richter. Ich wußte schon, weshalb. Clarissa war der Typ, auf den nur solche Sätze wirken.)
    Sie wirkten denn auch prompt.
    »Natürlich … Ich respektiere das auch … Und wenn ich zugrunde gehe daran … Ich habe es immer respektiert, nicht wahr … Verzeihen Sie mir, was ich eben getan habe, Herr Kaven …«
    »Aber ich bitte Sie, Clarissa!«
    »Es war stärker als ich!« (Sagte sie wortwörtlich. Eben der Typ,

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